Abstauben an Dreikönig 1951: Auf dem Bild zu sehen sind vorne Wolfgang und Ingeborg Huonker, Peter Huonker, Sepp Schmid, Martina Huonker, Gustav Dorn und Wilhelm Huonker Foto: Narrenzunft

Zunftschreiber Frank Huber kündigt das Abstauben an und erklärt, warum es dabei um mehr als nur Lebensfreude geht.

Die Rottweiler Fastnacht als Fest der Lebensfreude, als Fest der „verkehrten Welt“, auch als Gelegenheit zur Kritik, darf ruhigen Gewissens als nationales Kulturgut betrachtet werden, schreibt Frank Huber. „Sie spiegelt uns, wie vieldeutig, gar gegenpolig das Leben sich zeigt, wenn wir das Leben an die lange Leine lassen. Mal sehnen wir uns nach Tradition, mal lockt der Stachel zur Anarchie. Heimatscholle und Exotik, Vulgäres und Elitäres, Großherzigkeit und Narzissmus schunkeln Schulter an Schulter.“

Sinn-Entleerung des Brauchs droht

Ferner sei es aber auch das Fest, das den Aspekt der eigenen Endlichkeit deutlich mache, wenn es am Aschermittwoch heiße: „Memento mori – sei der Sterblichkeit bewusst“. Auch das gehöre zur Fasnet, wenngleich die Fastnachtfeiernden dies längst nicht mehr interessiere, so Huber. „Viele in unserer kulturellen Wegwerfgesellschaft nehmen die Fastnacht eher als billiges Trallalla unterhalb von Volksmusik-Gejodel wahr. Von Kulturgut ist wenig zu spüren. Vielmehr sind in den Augen der Fastnachtspartygänger die Tage vor der Fastenzeit nichts anderes als eine legitimierte Gelegenheit zu maßlosem Essen und Trinken, zur hemmungslosen Überschreitung von Normen im Bereich von Sitte und Anstand.“

Begründet werde die Aufgabe von Normen mit einem allgemeinen Trend in der Gesellschaft und mit einer Sinn-Entleerung des Brauchs. Die Sinn-Entleerung wiederum sei damit zu erklären, dass die Eltern und die verantwortlichen „Brauch-Pfleger“, es versäumt hätten zu erklären, um was es sich bei den fastnachtlichen Bräuchen tatsächlich geht.

Mehr als nur Lebensfreude

Wenn sich am Dreikönigstag nun 30 Brauchtumspfleger in Frack und Zylinder auf den Weg in die Bürgerhäuser machen, um die Narrenkleidle vom Staub der vergangenen Tage zu befreien, so bringen sie nicht nur Lebensfreude und ein Stück Fastnacht mit. „Nein, sie versuchen durch das Ritual des Abstaubens, die Entgrenzung der Fastnacht und deren Sinn-Entleerung aufzuhalten. Sie versuchen in den Häusern den Bürgern und Narren die Fastnacht als Fest des kontrollierten Kontrollverlusts darzustellen, bei dem es nicht um Selbstdarstellung und Regellosigkeit, sondern um Gemeinschaft, Identifikation und um Zusammengehörigkeit unter Beachtung von Regeln geht.“

Treffen mit den Abstaubern

Die Abstauber hätten zwar das närrische Feuer nicht erfunden, doch sie hüteten mit voller Hingabe seine Flamme. Einfach sei das für die professionellen „Staubbobblsucher“ nicht, denn in einem Gramm Staub seien mehr als 1,5 Millionen Bakterien enthalten, von denen viele gesundheitsschädlich seien, so der Zunftschreiber mit einem Augenzwinkern.

Wie gesundheitsgefährdend Staub sei, erkenne man jedes Jahr daran, dass die 30 zünftigen Reinigungsexperten nach 14 Stunden der Arbeit oft ihren Gleichgewichtssinn verlieren würden. Auch das Sprachzentrum sowie die Sehkraft könnten betroffen sein.

Wer die vom Staub gezeichneten Sauberkeitsfanatiker bei der Rekonvaleszenz unterstützen möchte, trifft alle Abstauber und alle der Fasnet treu verbundenen Bürgersleute am Dreikönigstag, 6. Januar, ab 21 Uhr im Bruderschaftsstüble (Weinstube Russ).