Hirsch Benni hat im vergangenen Jahr seine neue Heimat auf dem Campingplatz Kleinenzhof gefunden. Für seine frei lebenden Artgenossen soll auf dem Bad Wildbader Sommerberg eine Wildruhezone eingerichtet werden. Foto: Archiv

Bereits seit einiger Zeit ist Bad Wildbad Teil – und Modellregion – des Rotwildkonzepts der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg. Nun kommt noch das "Sahnehäubchen" obendrauf: Der Gemeinderat beschloss die Einrichtung einer Wildruhezone auf dem Sommerberg.

Bad Wildbad - Die Begeisterung im Bad Wildbader Gemeinderat kannte kaum Grenzen. Nicht nur die in der Wald- und Forstwirtschaft tätigen Stadträte zeigten sich begeistert über die geplante Einrichtung einer Wildruhezone auf dem Sommerberg. Schon die Rotwildkonzeption sei "wirklich etwas ganz Besonderes und die Ruhezone das Sahnehäubchen obendrauf", sagte Andreas Wacker, Stadtrat und der Revierförster auf dem Sommerberg.

Auch Bürgermeister Klaus Mack zeigte sich begeistert: "Das ist eine klasse Sache." Mit der Konzeption versuche man, verschiedene Interessen wie Tourismus und Natur- und Tierschutz unter einen Hut zu bringen. Wildbad habe hier eine Vorreiterrolle inne, indem man das Konzept pilotmäßig für die Region umsetze. Er widersprach auch Kritikern, die immer wieder anführen, das Wildbader Ausflugsziel Nummer eins werde von Touristen überflutet: "Das ist kein Rummelplatz, sondern naturnaher Tourismus auf dem Sommerberg."

57 Hektar sollen ausgewiesen werden

Uli Keller, bei der Verwaltung auch für den Stadtwald zuständig, erläuterte das Konzept der Wildruhezone. "In der Zonendefinition steht in den Wildruhezonen das Ruhebedürfnis der Tiere im Vordergrund und eine Ausweisung soll nur in aktuell geeigneten oder entwickelbaren Lebensräumen erfolgen", schreibt er in der Sitzungsvorlage. Nach langer Abstimmung habe man Fläche im Distrikt vier, dem hinteren Teil, des Sommerbergs ausfindig gemacht. Dieser Teil sei sowieso schon beruhigt, die Attraktionen wie Baumwipfelpfad und Hängebrücke befinden sich laut Keller im vorderen Teil des Sommerbergs. Hier soll nun ein Fläche von 57 Hektar ausgewiesen werden. Diese Wildruhezone soll auch anderen Wildarten zugute kommen, das Rotwild zähle aber als Fokusart. Um die Abtrennung zur Ruhezone zu schaffen, soll unter anderem der "Obere Bächlesweg" stillgelegt werden, auch die durch das Gebiet führende Loipe wird umgelegt.

Für eine zielführende Umsetzung der Naturschutz- und Rotwildkonzeption sollen die betroffenen Bereiche künftig in Eigenregie der Stadt bejagt werden. Deshalb wird die Verwaltung mit dem Beschluss beauftragt, mit den derzeitigen Jagdpächtern einen Lösungsweg zu suchen, um den bestehenden Jagdpachtvertrag vor dem Ende der regulären Pachtzeit am 31. März 2023 zu kündigen. Möglich sei, den derzeitigen Pächtern als Ausgleich Begehungsscheine anzubieten.

Durch die Ausweisung der Wildruhezone und der sich dadurch ergebenden Einschränkungen wird sich die Jagdpachtfläche des Distrikts von aktuell rund 246 auf etwa 189 Hektar reduzieren.

Alleinstellungsmerkmal und Vorzeigeprodukt

Die Verwaltung schlug nach Darlegung des Sachverhalts deshalb vor, die Wildruhezone einzurichten. Keller bezeichnete sie als "Alleinstellungsmerkmal in Baden-Württemberg" und als "Vorzeigeprodukt, auch wenn man keine Zuschauer will".

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Göbel sagte, dass aus Sicht der Holzwirtschaft die 57 Hektar, dies entspreche etwa der Fläche von 80 Sportplätzen, bei einer Gesamtfläche von 2000 Hektar Wald verschmerzbar seien. Auf eine Nutzung der Fläche könne man verzichten, "wenn man sieht, wie es am Holzmarkt aussieht". Auch die touristische Nutzung des Sommerbergs sei nicht eingeschränkt: "Um die Fläche rum gibt es genügend Rad- und Wanderwege." Bei der Reduzierung der Jagdflächen sei es seiner Meinung nach besser, mit den Pächtern zu sprechen und eine Lösung zu suchen als einfach den Vertrag zu kündigen. Er fragte nach, ob die Fläche künftig erweitert werden soll und ob möglicherweise Aussichtskanzeln oder Besucherkanzeln am Rande der Zone aufgestellt würden, damit die Besucher von außen einen Einblick in das Gelände bekommen könnten.Wacker antwortet, dass die Größe so bleiben solle, die Fläche aber zum Teil noch entwickelt werden müsse, also so bewirtschaftet, dass die Ruhezone entstehen kann und das Wild eventuell erlebbar gemacht werden könne.

Jörg Ziegler, Abteilungsleiter Forst und Jagd beim Landratsamt Calw, sagte, dass für eine Erlebbarkeit der Tiere eine offene Fläche benötigt werde, die man aber "ganz klasse erschaffen" können. Bei der Bejagung sei es wichtig, die Alttiere zu schonen. Auch er findet die Wildruhezone eine tolle Idee und regte an, die Besucher des Sommerbergs in gebührender Entfernung darüber zu informieren, etwa mit Hinweisschildern. Wichtig sei außerdem eine gute Besucherlenkung, um die Fläche auch tatsächlich zu beruhigen und so den nötigen Rückzugsort für die Wildtiere zu schaffen. Auch müsse man auf dieser Fläche nicht jagen, "wenn wir den Wildbestand auch anders regulieren können".

Nach so viel Lob von allen Seiten war das Abstimmungsergebnis dann keine Überraschung mehr: Einstimmig votierten die Stadträte für die Schaffung der Zone.