Helmut Riegger (links), Andrea Stratmann und Roland Bernhard. Foto: M. DONNER/PHOTO GULYAS

Die Gemeinnützigen Werkstätten und Wohnstätten (GWW) feierten am Donnerstag ihren 50. Geburtstag in der Stadthalle Herrenberg. Mit ihren Ideen waren sie oft Vorbild. Dafür gab es Lob von der Politik. Geschäftsführerin Andrea Stratmann mahnte trotzdem.

Menschen mit Behinderung brauchen eine Unterstützung die genau so individuell ist, wie ihre persönliche Geschichte. Und sie können oft mehr, als ihnen von vielen zugetraut wird. Den GWW ist das seit Jahrzehnten klar und deshalb machen sie entsprechende Angebote. Das wurde jüngst in der Herrenberger Stadthalle gefeiert, denn die GWW gibt es mittlerweile seit 50 Jahren.

Geladene Gäste Zu diesem Festakt kamen rund 150 geladene Gäste, unter ihnen der Böblinger Landrat Roland Bernhard und der Calwer Landrat Helmut Riegger. Bernhard ist nämlich Aufsichtsratsvorsitzender und auch Riegger gehört diesem Gremium an. Er kenne die GWW deshalb von innen, erzählte Bernhard. Dass Landkreise in diesem Bereich direkte Verantwortung übernähmen, sei in Baden-Württemberg „außergewöhnlich“.

Alle Menschen Hand in Hand

Viel herangewachsen Mehr als 1000 Beschäftigungs- und 350 Wohnplätze biete die GWW für Menschen mit Behinderung mittlerweile an. Sein Dank gelte auch den vielen Mitarbeitern. Dazu seien viele große Unternehmen der Region in der GWW engagiert. Über den Campus Mensch und die Femos biete man zudem Stellen im ersten Arbeitsmarkt an. „Es ist einiges herangewachsen“, so Bernhard. „Es gilt die Menschen zu integrieren und Inklusion zu leben“, erklärte er die Leitlinien. Das Fernziel sei, dass irgendwann „alle Menschen Hand in Hand“ arbeiten.

Großes Unternehmen „Jeder Einzelne ist wichtig“, hielt sein Amtskollege Riegger fest. Die GWW sei mittlerweile ein großes mittelständisches Unternehmen. Der Landkreis Calw zahle hierfür zehn Millionen Euro pro Jahr. „Wir geben es gerne“, so Riegger. „Fördern und fordern“ sei das Leitbild, je nach Können und Vorraussetzung. Eine „selbständige Lebensführung“ für Menschen mit Behinderung sei das Ziel.

Wichtiger Beitrag Auch Riegger betonte die Wichtigkeit von Inklusion. „Inklusion ist, wenn alle mitmachen dürfen“, definierte er und zwar „egal wie du aussiehst, welche Sprache du sprichst und ob du eine Behinderung hast“. Die Mitarbeiter leisteten jeden Tag aufs Neue einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Der Job verlange viel: Empathie, Feingefühl und Fachwissen.

Kreativität und Beharrlichkeit

Pionierarbeit „Eine Wirtschaft, wo keiner übrig bleibt“, gab auch die Geschäftsführerin Andrea Stratmann als Ziel aus. „Wenn jemand keinen Platz findet, sind wir nicht kreativ genug“, meinte sie. Kreativität und Beharrlichkeit prägten die GWW beim Einsatz für Menschen mit Behinderung. Man müsse sich trauen „Pionierarbeit“ zu leisten. Und die Menschen mit Behinderung hätten den Anforderungen immer genügen können. Das gebe Vertrauen – und diesen Menschen auch Selbstvertrauen.

Viel zu tun In Stratmanns Augen gibt es aber noch viel zu tun, auch was den gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Behinderung und Inklusion angehe. „Das Ende der Fahnenstange des barrierefreien Denkens ist noch nicht erreicht“, so Stratmann auch in Bezug auf Äußerungen des AfD-Plitikers Björn Höcke, der Inklusion kürzlich als „Ideologieprojekt“ bezeichnete. Die GWW indes wird sich für Menschen mit Behinderung weiterhin einsetzen, wie sie das schon seit 50 Jahren tut.