Gemeinsam enthüllten einige der Verantwortlichen das Mahnmal, das an die Hexenverfolgung in Horb erinnert. Foto: Morlok

Ein dunkles Kapitel der Stadtgeschichte ist der Hexenwahn. Heute ist belegbar, dass Horb zu den Hochburgen der Hexenverfolgung gehörte. Jetzt erinnert ein Mahnmal daran.

Horb - Viele geschichtsinteressierte Bürger waren dabei, als am Samstag, 19. November, am Horber Galgenberg (in der Nähe des Wasserturms) ein Mahnmal zum Gedenken der Hexenverfolgung enthüllt wurde. Ein Ereignis, dass deutschlandweit Beachtung fand, wie ein Blick ins Internet zeigte.

Horb schaffte für die Opfer nun eine Gedenkstätte, die auch für die Zukunft Zeichen setzen soll. Bevor jedoch das Mahnmal aus rostrotem Cortenstahl enthüllt wurde, dass an die Flammen des Scheiterhaufens erinnern soll und dessen drei daraus geformte Pfeile für die Schwertspitze des Scharfrichters stehen, traf man sich auf dem Flößerwasen zur ersten Zusammenkunft.

Geschichtspfad mit neun Stationen

Dort gab Oberbürgermeister Peter Rosenberger erste Informationen zum Ablauf und lud die Besucher ein, die einzelnen Stationen des Geschichtspfades "Hexenverfolgung in Horb" per Smartphone online abzulaufen. Ein sehr bequemer Weg im Gegensatz zum tatsächlichen Fußweg, der entlang historischer Schauplätze über den Marktplatz bis hinauf zum Kreuzkapellenberg und abschließend zum Galgenberg mit seinem Mahnmal führt. An neun Stationen werden hier die historischen Zusammenhänge erklärt, und Audiodateien geben an sechs Stationen Auszüge aus den Originalverhörprotokollen wieder, die Katja Müller eingesprochen hat. Sie war auch in der Rolle der Altheimer Hexe Hanna Schrög beim Rundgang mit dabei und berichtete unter anderem vom nächtlichen Hexenflug durch die Lüfte.

Stadtführer Joachim Lipp, der die Geschichte der Horber Hexenverfolgung profund begleitete, ergänzte, dass der Überlieferung gemäß Hexen aus Straßburg sogar im Bildechinger Ried gelandet seien. "Heute würden sie dazu die Air France nehmen", scherzte er.

Schauermärchen von Geistlichen

Überhaupt relativierte Lipp so manches Schauermärchen, dass man sich zu jener Geschichtsepoche erzählt. Die Sage, dass hier in der Gegend einige Tausend angeblicher Hexen verbrannt wurden, hätte ein katholischer Geistlicher in die Welt gesetzt, der seinem evangelischen Kollegen ans Bein pinkeln wollte, wusste Lipp.

Tatsächlich waren es nach Recherchen von Lipp 368 Personen, davon rund 100 in Horb, die in der Raumschaft Rottenburg/Horb der Hexerei oder Zauberei beschuldigt wurden, und er vermutet, dass darunter auch einige Frauen waren, die von ihren Ehemännern absichtlich diesem schrecklichen Schicksal preisgegeben wurden.

Umrisse einer nicht mehr existierenden Kapelle

Auf der letzten Station des Geschichtspfades, auf dem Kapellenberg, waren die Umrisse der damaligen Kapelle mit Sägemehl skizziert worden. Hier hatten die Verurteilten die letzte Möglichkeit zu beten, bevor sie einige hundert Meter weiter "kulanterweise", wie Jochen Lipp erwähnte, zuerst enthauptet und dann erst verbrannt wurden. So sollte der Zauber der Hexe für immer vernichtet werden.

Dank an Rudolf Bok

Nun standen die Teilnehmer dieser Veranstaltung an der Stelle, an der so viel Unrecht geschah. Einem dunklen Kapitel, das erst Hunderte Jahre später nach und nach aufgearbeitet wurde. Wie Horb erinnern mehrere Städte mit Gedenktafeln, Ausstellungen oder auch Mahnmalen an diese Gräueltaten.

OB Rosenberger dankte in seinen Grußworten vor allem dem Nordstetter Initiator Rudolf Bok für dessen unnachahmliche Beharrlichkeit, dem Gemeinderat, der am 17. Dezember 2019 eine Resolution erließ, dessen Wortlaut in das Mahnmal eingeschnitten ist, und der auch die notwendigen 25 000 Euro für das Projekt freigab.

Rosenbergers besonderer Dank galt auch dem Oxford-Professor Johannes Dillinger, der sich ebenso wie die Ehrenamtlichen vom Horber Kultur- und Museumsverein intensiv mit der Hexenverfolgung in Horb auseinandergesetzt hat. Dillinger hielt am Nachmittag vor rund 80 Zuhörern einen vielbeachteten Vortrag zu diesem Thema.

Horb ist seit Samstag um ein geschichtsträchtiges Mahnmal reicher. Der einstige Horber Schreckensort wurde ab diesem Tag zu einer Gedenkstätte des Erinnerns und Besinnens, zum Ort der Mahnung an die Menschenwürde und die Menschenrechte.