Keine Haftstrafe, sondern Freispruch lautete das Urteil. Foto: rupbilder_stock.adobe.com

Quartett kann mangels Berweisen nicht verurteilt werden. Staatsanwallt ist enttäuscht.

Hechingen - Vier Rumänen wurden verdächtigt, einen Mann vom Obertorplatz in den Fürstengarten gelockt und dann im Bereich der Orangerie überfallen zu haben. Das Amtsgericht fällte nun ein Urteil und sprach das Quartett mangels klarer Beweise frei.

Die Richterin begründete die Entscheidung in klaren Worten. Zwar stehe für das Gericht fest, dass es einen Überfall gegeben habe. Auch führten viele Hinweise zu den Tatverdächtigen – der genaue Tathergang jedoch konnte vor Gericht nicht endgültig geklärt werden.

Der Geschädigte konnte zwar denjenigen, mit dem er vom Obertorplatz in den Fürstengarten gegangen war, identifizieren (man könnte ihn als "Lotsen" bezeichnen) und dieser wiederum identifizierte die drei anderen tatverdächtigen Rumänen, die den Mann daraufhin überfallen hatten.

Unklar blieb jedoch zum einen, ob der Überfall im Bereich der Orangerie mit dem "Lotsen", der sich dem Opfer selbst sogar namentlich vorstellte und sexuelle Interessen vonseiten des Überfallenen vermutete, tatsächlich abgesprochen war. Die Tatsache, dass die drei anderen Angeklagten in derselben Firma arbeiten und in demselben Haus wohnen wie der "Lotse" und laut eines weiteren Zeugen auch am Obertorplatz mit dabei waren, reicht als Beweis für eine Absprache zum Raubüberfall nicht aus.

Das nächste Problem bei der Beweisführung stellte sich dadurch, dass einer der Männer, die den Geschädigten tätlich angriffen, schubste, ein weiterer ihn zu Boden brachte und wiederum ein weiterer etwas abseits stand. Welcher der Angeklagten dabei was genau tat, blieb somit unklar – auch bedingt dadurch, dass der Mann, der mit dem Geschädigten in den Park spazierte, von seinem Schweigerecht Gebrauch machte. "Diese Verdächtigen waren zu zwei Drittel an der Tat beteiligt und zu einem Drittel nicht, das reicht für eine Verurteilung nicht aus", erklärte die Richterin.

Und auch die Tatsache, dass der "Lotse", der mit dem Opfer zum Tatort spazierte – das Opfer hatte vor Gericht ausgesagt, er habe ihm ein Bier versprochen – von einem geplanten Überfall zwar nichts gewusst haben will, danach aber, wie die anderen Tatverdächtigen auch, davon rannte, schien der Richterin "nicht völlig unplausibel" angesichts der Tatsache, dass er sich noch nicht lange in Deutschland aufhalte, die deutsche Sprache nicht beherrsche und womöglich Angst vor der Polizei gehabt haben könnte.

Staatsanwalt fordert Freiheitsstrafen

Staatsanwalt Philipp Wissmann zeigte sich sichtlich enttäuscht von dem Urteil. Er hatte für die Angeklagten Freiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monaten bis zu einem Jahr und sechs Monaten gefordert, ohne Bewährung.

"Wer glaubt denn ernsthaft daran, dass das alles Zufälle waren", sagte er bei seinem Schlusswort. Es gebe die Aussage des glaubwürdigen, wenn auch von vielen Zeugen als sonderbar beschriebenen Geschädigten, so der Staatsanwalt. Während der Verhandlung hatte sich herausgestellt, dass der Geschädigte unter psychischen Problemen leidet und zum Tatzeitpunkt stark alkoholisiert war. "Jetzt frage ich mich, wer ein besseres Opfer darstellt als so eine Person", bemerkte der Staatsanwalt und betonte, dass gerade so eine Person den Schutz des Staates in besonderem Maße verdiene. Die Aussagen des Geschädigten hatten sowohl die Polizisten, als auch das Gericht überzeugt, doch am Ende konnte er eben nur jenen identifizieren, mit dem er in den Park gelaufen war.

Viele kleinere Unstimmigkeiten, die während des Verfahrens aufgekommen waren, griffen die Pflichtverteidiger der Angeklagten freilich dankbar auf, um die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Geschädigten infrage zu stellen: Es ging um Fotos, die sich laut dessen Aussage vor Gericht in der gestohlenen Tasche befunden haben sollen, bei der Befragung durch die Polizei aber nicht erwähnt wurden. Es wurde bemerkt, dass die wahre Motivation des Geschädigten, mit dem verdächtigen Rumänen in den Park zu laufen, unter anderem der Polizei suspekt blieb: wurde ihm tatsächlich ein Bier versprochen oder waren sexuelle Interessen eines oder beider Männer womöglich der wahre Grund?

Und auch die Tatsache, dass der Geschädigte kurz nach der Tat gegenüber Polizeibeamten aussagte, mit einem Messer verletzt worden zu sein – was dann nicht zutraf – wurde nochmals aufgegriffen, um dessen verlässliche Wahrnehmung der Realität infrage zu stellen. Auch hatte er vor Gericht ausgesagt, nach der Tat mit der Polizei den Park abgesucht zu haben – ein Vorgang, den keiner der befragten Polizisten bestätigen konnte.

Es ist sehr gut vorstellbar, dass es sich bei diesen Details um kleine Widersprüche handelt, die durch die Aufregung nach der Tat, die eigenen Interpretationen der Zeugen und den Zeitraum zwischen Tat und Verfahren entstehen.

Der Freispruch scheint aber durch andere Tatsachen zustande gekommen zu sein: durch die Dunkelheit während der Tat, die unklare Beteiligung und das Schweigen des einen sowie das abseitige Stehen eines anderen Angeklagten. Man könnte auch sagen: Die Täter, wer immer sie sind, wussten eben doch, was sie tun.