Gruppenbild mit Olympiatrikot: Links steht der Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß, rechts Landrat Günther-Martin Pauli und in der Mitte das Ehepaar Jens und Gabi Lehmann. Foto: Susanne Grimm

Zum 16. Mal hat die CDU den Tag der deutschen Einheit mit einem Festakt im Lautlinger Schloss gefeiert. Ehrengast war diesmal Jens Lehmann – nicht der Torwart, sondern der Bahnradsportler, zweifache Olympiasieger und CDU-Bundestagsabgeordnete.

Nachdem Thomas Bareiß, der Wahlkreisabgeordnete, die Gäste und allen voran den Kollegen aus Leipzig willkommen geheißen hatte, ergriff Roland Tralmer das Wort – diesmal nicht in seiner Eigenschaft als erster Christdemokrat Albstadts, denn das ist er nicht mehr, sondern als Oberbürgermeister. Er zitierte Winston Churchill, den britischen Kriegspremier, mit den Worten „Die Demokratie ist eine schlechte Staatsform, aber eine bessere gibt es nicht“ und appellierte an seine Parteifreunde, unausgesetzt in diesem Sinne auf das kollektive Bewusstsein der Menschen einzuwirken: „Es ist ein Privileg, in einer Demokratie zu leben.“ Mithin auch ein Privileg, zu wählen oder sich als Kandidat wählen zu lassen. „Wer sein Wahlrecht nicht wahrnimmt, aus welchen Gründen auch immer, läuft Gefahr, dass diejenigen an die Macht kommen, die er als Bürger gar nicht wollte.“

Die Schokolade siehtman ihm nicht an

Wie es ist, in einer als Demokratie deklarierten Diktatur zu leben, davon konnte Jens Lehmann spannende Geschichten erzählen. Er ist Jahrgang 1967 und in der DDR aufgewachsen; zu Ende der 1980er und in den 1990er Jahren war er einer der erfolgreichsten deutschen Bahnradsportler. 1991 war er bei den Radweltmeisterschaften in Stuttgart Mitglied der ersten gesamtdeutschen Mannschaft und wurde damals Weltmeister in der Einer- und Mannschaftsverfolgung. Noch heute ist er eine drahtige Sportlererscheinung, welcher der tägliche Schokoladenkonsum nicht anzusehen ist. Und er ist Sachse – mit dem Aneignung der schwäbischen Selbstcharakterisierung „Wir können alles, außer Hochdeutsch“ brachte er die Lacher gleich am Anfang auf seine Seite.

Wie war das damals? Es sind vor allem die kleinen Anekdoten und Beobachtungen, die den Reiz von Jens Lehmanns Betrachtungen ausmachen. Ein Beispiel: die erste Einkaufserfahrung nach der Wende in einem Elektrogeschäft in Stuttgart. Er hatte sich, davon ausgehend, dass im Westen alles zu haben sei, den im Osten üblichen Frageeinstieg - „Haben Sie....“, der in der Regel mit „Haben wir nicht„ quittiert wurde, verkniffen und den Satz mit „Ich möchte gerne...“ eröffnet. Die Antwort verblüffte ihn: „Haben wir nicht!“

Jens Lehmann (links) mit dem Albstädter CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Steffen Conzelmann und dem Wahlkreisabgeordneten Thomas Bareiß (rechts) Foto: Susanne Grimm

Den 9. November 1989 hat er am Fernseher erlebt – ausgerechnet in Tunesien. „Zufällig“ habe er damals nächtens den Fernseher eingeschaltet und Leute auf einer Mauer sitzen sehen, die ihm bekannt vorkam. 130 000 Leute waren auf der Straße: „Unvorstellbar!“ Im Nachhinein weiß Lehmann, dass damals alles auf Messers Schneide stand. Das Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking lag wenige Monate zurück; dass diesmal nicht geschossen wurde, wertet Lehmann rückblickend als ungeheuren Glücksfall – im Politbüro habe wohl niemand so richtig gewusst, was zu tun war. „Mit Putin hätte es das nicht gegeben.“

Die Deutschen hatten unfassbares Glück

Dass die Deutschen unfassbares Glück hatten, das hat Jens Lehmann verinnerlicht – und versucht anderen, die anderer Meinung sind, seine Sicht der Dinge zu vermitteln. Als Leipziger Stadtrat und Abgeordneter sucht er gezielt das Gespräch mit unzufriedenen Bürger und erinnert sie daran, was 1989 und davor war. „Leipzig war total kaputt – schaut euch an, wie es heute aussieht!“ Auch andere Städte und Regionen hätten von der Wende profitiert, man müsse es immer wieder laut sagen. Gewiss, Lehmann macht kein Hehl daraus, seien auch Fehler gemacht worden, und es gebe weiterhin viel zu tun. Aber das ändere nichts an der Grundtatsache: “Bei mir löst der Gedanke an die deutsche Einheit immer noch Riesenglücksgefühle aus.“

Foto: Susanne Grimm

Abschließend präsentierte der Leipziger sein Olympiatrikot und seine Goldmedaille, die natürlich jeder, auch Landrat Günther-Martin Pauli, sehen wollte. Für den musikalischen Rahmen des Festaktes sorgten ein Albstädter Geschwisterpaar: Emily Diebold spielte Violine, ihr Bruder Jan Luka Klavier.