Eine Petition läuft im Bad Dürrheimer Handel und Gewerbe. Es müssen 340 Unterschriften erreicht werden, damit die Stadt reagieren muss. Die Unterschriftenlisten liegen aus oder man kann auch online unterschreiben auf der Homepage des Gewerbevereins. Foto: Strohmeier

Es hat sich schon bei der Hauptversammlung des Gewerbevereins angekündigt. Die Gewerbetreibenden wollen die Fremdenverkehrsabgabe kippen und eine gerechtere und nachvollziehbare Lösung. Eine Petition zur Abschaffung ist ins Leben gerufen.

Bad Dürrheim - Im November 2020 hat der Gemeinderat rückwirkend auf drei Jahre die neue Verordnung zur Kurtaxe und die Fremdenverkehrsabgabe neu kalkuliert und die Satzung beschlossen. Ein neuer Parameter ist beispielsweise, dass die Abgabe auf den Umsatz, nicht auf den Gewinn gerechnet wird, wie früher. Für die anwesenden Unternehmen aus Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel ein absolutes no go.

Es brodelte schon bei der Hauptversammlung des Gewerbeverein im November und bei der Vorstellung der Petition wurden die Teilnehmer teilweise sehr deutlich. Zu bürokratisch, willkürlich, ungerecht, unverständlich und für die Stadt ein Nullsummenspiel. Laut den Anwesenden sind es Personalkosten mit rund 70 000 Euro und juristische Beratungskosten mit rund 100 000 Euro – die Einnahmen aus der Fremdenverkehrsabgabe beträgt rund 180 000 Euro. Und für manch einen der Betroffenen war der Bescheid ganz schön saftig.

Komplett abschaffen und neu aufsetzen

Erklärtes Ziel der Runde ist es, die Fremdenverkehrsabgabe komplett abzuschaffen. "Wir verweigern uns nicht der Stadt, diese in Touristenfragen zu unterstützen, aber wenn man in schwierigen Zeiten nochmals gemolken wird, werde es kritisch", erklärte Andra Kanold, stellvertretende Vorsitzende des Gewerbevereins und FDP-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat. Sie hat in ihrer Haushaltsrede 2023 schon angekündigt, dass die FDP sich überlege einen Antrag auf Abschaffung zu stellen. Man habe das Gefühl, man werde nicht fair behandelt.

"Mir platzt fast der Kragen", äußerst sich Hubert Fischer, Inhaber des Waldcafés in Hochemmingen. Er sieht eine Bedienmentalität der Stadt und sieht die Gemeinderäte schlecht informiert. Zudem sei die rückwirkende Veranlagen kein politischer Stil – das Waldcafé ist beim Höchstsatz dabei. Was ihn zusätzlich ärgert: Er bekam einen Fremdenverkehrsabgabenbescheid für "seinen Hofladen" – den er weder aktuell betreibt und auch nicht in der Vergangenheit. Dies ist zwar mittlerweile vom Tisch, aber bringt ihn sichtlich immer noch auf 180. "Ich zahle gerne etwas, aber nicht so."

Klage gegen Stadt

Idajet Berisha, Betreiber von Peppis Pizzeria und dem Gästehaus Gisela hat schon eine Klage gegen die Stadt angestrengt. Denn seine neue Fremdenverkehrsabgabe stieg von einem Jahr aufs andere von 25 auf 30 Prozent. Und vor allem: In Pandemiezeiten, ohne dass Touristen da waren, hatte er einen ähnlich hohen Umsatz wie sonst auch. Er hat die Gericht zum Mitnehmen angeboten. Er sagt ganz klar, er wisse nicht, ob er weitermache und bekommt bei der ganzen Sache Unterstützung vom Eigentümer der Immobilie, Helmut Honer.

Andrea Kanold berichtet zudem über weitere Unternehmer, die sich ernsthaft überlegen entweder aus der Kurstadt zurückzuziehen oder erst gar nicht kommen würden.

Notwendigkeit wird gesehen

Grundsätzlich sieht man bei den Unternehmern die Notwendigkeit die Stadt zu Unterstützen, auch finanziell. Die Petition liegt zur Unterschrift bei den Einzelhändlern aus oder ist auf der Homepage www.gewerbeverein-bd.de einsehbar

Bürgermeister kommentiert

Bürgermeister Jonathan Berggötz kommentiert das Ansinnen des Gewerbevereins wie folgt: "Wer vom Tourismus in Bad Dürrheim und somit durch einen höheren Geschäftsumsatz profitiert, muss finanziell einen kleinen Anteil davon abgeben. Das ist absolut sinnvoll und legitim. Und wir reden wirklich von einem ganz kleinen Teil des durch den Tourismus erreichten Mehrumsatzes. Wenn die Profiteure nicht bereit sind Fremdenverkehrsbeitrag zu zahlen, schneiden sie sich und auch der Gesamtstadt ins eigene Fleisch, weil das Geld für eine Stärkung unserer touristischen Attraktivität fehlt. Durch eine Studie aus dem Jahr 2019 ist bekannt, dass wir durch den Tourismus eine Wertschöpfung von 100 Millionen Euro pro Jahr haben, die sich auf die unterschiedlichen Bereiche in Bad Dürrheim verteilt. Und wenn die Profiteure nicht bereit sind, einen kleinen Anteil des Bekannten Mehrwerts abzugeben, scheitern wir als Tourismus- und Gesundheitsdestination. Die Allgemeinheit kann nicht noch weitere Gelder für touristische Zwecke ausgeben- erst Recht nicht, wenn sich manche Profiteure wegducken."

Kurze Definition

Die Fremdenverkehrsabgabe ist eine kommunale Abgabe und wird von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich erhoben. Wird eine solche erhoben, sind alle selbstständig tätigen, natürlichen und juristische Personen, die einen gewissen Vorteil durch den Tourismus haben. In Bad Dürrheim sind auch die freiberuflich tätigen betroffen.