Die Vertreter der Bürgerinitiative – Simone Höft (von links), Simone Fader und Bernd Bartel – übergeben die rund 600 Unterschriften an Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr. Foto: Dold

"Ist das Ihr Ernst?" oder "Das ist doch Quatsch": Zwischen den Vertretern der Bürgerinitiative Schönblick sowie Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und den Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen wurde es mitunter haarig.

Schramberg-Sulgen - In einem Gespräch im Sitzungssaal des Rathauses sollte am Montagabend der Diskurs vorangebracht werden. Jedoch: Die Positionen sind aber nach wie vor nicht unter einen Hut zu bringen. Die Bürgerinitiative wehrt sich mit Händen und Füßen gegen das geplante Großbauvorhaben vor ihrer Haustür.

Befreiungen werden sorgfältig geprüft

Die Stadtverwaltung hingegen argumentiert, die Bauherren könnten sich auf einen rechtskräftigen Bebauungsplan berufen – und hätten somit das Recht, ihr Vorhaben umzusetzen. Es werde aber sorgfältig geprüft, ob die erwünschten Befreiungen zulässig seien, argumentierte Linda Niebel, Leiterin der Baurechtsbehörde.

Schon zu Beginn des Gesprächs gab es nach der gegenseitigen freundlichen Begrüßung atmosphärische Spannungen – die Bürgerinitiative hatte Rechtsanwalt Matthias Himmelsbach mitgebracht. Das habe Einfluss auf das Gesprächsklima, meinte Eisenlohr. "Wir sind nicht auf Krawall gebürstet und wollen einen Dialog", versicherte der Freiburger Anwalt.

Baurechtsbehörde entscheidet

Dann hieß es: Feuer frei für die Argumente. "Wer entscheidet wann über die Einwendungen gegen das Vorhaben?", wollte Bernd Bartel wissen. "Das entscheidet die Baurechtsbehörde", entgegnete Niebel – und zwar nach gesetzlichen Vorgaben und aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung. Der Gemeinderat sei nach der Aufstellung des Bebauungsplans außen vor, ergänzte Udo Neudeck (Freie Liste).

Matthias Himmelsbach legte weiter den Finger in die Wunde: "Das Ganze ist auch eine politische Entscheidung, nicht nur eine rein verwaltungstechnische", sagte er. Im Klartext: Die OBin könne eine Ermessensentscheidung treffen und Befreiungen und Ausnahmen vom Bebauungsplan verweigern. "Wie sieht das der Gemeinderat?", fragte er.

Bebauungsplan und Investor vorhanden

Tanja Witkowskis (SPD/Buntspecht) Statement schlossen sich auch die andere Fraktionen an: Es fehle an bezahlbarem Wohnraum, sagte sie. Allerdings müsse man mit den zur Verfügung stehenden Flächen wirtschaftlich umgehen und diese gut bebauen – also nicht nur mit Einzelhäusern. "Wir haben hier einen Bebauungsplan und einen Investor. Das können wir nicht außer Kraft setzen", lautete ihr Hauptargument. "Das, was von den Bauherren geplant ist, geht nur mit Ausnahmegenehmigungen", hielt Himmelsbach entgegen.

Das Ermessen werde immer gleich ausgelegt, versicherte Thomas Brantner (CDU). "Als wir vor zehn Jahren bauen wollten, hieß es von der Stadt: ›Es gibt keine Ausnahmen‹", entgegnete Bernd Bartel.

"Es ist völlig egal, wer Bauherr ist, es wird ohne Ansehen der Person entschieden", meinte hingegen Dorothee Eisenlohr. In diesem Teil des Bebauungsplans, so Linda Niebel, werde eine verdichtete Bebauung gewünscht. Daher sei das ein anderer Fall und nicht vergleichbar mit anderen Bereichen.

Emotionale Reaktion der OBin

Simone Fader betonte: "Das Vorhaben wäre ein Fremdkörper in einem langsam entwickelten Gebiet. Es passt nicht in die soziale Struktur." Die emotionale Reaktion der OBin: Sie sei 40 Jahre alt und lebe in einer Partnerschaft in einer Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung – also in einer ähnlichen Wohnung, wie sie auch auf dem Schönblick entstehen solle. Ob sie sozialstrukturell seltsam wäre und nicht reinpassen würde, fragte sie.

"Wir sind grundsätzlich für eine Bebauung", ging es mit Matthias Himmelsbach weiter im Text. "Aber es sollte angemessen für die Anwohner sein", sagte er. Es gehe nicht darum, keine Ausländer in der Nachbarschaft zu haben, sondern um die schiere Anzahl von Menschen.

Das Ganze sei 1999 unter der Ägide von OB Zinell unter Beteiligung der Öffentlichkeit verabschiedet worden, so Eisenlohr. Nun habe der Investor die Wiese mit Baurecht gekauft. "Was sollen wir denn da tun?", fragte die OBin. Reihenhäuser wie in der Musikersiedlung oder dem Eckenhof akzeptieren, keine solchen Wohnblocks, meinte Simone Fader. Eine solche Bebauung (O-Ton Bürgerinitiative: "Monsterbauten") sei 1999 nicht vorgesehen gewesen, sagte Himmelsbach, sondern Doppel-, Reihen- oder Kettenhäuser.

25 Einwendungen und 600 Unterschriften

"Wir müssen das Gesamtwohl im Auge behalten", sagte Thomas Brantner. Der Stadt drohten Schadenersatzansprüche, wenn das Vorhaben nicht erlaubt wäre, schwante ihm Böses. Udo Neudeck argumentierte: "Sie unterstellen, es werde ein Bebauungsplan widerrechtlich genehmigt. Das kann ich so nicht stehen lassen. Bei unserer Baurechtsbehörde wurde noch nie gemauschelt."

Ob die Stadt 25 Einwendungen und 600 Unterschriften gegen das Projekt ignorieren wolle, fragte Simone Fader. "Die potenziellen Interessenten für eine Wohnung werden nie gefragt", entgegnete Eisenlohr.

Bürgerinitiative macht weiter

Anwohnerin Anita Moosmann war am Ende der Diskussion demoralisiert: "Schramberg ist für mich als Heimat gestorben, wenn das jetzt auch noch durchgeht." Die Initiative prüft nun, inwieweit der Gemeinderat das Thema in öffentlichen Sitzungen zur Diskussion stellen kann.

Zum Schluss kam es aber doch noch zum Austausch von Freundlichkeiten: "Eine Bürgerinitiative ist ein Teil gelebter Demokratie. Wir sind immer bereit zum Austausch", sagte Eisenlohr. "Danke für Ihre Zeit", sagte Simone Fader an die Adresse der OBin und der Fraktionsvorsitzenden. "Wir machen weiter, da es das Anliegen der Bürger ist, dass das Stadtbild nicht kaputt geht", versprach sie und verwies auf eine kommende Internetseite der Bürgerinitiative und eine Petition.