Am Ende hatte Jens Keucher gut lachen. Foto: Günther

Diesmal bekam Jens Keucher, künftiger Bürgermeister von Sulz, 100 Prozent der Stimmen: Die Gemeinderäte haben ihn zum Amtsverweser bestellt. Eine Vorsichtsmaßnahme.

Sulz - Eine kurze Schrecksekunde hatte Jens Keucher zu überstehen. Der künftige Bürgermeister der Stadt Sulz war in der Sitzung des Sulzer Gemeinderats vom Montag als Gast anwesend und sah zu, wie die Räte reihum Stimmzettel in eine Urne warfen. Wenig Wohlwollen aus dem Gremium, und Keucher wäre beschädigt gewesen, noch bevor er sein Amt angetreten hätte. Doch dazu sollte es nicht kommen.

"20 Stimmen, das sind deutlich mehr als die notwendigen zwölf", kommentierte der noch amtierende Bürgermeister Gerd Hieber nach Auszählung der Wahlzettel durch die beiden spontan verpflichteten Wahlhelfer Sabine Breil und Heinrich von Stromberg. Erneut hatte der künftige Bürgermeister Keucher damit überzeugend eine Abstimmung gewonnen, diesmal sogar mit allen abgegebenen Stimmen. Mit der Wahl wurde Jens Keucher vom Gemeinderat zum 1. Februar als Amtsverweser bestellt.

Unbekannter hatte Widerspruch eingelegt

Wozu das? Eigentlich wäre alles ganz einfach, ist es aber nicht. Der bisherige Bürgermeister Gerd Hieber scheidet mit dem Ablauf des 31. Januar aus dem Amt aus. Am 1. Februar würde die Amtszeit des neuen Bürgermeisters Jens Keucher beginnen. Der war dazu am 6. November des vergangenen Jahres mit überwältigenden 72 Prozent der abgegebenen Stimmen gewählt worden.

Ein Unbekannter hatte jedoch Widerspruch gegen die Wahl erhoben. Er behauptete unter anderem, bei der Auszählung der Briefwahlstimmen hätten Unterlagen gefehlt, Kandidaten seien durch die Übertragung einer Vorstellungsrunde im Internet benachteiligt worden, viele Bürger hätten keine Wahlbenachrichtigung erhalten. Die Wahlbeteiligung sei mit 45 Prozent auffällig niedrig gewesen – und die Berichterstattung in den Medien habe den Wahlausgang auf unfaire Weise beeinflusst.

Klage möglich bis 31. Januar, 23.59 Uhr

Alle vermeintlichen Argumente gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl hatte das Landratsamt in Rottweil zu prüfen. Den entsprechenden Bescheid verschickte der Landkreis am 28. Dezember. Darin wurden alle Punkte zurückgewiesen und die Wahl von Jens Keucher für gültig erklärt.

Doch bis einschließlich 31. Januar hätte der Kläger noch die Möglichkeit gehabt, gegen den Wahlprüfungsbescheid des Landratsamtes vor dem Verwaltungsgericht zu klagen. In diesem Fall könnte Keucher sein Amt als Bürgermeister nicht antreten, weil dann die Rechtmäßigkeit der Wahl in der Schwebe geblieben wäre.

Amtsverweser ist nicht stimmberechtigt

Die Verwaltung schlug dem Gemeinderat angesichts der unsicheren Lage am Montag daher vor, Keucher als Amtsverweser einzusetzen. Diese Möglichkeit räumt die Gemeindeordnung in solchen Fällen ausdrücklich ein. Und genau so entschied der Gemeinderat denn auch am Montag einstimmig.

Damit kann Keucher die Funktion des Bürgermeisters in jedem Fall ausüben, auch wenn noch ein Gericht über eine Klage entscheiden müsste. Der Amtsverweser übernimmt die Aufgaben des Bürgermeisters und wird auch so bezahlt. Einziger Unterschied: Er ist im Gemeinderat und in den Ausschüssen nicht stimmberechtigt. Dazu sind nur vom Volk gewählte Vertreter berechtigt – und genau das ist ein Amtsverweser eben nicht.

Ob eine Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes eingereicht wurde, musste bei Redaktionsschluss noch offen bleiben. Dem Verwaltungsgericht in Freiburg lag wenige Stunden vor Ablauf der Frist am 31. Januar um 23.59 Uhr noch keine Klage vor.