Bilder vom Kunstkurs der Luise-Büchner-Schule. Foto: Schwarz

Essstörungen, Schulabsentismus, Panikattacken: Die Corona-Pandemie verarbeiten Kinder und Jugendliche teilweise noch immer.

Bei der fünften öffentlichen Gesundheitskonferenz des Landkreises Freudenstadt im Campus Schwarzwald lag der Fokus auf der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Unter der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen haben viele stark gelitten.

Vertreter des Gesundheitsbereichs, der Schulen, der Jugendarbeit, der Krankenkassen, der Kirchen sowie der Kommunal- und Landespolitik nahmen an der Konferenz teil, um sich zu vernetzen und die Auswirkungen sowie mögliche Hilfsangebote und Ansätze gemeinsam in den Blick zu nehmen.

Kinder und Jugendliche bräuchten nach den viel zu langen Kindergarten-, Schul- und Hochschulschließungen heute „massive Unterstützung“, sagte Landrat Klaus Michael Rückert. Für die dafür bereits bestehenden Einrichtungen sei er dankbar. Die langen Wartezeiten sowohl bei Therapeuten als auch bei Kliniken zeugten auch von der Bedeutung der Prävention. Es sei wichtig, Kinder und Jugendliche mit Problemen frühzeitig zu identifizieren und individuell zu begleiten.

Kunstwerke drücken psychische Probleme aus

Rückert dankte Schülern der Luise-Büchner-Schule, die gemeinsam mit ihrer Kunstlehrerin Anke Menze sowie den Sozialarbeiterinnen Klaudia Lucia und Sabine Heim die durch die Pandemie verursachten psychischen Probleme im Kunstunterricht aufgegriffen und eindrucksvoll zu Papier brachten. Die dabei entstandenen Bilder wurden in der Konferenz ausgestellt.

Teilnehmer der Gesundheitskonferenz des Kreises Freudenstadt (von links): Anja Ruf (Leiterin Geschäftsstelle Gesunsheitskonferenz), Dezernent Benjamin Geigl, Ramona Gaiser und Maren Schlaich (beide Gesundheitsamt), Landrat Klaus Michael Rückert, Magdalena Becht (Kreisjugendreferat) und Betty Busam (Gesundheitsamt). Foto: Schwarz

Betty Busam vom Gesundheitsamt präsentierte die Ergebnisse der regionalen Vernetzungskonferenz, die im Sommer vor dem Hintergrund gestiegener Belastungen und überforderter Hilfesysteme stattgefunden hatte. Das Dilemma: Im Kreis fehlen sowohl eine Kinder- und Jugendpsychiatrie als auch die entsprechenden Fachärzte. Das führe zwangsläufig zu einer noch stärkeren Überlastung bestehender Hilfesysteme.

Befragung während des Lockdowns, unmittelbar danach und aktuell

Das Ziel sei, die bisher fehlende psychiatrische Versorgungsstruktur vor Ort zu schaffen, Akteure stärker zu vernetzen und bestehende Hilfesysteme transparenter zu machen. Busam präsentierte Ergebnisse eines Kunstprojekts und durchgeführter Schülerbefragungen zum psychischen Befinden während des Lockdowns, unmittelbar danach und aktuell. Gefragt wurden die Schüler, was ihnen helfen könnte.

Im Ergebnis erleben die Schüler im Kreis das aktuelle Weltgeschehen, materielle Sorgen und die oft angeschlagene psychische und physische Gesundheit nach Corona als herausfordernd. Im Gegenzug stehen ihnen aber Ressourcen im persönlichen, schulischen und im Freizeitbereich zur Verfügung, so Busam.

Belastungen reduzieren und Ressourcen stärken

Eine langfristig psychische Gesundheit der jungen Menschen sei nur möglich wenn es gelinge, Belastungen zu reduzieren und Ressourcen zu stärken. Der Ausbau der psychosozialen Unterstützung, den sich viele Jugendliche gewünscht hatten, könne helfen, langfristig die positive Entwicklungen im Bereich der psychischen Gesundheit zu verstärken und die negativen Folgen der Pandemie zu minimieren, so Busam.

Kritisiert wurde aus Reihen der Konferenzteilnehmer, dass sich die Befragung nur an Kinder ab Klasse 7 gerichtet hatte. Angeregt wurde, die Befragung in ein oder zwei Jahren zu wiederholen.

Entwicklung, Angebote und Neuigkeiten

 Schulsozialarbeit Kreisjugendreferentin Magdalena Becht informierte über die Schulsozialarbeit mit insgesamt 21,5 Stellen im Kreis als niederschwelliges Angebot der Jugendhilfe an den Schulen: präventiv, interventiv und inklusiv. Die Problemlagen und Belastungen der Schüler haben durchweg zugenommen. Konkret benannte Becht Essstörungen, Schulabsentismus, Panikattacken, Zwangserkrankungen, Depressionen und Anpassungsstörungen. Beispielhaft berichtete sie von der Leidensgeschichte einer Schülerin und der unbefriedigenden Erfahrung mit überlasteten Hilfssystemen. Landrat Rückert regte die Gründung einer Selbsthilfegruppe für Eltern an. Eine Teilnehmerin berichtete von zunehmenden Inobhutnahmen kleinerer Kinder und bat darum, den Fokus auch auf diese Zielgruppe zu legen.

Laufende Projekte Umgesetzt wurde inzwischen das Programm „Bewegungspass“ mit dem Ziel, Kinder in der motorischen Entwicklung spielerisch zu unterstützen. Dies oft in Kombination mit dem Bewusste-Kinderernährung-Programm. Darüber hinaus gibt es Unterstützungsangebote für Selbsthilfegruppen und Veranstaltungen zum Weltdiabetestag. Anja Ruf, Leiterin Geschäftsstelle Gesundheitskonferenz, präsentierte die ambulante Ethikberatung, das Demenznetz, die kommunale Pflegekonferenz und den runden Tisch zur Palliativversorgung.

Neuheiten aus dem Gesundheitsamt Ramona Gaiser informierte über den QR-Code zum ersten Gesundheitsbericht des Landkreises und den Auftritt des Gesundheitsamts auf Instagram.