Am Wasserturm soll eine Gedenkstelle für Opfer der Hexenverfolgung entstehen. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Opfer der Hexenverfolgung: Bürger setzt sich für Aufarbeitung mit Beteiligung der Öffentlichkeit ein

Horb (csc). Wie soll den Opfern der Hexenverfolgung im Raum Horb gedacht werden? Über diese Frage machen sich Geschichtsinteressierte seit einigen Monaten Gedanken. Einen Antrag dazu hatte Rudolf Bok im Mai vergangenen Jahres gestellt. Bok unterstreicht nun seine Forderung und setzt sich in einem offenen Brief, der auch an die Stadtverwaltung und zwei Kirchengemeinden ging, für eine Resolution aus, die vor ihrem Inkrafttreten auf breiter öffentlicher Basis erarbeitet werden soll, so Boks Wunsch.

 

Der Kultur- und Museumsverein hatte schon angekündigt, dass eine Stele mit Gedenktafel in der Nähe der damaligen Hinrichtungsstätte am Wasserturm aufgestellt werden soll.

Bok will nun von der Stadtverwaltung den Sachstand zu dem Thema wissen. Gab es Gespräche, gibt es einen Resolutionsentwurf?

Über die Opfer der Hexenverfolgung in Horb und Umbegung ist einiges bekannt: Wie sie hießen, wo sie lebten und wann sie hingerichtet wurden steht auf einer im Internet unter der Adresse www.anton-praetorius.de/downloads/namenslisten/Horb.a.N._Namen_Opfer_Hexenverfolgung.pdf abrufbaren Liste. Als Quelle wird angegeben "Johannes Dillinger: Hexenprozesse in Horb, Veröffentlichungen des Kultur und Museumsvereins Horb a.N. e.V. Folge 11, Hrsg. Joachim Lipp, Horb a.N., Dezember 1994".

Auf der Liste stehen bei den Namen einige Fragezeichen und Mehrzahlen, sodass es grob geschätzt zwischen 120 und 150 Personen gewesen sein dürften, die dem Hexenwahn zwischen 1558 und 1671 in Horb und Umgebung zum Opfer fielen. In die Geschichtsschreibung eingegangen ist der Fall der um 1570 in Horb geborenen Christina Rauscher. Sie wurde als Hexe verfolgt und wurde später Regierungskommissarin gegen Justizvergehen. Im Unterschied zu den meisten "Hexen" gehörte sie einer wohlhabenden Familie an. Nach einem Jahr Haft mit schwerer Folter wieder auf freiem Fuß, verklagte Christina den Rat wegen Rechtsmissbrauchs und wurde zu einer unermüdlichen Anklägerin des Unrechts, das ihr und anderen vermeintlichen Hexen angetan wurde. Allein in Horb wurden bis 1605 etwa 40 "Hexen" hingerichtet (Quelle: Wikipedia).

 Bok will mit seinem Vorstoß erreichen, dass der Resolutions-Entwurf vor Verabschiedung durch den Gemeinderat öffentlich vorgestellt wird. Er argumentiert: "Die weitere Behandlung dieses brisanten Horber Themas muss in allen Phasen  öffentlich sein. Die Bürgerinnen und Bürger sollen oder können vorher ihre Meinung dazu kundtun. Es ist ja keine Maßnahme, die auf einen kleinen Personenkreis beschränkt bleiben darf, sondern für die ganze Bürgerschaft Horb von Wert ist. Nur wenn die Bürgerschaft gut und rechtzeitig informiert wird und mitdenken und mitgehen kann, erreichen wir Sinn und Zweck dieser Resolution, nämlich den vielen unschuldigen Opfern der Hexenverfolgung mit 100 Hinrichtungen in Horb symbolisch ihre Würde und Ehre sowie ihre Rechte zurückzugeben. Dies im Geiste der Versöhnung und zur Erinnerung für die folgenden Generationen."

Andere Städte, wie zum Beispiel Ellwangen, Wiesensteig, Ravensburg, sind uns damit  vor Jahren vorausgegangen. Boks Antrag vom Mai 2018 enthielt auch den Vorschlag, für die Resolution oder an der/den Gedenkstätten stellvertretend den besonders tragischen Fall der Christina Rauscher, die durch die Folterungen während ihrer Schwangerschaft ihr Kind verloren hat, darzustellen.

 Dazu schreibt Bok: "Es ist nicht Sinn des Antrages, damals Schuldige zu suchen oder zu bewerten. Jedoch soll es für uns, als die Nachfolgegenerationen eine ethische Verpflichtung gegenüber den damaligen Opfern und deren Familien sein. Ich bin überzeugt davon, dass die breite öffentliche Behandlung und Resolution der Hexenverfolgung für Horb eine gute Sache und richtig ist und auch weit über die Stadtgrenzen hinaus positiv ausstrahlen wird (...). Das Ausmaß der Hexenverfolgungen, Prozesse mit schrecklichen Folterungen, Todesurteile und Hinrichtungen war in Horb in jener Zeit besonders groß."

 Bok vergisst nicht, den Kultur- und Museumsverein zu loben: "Der durch ihn erstellte, inzwischen als Kulturdenkmal eingetragene, Gedenkstein symbolisiert die Erforschung und Existenz der nicht mehr vorhandenen Kreuzkapelle. Dazu wurde auf der Gedenktafel auch die Hexenverfolgung erwähnt – soweit so gut."

Ergänzend dazu, so fordert Bok, sollten Gedenktafeln oder Symbole an den damals bedeutenden Horber Stätten der Hexenverfolgung angebracht werden. Am Wasserturm (Richtstätte für zum Tode Verurteilte), auf dem Horber Marktplatz (Folterungen und öffentliche Gerichtsverhandlungen mit den Todesurteilen) und am Luziferturm in der Ihlinger Straße (Hexengefängnis). Bok schlägt vor: "Für die Erstellung dieser Gedenksymbole durch die Stadt müsste im Rahmen der noch zu erstellenden Resolution  zur Rehabilitierung natürlich auch Geld aus der Stadtkasse kommen."