Ein Sonnenblumenfeld in der Ukraine: 51 Prozent der weltweiten Produktion von Sonnenblumenöl stammen aus dem osteuropäischen Land. Foto: Ukrinform

Mehr und mehr bekommen deutsche Verbraucher den Ukraine-Krieg auch beim Einkauf zu spüren. Denn durch den Konflikt könnte nun auch Sonnenblumenöl knapp werden. Die Vorräte reichen nur noch wenige Wochen.

Oberndorf - Noch sind die Regale in den Speiseöl-Abteilungen der Supermärkte gut gefüllt. In den meisten Geschäften gibt es Sonnenblumenöl noch kistenweise. Auch auf Anfrage unserer Redaktion zeigen sich einige Supermarktketten optimistisch. So schließt Aldi-Süd "unmittelbare Versorgungsengpässe zum aktuellen Zeitpunkt" aus.  Doch das könnte sich bald ändern. Der Grund ist der Krieg in der Ukraine.

Denn die Auswirkungen des Konflikts auf die Versorung mit Sonnenblumenöl sind gravierend. Laut Angaben des Verbands der Ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (Ovid) stammen 51 Prozent des weltweit gehandelten Sonnenblumenöls aus der Ukraine. Weitere 27 Prozent aus Russland.

Auf den Weltmarkt angewiesen

Und Deutschland ist - anders als beim Weizenmehl - auf diesen Weltmarkt angewiesen. Denn die deutsche Landwirtschaft deckt nur sechs Prozent des deutschen Bedarfs. 94 Prozent des hierzulande verbrauchten Sonnenblumenöls muss also importiert werden.

Sollte wegen des Krieges die Produktion aus der Ukraine und Russland dauerhaft wegfallen, wäre der Markt wie leergefegt. "Das ist ein Ausfall, der vorerst kaum zu ersetzen wäre", erleutert Maik Heunsch, Pressesprecher des Ovid, die Dramatik eines solchen Szenarios.

Vorräte für wenige Wochen

Doch soweit ist es noch nicht. "Die Lager der Agrarhändler und Ölmühlen reichen noch wenige Wochen", schätzt Heusch. "Es bleibt zu hoffen, dass es in den nächsten Wochen zu einem Frieden kommt. Dann könnte sich die Lage langfristig wieder zurechtrücken." 

Doch schon jetzt wirkt sich der Krieg massiv auf den Handel mit Sonnenblumenöl aus. Denn 2,5 Millionen Tonnen Sonnenblumenrohöl hängen derzeit in der Ukraine fest. Angesichts der schweren Kämpfe in den Küstenregionen ist eine Verschiffung derzeit undenkbar. "Das kommt nicht mehr raus aus der Ukraine", berichtet Heunsch. Laut Medienberichten sind die ukrainischen Häfen sogar vermint.

Frachtschiff unter Beschuss

Ein Frachtschiff, dass sich dennoch auf den Weg in Richtung Ukraine gemacht habe, sei unter Beschuss geraten, erzählt Heusch. Es habe beschädigt beidrehen müssen. 

Und es könnte noch schlimmer kommen, sollte sich der Krieg in die Länge ziehen. Denn dann wäre es schwierig, die Saat für die diesjährige Ernte auszubringen. Ist die Aussaat erstmal verpasst, ist die gesammte Jahresernte verloren.

Unsicherheitsfaktor Sanktionen

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die Sanktionen gegen Russland. "Russland ist der zweitwichtigste Exporteur", erinnert Heunsch. Und die Frage nach den Sanktionen stellt sich umso dringender, wenn man bedenkt, dass Russland die ganze Ukraine erobern und sich damit auch deren Wirtschaft einverleiben könnte. "Da hängt gleich das nächste Damoklesschwert über den Märkten." Allerdings: Noch kann Heunsch nicht abschätzen, welche Auswirkungen die Sanktionen haben werden.

Das Bratöl ist sicher

Doch wie wird sich das alles für die deutschen Verbraucher auswirken? Zumindest bestehe nicht die Gefahr, dass den Verbrauchern das Speisöl ausgeht, versichert Heunsch. Notfalls könnte man ja auf eine andere Pflanzenöle wie Rappsöl wechseln.

So gehen laut Angaben der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen in Deutschland zwar jährlich 53,6 Millionen Liter Sonnenblumenöl über die Ladentheke (Stand 2016). Damit ist es aber nur das zweitbeliebteste Öl der deutschen Verbraucher. Denn auf Platz eins steht das Rapsöl mit 81 Millionen Litern. 

Preise werden steigen

Eins stehe aber auf jeden Fall fest: "Die Preise steigen, so oder so", ist sich Heunsch sicher. Dabei waren die Preise schon vor dem Krieg stark gestiegen. Die erneute Verteuerung könnte sich aber nicht nur auf die Speiseöle an sich auswirken. "Das Sonnenblumenöl fließt ja auch in viele andere Produkte", weiß Heunsch. Zum Beispiel in Mayonnaise oder Kartoffelchips. 

Allerdings dürfte sich auch hier Ersatz finden lassen. Denn im Gesamtverbrauch Deutschlands - in den auch der Verbrauch der Industrie eingerechnet ist - macht Sonnenblumenöl nur 7,7 Prozent aus (Stand 2020, Ovid). Rapsöl hingegen 59 Prozent.