Fremdenverkehrsbeiträge müssen beispielsweise in Bad Dürrheim ansässige Handwerker bezahlen, da man davon ausgeht, dass sie Aufträge bekommen, die mit dem Fremdenverkehr zu tun haben, wie Sanierungen in Hotels Foto: © ALEXEY – stock.adobe.com

Für weitere Beratungen in Sachen Fremdenverkehrsbeitrag ebnete der Gemeinderat am Donnerstagabend den Weg. Es ging darum, nach welchem Modell berechnet wird. Auf einem anderen Blatt Papier stehen noch die jeweiligen Beitragssätze.

Die Verwaltung ging die Neukalkulation des Fremdenverkehrsbeitrags vergangenes Jahr an und sorgte für viel Unmut bei Handel und Handwerk. In der Hauptversammlung des Gewerbevereins im November 2022 wurde klar: so einfach wird es nicht. Moniert wurde der Zeitpunkt kurz nach der Coronapandemie, unter der die Umsätze litten, die Höhe und die Erhebungsart der Vorteilsschätzung. Nun ist man einen Schritt weiter.

Vorgeschichte

In einer Ausschusssitzung beschloss man, dass nochmals der Marketingausschuss der Stadt zu dem Thema gehört werden soll. Dieser tagte am Mittwoch, 24. Mai – einen Tag vor der Gemeinderatssitzung, die Unterlagen zur Beschlussfassung waren zu diesem Zeitpunkt schon öffentlich.

„Wir hatten gestern eine intensive Beratung mit Empfehlung“, eröffnete Bürgermeister Jonathan Berggötz den Tagesordnungspunkt und betonte: Es gehe nur um die Art der Vorteilsschätzung. Der Fremdenverkehrsbeitrag muss von Betrieben bezahlt werden, die in irgendeiner Form in Bad Dürrheim vom Fremdenverkehr profitieren – vom Maler übers Café und Hotel bis zum Einzelhändler.

Kämmerer Thomas Berninger führte diesen Punkt aus. In Deutschland gibt es den individuellen Vorteilssatz – dieser wird vor allem in Süddeutschland angewandt und den festen Vorteilssatz – dieser kommt vor allem in Norddeutschland zur Anwendung.

Nordmodell

Beim Nordmodell ist eine jährliche Überprüfung durch den Gemeinderat notwendig, es ist ein einfaches Verfahren, jedoch seien keine Unterscheidungen innerhalb einer Branche mögliche. In Bad Dürrheim kam bisher das Südmodell zur Anwendung. Würde man wechseln, wäre dies ein hoher Verwaltungsaufwand, da eine komplette Neukalkulation notwendig wäre. Die Veranlagung würde dann nach Angaben der Verwaltung neue Ungerechtigkeiten verursachen und provoziere Widerspruchs- und Klageverfahren.

Südmodell

Beim Südmodell ist eine Überprüfung durch den Gemeinderat nur im Rahmen der Neukalkulation erforderlich. Es ist verwaltungsaufwendiger, insbesondere bei Neubetrieben. Aber: Die Verwaltung sieht eine hohe Beitragsgerechtigkeit, da individuelle Sätze geschätzt werden können, zudem sieht man eine hohe Rechtssicherheit. Nach diesem Modell wird seit den 1980er Jahren in Bad Dürrheim der Fremdenverkehrsbeitrag berechnet. Gelten würde die Bestimmung von 2024 bis 28.

Berechnungssätze

In dem Modell gibt es einen Reingewinnsatz, dieser wird von der Oberfinanzdirektion pro Branche festgelegt, von diesem Reingewinn wird der Vorteilssatz für das jeweilige Gewerbe von der Stadtverwaltung bestimmt. Von diesem Betrag, der in der nächsten Berechnungsstufe 100 Prozent entspricht, wird dann der Beitragssatz berechnet, diese prozentuale Höhe legt der Gemeinderat fest.

Für Berggötz ist die Beitragsgerechtigkeit ein entscheidender Faktor, das Südmodell weiter anzuwenden. Berninger gibt ein Beispiel: Ist bei einem Beitragszahler eine Straße wegen Sanierung gesperrt und hat er deswegen weniger Kundschaft und Umsatz, könne dies berücksichtigt werden.

Gewerbeverein

Mit Argusaugen beobachten Andrea Kanold und Jürgen Rebholz, beide FDP, im Gemeinderat die Abläufe in der Diskussion. Denn beide sitzen auch im Vorstand des Gewerbevereins und dort gab es viel Unmut bis hin zur Petition. Kanold mahnte nochmals an, dass es wichtig sei, die Stimmung der Unternehmer zu berücksichtigen. Sie hatte in den vergangenen Tagen zahlreiche Gespräche mit betroffenen Mitgliedern des Vereins.

Beschluss und Zeitabfolge

Heinrich Glunz (CDU) sieht als entscheidenden Faktor den Beitragsprozentsatz. Gottfried Schacherer (FW) sieht eine Schwierigkeit, dass einheimische Handwerker den Fremdenverkehrsbeitrag einkalkulieren müssen, auswärtige nicht. Hier erwiderte Jürgen Rebholz, dass über dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen sei.

Im weiteren Verlauf will Berninger in den nächsten Wochen in einer nichtöffentlichen Sondersitzung des Gemeinderats Zahlen präsentieren, danach geht es in die Kalkulation. Dann sollen die Meinungen von Klinikforum und Gewerbeverein eingeholt werden. Schlussendlich muss der Gemeinderat sein Ja geben und zum 1. Januar 2024 soll die neue Satzung in Kraft treten.