Michael Hoyer während seiner Mission, bei der es galt, Friedensbotschaften aus Villingen-Schwenningen zur russischen Botschaft nach Berlin zu bringen. Foto: Hoyer

Der Ukraine-Krieg ist zwar schon bald ein Jahr alt, einen deutsch-ukrainischen Abend aber wird es zum ersten Mal in Villingen-Schwenningen geben.

Villingen-Schwenningen - Michael Hoyer hat es eiskalt erwischt: Er war unlängst zu Gast bei einem deutsch-ukrainischen Abend in Schonach, ging mit Süßigkeiten-Tüten für die ukrainischen Kindern, aber null Erwartungen hin und kam reich beschenkt zurück nach Hause.

Das hinterlässt Spuren

"Ich hatte zwei Stunden lang Gänsehaut", gibt das gestandene Mannsbild zu, der in Villingen-Schwenningen eigentlich für Reisereportagen in aller Herren Länder und nicht selten auch waghalsige Abenteuerberichte bekannt ist. Künstler aus Schonach und der Ukraine füllten diesen Abend in Schonach, stellten ihre Kultur vor, sangen, spielten auf der Bandura und zeigten von Kinderhand geschaffene Bilder aus dem Krieg.

Der Abend hatte so tiefe Spuren hinterlassen, dass der Veranstalter im Gespräch mit Villingen-Schwenningens Oberbürgermeister Jürgen Roth erklärte: "Es wäre schön, wenn wir so etwas auch in VS hätten." Flugs saß die Stadt mit im Boot und stellte die Neue Tonhalle kostenfrei zur Verfügung und Hoyer tat, was er immer tut: Er organisierte ein Event, knüpfte Verbindungen in einem Netzwerk aus Doppelstädtern und Ukrainern, stellte ein Programm auf die Beine und kann nun zum ersten Deutsch-Ukrainischen Abend am Mittwoch, 30. November, ab 18.30 Uhr in die Neue Tonhalle einladen.

Was Kinder malen, während Bomben fallen

Herausgekommen ist ein buntes Programm mit Beiträgen aus Villingen-Schwenningen – die Musikakademie etwa wird mit verschiedenen Musikstücken dabei sein, der Akkordeonverein Blau-Weiß ebenso und auch die WG-Bänd, und es gibt "echte" ukrainische Kultur zu sehen: Die Ukrainerin Oksana Kochedykova wird Lieder auf der Bandura spielen, das ist eine ukrainische Lauthenzither. Der Akkordeonist Roman Dotsenko greift in die Tasten. Ukrainische Kinder führen Tänze aus ihrer Heimat vor, und bei einer besonderen Modenschau werden ukrainische Trachten gezeigt. Einen rührenden Beitrag verspricht Hoyer mit der Ballerina Lilia Koval-Lavok. Am tiefsten unter die Haut dürfte jedoch eine Ausstellung gehen, die an dem Abend in der Neuen Tonhalle gezeigt wird: Zu sehen sind dann Zeichnungen und Bilder von ukrainischen Kindern aus Charkiw, gemailt in einer Zeit, als dort Bomben fielen.

Das Programm steht fest, Irina Solowiejko, die den Kontakt zu den geflüchteten Ukrainern für den Veranstalter herstellte, wahrt den heißen Draht zu den Beteiligten ebenso wie Nicola Schurr, Flüchtlingshelfer und Initiator von "VS ist bunt", im Hintergrund wirbelt und organisiert. Doch der Abend soll mehr sein als ein Schaufenster zweier Kulturen. Die Menschen aus beiden Ländern sollen sich begegnen, austauschen, miteinander in Kontakt treten. Und: "Ich hoffe, dass wir vielleicht noch ein bisschen mehr und ein besseres Verständnis für die ukrainischen Flüchtlinge bekommen und sie noch besser integrieren", sagt Hoyer, der bereits für Aufsehen sorgte, als er in Villingen-Schwenningen Friedensbotschaften an Wladimir Putin und die russische Regierung sammelte und zur russischen Botschaft in Berlin gebracht hat.

Selenskyi ist "sehr angetan"

Die Aktion indes fand erst neulich einen besonders tollen Abschluss: Bei Michael Hoyer in Pfaffenweiler läutete das Telefon. Am anderen Ende: ein Mitarbeiter des ehemaligen ukrainischen Botschafters in Berlin, Andrij Melnyk. "Er erzählte mir, dass unsere Friedensbotschaften dem Präsidenten Wolodymyr Selenskyi vorgelegt worden sind und er sehr angetan gewesen sei von der Solidarität aus Villingen-Schwenningen", freut sich Hoyer.

Seit Kriegsbeginn frage er sich häufig, "wie würde es mir gehen, wenn ich als Flüchtling in ein anderes Land gehen müsste, dessen Sprache ich nicht spreche und dessen Kultur ich nicht kenne?" Und er ist felsenfest davon überzeugt: "In so einer Situation kann man gar nicht genug Zuwendung erfahren" und ein bisschen dieser Zuwendung soll auch der Deutsch-Ukrainische Abend bedeuten. Im Zuge der Vorbereitung hat Michael Hoyer erfahren, dass auch die Ukrainer mit der Veranstaltung am 30. November ein tiefes Anliegen verbinden: Viele von ihnen erzählten, "dass sie ein wenig darunter leiden, dass sie uns ihren Dank für die hier erhaltene Hilfe gar nicht mitteilen können".