Der dritte Towerrun lockt wieder zahlreiche Zuschauer an. Foto: Ralf Graner

Wenn die Beine brennen und die Kraft mit jeder Stufe mehr schwindet: Der dritte Rottweiler Towerrun verlangte Amateur- und Profi-Treppenläufern erneut alles ab. Bei der Feuerwehr landeten drei Teams aus dem Kreis sogar unter den Top 10.

Kreis Rottweil - Sonntag, 9.30 Uhr, Berner Feld: Ein eisiger Wind pfeift über das Gelände, auf dem sich die 54-köpfige Elite der Treppenläufer für den Start aufwärmt, während sich die ersten Zuschauer einen guten Platz sichern. Immer wieder werfen die Sportler einen Blick auf den imposanten Testturm, der vor ihnen 232 Meter weit in den Himmel ragt und den es nun zu bezwingen gilt.

Der Erste, der an den Start geht, ist ein Altbekannter: Christian Riedl, einer der weltbesten Treppenläufer und mit 6:56 Minuten Streckenrekordhalter. Ob er diese Zeit unterbieten kann? Die Spannung steht ihm wie auch seinen Konkurrenten ins Gesicht geschrieben. Je näher der Startschuss rückt, desto unruhiger werden die Läufer, obgleich sie alte Hasen sind.

Der Countdown läuft, die Zuschauer zücken ihre Handys. Da ertönt der Startschuss, Funken sprühen, und Riedl rennt los, durch die jubelnde Zuschauermenge und ins Turm-Treppenhaus hinein.

Läufer aus zwölf Nationen

1167 Treppenläufer gehen in diesem Jahr in Rottweil an den Start. 75 Prozent von ihnen kommen aus Baden-Württemberg. Insgesamt sind zwölf Nationen vertreten, darunter nicht nur Nachbarländer Deutschlands, sondern auch Vertreter aus Brasilien, Kolumbien und Venezuela beispielsweise. Der Großteil der Läufer, etwa 82 Prozent, sind Männer. Das Durchschnittsalter liegt bei etwa 37,5 Jahren, wie die Veranstalter verraten.

Was geht einem durch den Kopf?

Turmmanagerin Beate Höhnle hat sich bereits im Vorfeld des Wettbewerbs die 1390 Stufen hochgequält und weiß, wie sich das anfühlt. "Das ist ein Auf und Ab der Gefühle. Man ist erschöpft, wütend, denkt, dass man es nicht schafft. Und dann, wenn man oben angekommen ist, spürt man plötzlich riesige Erleichterung. Das ist ein unglaubliches Glücksgefühl, das noch Stunden anhält", schildert sie.

Während nach und nach für weitere Läufer der Startschuss fällt – auf die Elite folgen die anderen Einzelläufer, gefolgt von den Zweier-Teams – treffen die ersten oben auf der Besucherplattform ein. Keuchend schleppen sie sich die letzten Stufen hoch. Mancher wirft sich gar ins Ziel und bleibt erst einmal schwer atmend auf dem Boden liegen, während Helfer mit Wasser herbeieilen.

Warten auf das Ergebnis

Nach einer kurzen Pause breiten sich die Läufer auf den Matten aus, die vor dem großen Bildschirm bereitliegen. Gebannt warten sie auf die Ergebnisse, die dort live angezeigt werden.

Nach zähen Minuten des Wartens ist klar: Riedl hat es geschafft. Zwar hat er mit 7:32 Minuten (3,08 Stufen pro Sekunde) keinen neuen Rekord aufgestellt, ist aber Sieger der männlichen Einzelläufer. Bei den Frauen unterbietet Titelverteidigerin Verena Schmitz derweil mit 9:26 Minuten ihren bisherigen Streckenrekord (9:42 Minuten).

Aussicht genießen

Wer ins Ziel gekommen ist, genießt nach dem ersten Durchatmen auf der Plattform die atemberaubende Aussicht und tauscht sich angeregt mit den anderen Läufern aus, ehe es – diesmal per Aufzug, der gerade einmal 30 Sekunden für die Strecke braucht – wieder nach unten geht.

Mit 84 Jahren der Älteste

Am Fuß des Testturms ruht sich Bernd Zürn aus Frankfurt, mit 84 Jahren der älteste Teilnehmer, vom beschwerlichen Aufstieg aus. "So richtig ausgepowert habe ich mich diesmal gar nicht gefühlt", sagt er lachend und gibt zu: "Um hier mitzumachen, muss man verrückt sein". Einen Leistungsabfall wegen seines hohen Alters spüre er nicht.

Seit elf Jahren nimmt er an Treppenläufen teil, in diesem Jahr erstmals auch in Rottweil. Statt der von ihm erwarteten 17 Minuten schafft der begeisterte Alltagsradler sogar 14:40 Minuten (Platz 196). Wie lang er solche Läufe noch machen will. "Na, solange es geht."

Feuerwehr-Start als Höhepunkt

Am Start steigt derweil wieder die Spannung. Der Höhepunkt des Towerruns steht an: der Start der Feuerwehr-Teams mit angeschlossenem Atemschutz. 300 bar stehen den 398 Startern für den Aufstieg zur Verfügung. Wenn die Luft ausgeht und der Atemschutz entfernt wird, rutscht man automatisch in die Wertung der Feuerwehr-Teilnehmer ohne Atemschutz. Neben der Luftknappheit ist ein weiteres Erschwernis die rund 25 Kilogramm schwere Ausrüstung. So wird der ohnehin schwere Aufstieg zu einem enormen Kraftakt.

Umjubelt von ihren Fans treten die ersten Feuerwehrteams den mühsamen Aufstieg an. Unter ihnen befinden sich auch mehrere Teams der Lokalmatadoren aus Rottweil und der Feuerwehr Bösingen-Herrenzimmern.

Die Luft wird knapp

Oben auf der Plattform warten derweil Stadtbrandmeister Frank Müller und seine Kräfte gespannt auf ihre Kameraden. Werden sie durchhalten? Und wird die Luft reichen? Ein schrilles Pfeifen, das durch das Treppenhaus schallt, kündigt die ersten Ankömmlinge an. Das Pfeifen informiert die Atemschutzträger darüber, dass von 300 nur noch 50 bar in den Sauerstoffflaschen zur Verfügung stehen.

Zum Piepsen mischt sich das laute Keuchen der Feuerwehrleute, denen die letzten Stufen sichtlich schwer fallen. Mit letzter Kraft ziehen sie sich am Geländer hoch und reißen die Arme in Siegespose nach oben, während sie von tosendem Applaus der Helfer empfangen werden – Gänsehautfeeling.

Die Rottweiler kommen

Dankbar lassen sie sich von den Helfern der Rottweiler Feuerwehr beim Ablegen der Ausrüstung helfen, ehe sie sich schwitzend und schwer atmend auf die Matten fallen lassen – vollkommen am Ende, aber auch voller Stolz über die erbrachte Leistung.

"Da kommen die Rottweiler", wird plötzlich gerufen. Gespannt recken der Stadtbrandmeister und seine Helfer die Hälse und jubeln, als sie ihre Kameraden aus dem Treppenhaus kommen sehen. Wenige Sekunden später schwillt der Jubel noch weiter an: Platz drei für das Duo Christopher Wiest und Philipp Rebmann fürs Erste – mal sehen, wie lange.

Gleich drei Teams unter den Top 10

Von den Rottweilern und Bösingern schaffen es alle Teams nach oben. Die Freude ist riesengroß. Und sie wird noch größer: Gleich drei Teams landen unter den Top 10: das Duo Wiest-Rebmann (letztendlich Platz vier nach den Feuerwehren aus Dietldorf, Konstanz und Brugg, 15:48 Minuten), Lukas Rebmann und Lukas Munz (FW Rottweil, 16:34) auf Platz sechs und Oliver Banholzer und Raphael Banholzer (FW Bösingen-Herrenzimmern, 17:08) auf Platz zehn.

Und so geht der höchste Treppenlauf Westeuropas zum dritten Mal erfolgreich zu Ende – mit zahlreichen stolzen Läufern und Fans, einer hervorragenden Stimmung und Gänsehautmomenten, die in Erinnerung bleiben.

Weitere Info und Ergebnisse

1390 Stufen und 232 Höhenmeter gilt es beim Towerrun zu bezwingen bis zur Aussichtsplattform des TK Elevator Testturms. Gestartet wird einzeln oder in Zweier-Teams. Eine Besonderheit ist der Lauf für Feuerwehrleute in voller Montur (in Zweier-Teams) – mit oder ohne Atemschutz. Auch Polizisten gehen an den Start. Die Ergebnisse des Towerruns 2022 sind hier abrufbar.