So könnte das Tunnelende bei der Esso-Tankstelle einmal aussehen. Grafik: Stadt Calw

Realisierung von Calws wichtigstem Straßenbauprojekt wohl erst 2025 oder später. Kreisel am Adlereck vorgesehen.

Calw - Der geplante Calwer Tunnel ist das wohl mit Abstand wichtigste Straßenbauprojekt der Hesse-Stadt. Maike Wrede vom Regierungspräsidium Karlsruhe hatte in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats allerdings weniger gute Nachrichten im Gepäck: Bis der Tunnel gebaut wird, dürften noch Jahre vergehen. Wie viele genau, ist völlig unklar.

Eine lange Geschichte liegt mittlerweile hinter dem Calwer Tunnel: Bereits im Jahr 2003 wurde das Projekt als "Maßnahme des vordringlichen Bedarfs" in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. 2016 wurde diese Einstufung nochmals bestätigt. Maßnahmen, die in dieser Kategorie geführt werden, werden als erste finanziert, gebaut und weisen ein überdurchschnittliches Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Landesweit steht das Projekt auf Platz eins der Tunnelmaßnahmen an Bundesfernstraßen.

Vorgeschichte

Hinter den Kulissen ist in all der Zeit viel geschehen. Ursprünglich war vorgesehen gewesen, nicht nur ein Durchfahrt vom Adlereck zum Badischen Hof neben der Esso-Tankstelle zu bohren, sondern auch eine Abzweigung im Bereich des ZOB und damit Richtung Innenstadt zu schaffen. Unter anderem aus Sicherheitsbedenken wurde dies jedoch im Jahr 2012 wieder verworfen.

Die Planung wurde daraufhin überarbeitet und die Voruntersuchung im März 2015 an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in Bonn übergeben. Die Genehmigung erfolgte im Mai 2017.

Verkehrsmengen

Im Sommer 2018 stellte das Büro Modus Consult aus Karlsruhe ein Verkehrsmodell fertig. Demzufolge belasten rund 19 400 Fahrzeuge pro Tag die Bischofstraße; die nördliche Bahnhofstraße (vom Adlereck zum ZOB) sogar rund 22.400 Fahrzeuge – mit einer erheblichen Belästigung von Bevölkerung und Gebäuden. Und die Verkehrsmengen werden bis zum Jahr 2035 wohl weiter zunehmen – auf 23.000 in der Bischofstraße und mehr als 26.000 für die nördliche Bahnhofstraße, heißt es in der Prognose. Für das Jahr 2035 könnten im Tunnel rund 22.500 Fahrzeuge pro Tag gebündelt werden.

Doch auch der Tunnel allein werde die Verkehrsströme in Zukunft voraussichtlich nicht fassen können, heißt es in der Sitzungsvorlage. Wichtig sei daher, auch die Planungen für die Südostumfahrung, die vom alten Bahnhof den Berg hinauf bis zur Kurve beim Calwer Landratsamt führen soll, voranzutreiben.

Mit in die Kalkulation einbezogen – um auch dort Rückstau und Verkehrsbelastungen zu vermeiden – wurde bei den Berechnungen übrigens auch der Bereich der Mohnspange (die Abzweigung zum City Center) einbezogen.

Zeitplan

Wann der Calwer Tunnel nun wirklich gebaut wird, ist derzeit übrigens noch völlig unklar. Maike Wrede vom Regierungspräsidium Karlsruhe räumte ein: Eine seriöse Prognose lasse sich derzeit keine geben. Fest stehe nur, dass der Vorentwurf spätestens zum Ende des ersten Quartals 2020 stehen soll. Erst danach werde damit begonnen, die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren zusammenzustellen, was bis Mitte 2021 dauern dürfte. Das Planfeststellungsverfahren selbst dauere dann nochmals ein oder zwei Jahre.

Gebaut werden kann dann aber noch immer nicht – zumindest nicht sofort. Denn erst, wenn das Verfahren abgeschlossen ist, kann auch beispielsweise der nötige Grunderwerb getätigt werden.

Verzögerung

Über diese Zeitschiene wunderte sich unter anderem Philipp Koch (Neue Liste Calw) in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Alle Jahre wieder berichte jemand aus dem Regierungspräsidium über das Projekt, nenne neue Zahlen, neue Termine – und das Projekt verschiebe sich immer weiter nach hinten, obwohl es für Calw doch so wichtig sei. "Ich versteh’s nicht", ärgerte sich Koch.

Wrede erwiderte, dass Calw hierbei kein Einzelfall sei. "Alle Projekte dauern inzwischen so lange", erklärte sie. Planungen würden immer anspruchsvoller, die geforderten Unterlagen immer umfangreicher. Beispielsweise arbeite sie seit dem Jahr 2009 an einem Projekt, bei dem vier Rettungstreppenhäuser für einen Tunnel errichten werden müssen. Erst in diesem Jahr sollen diese auch tatsächlich gebaut werden. Ein Problem dabei sei nicht zuletzt, dass es den Behörden an Fachpersonal mangele; viele Projekte blieben liegen, weil niemand da sei, der sich darum kümmern könne.

Kreisverkehr

Neu war für das Gremium auch der Plan, einen Kreisverkehr am Adlereck zu schaffen. Hintergrund dieser Maßnahme ist die Einfahrt in die Lange Steige. Schon heute sei dies verkehrstechnisch problematisch und ein Unfallschwerpunkt – zumindest, was die Linksabbieger angehe, die Richtung Innenstadt fahren.

Am Tunnelportal Süd (bei der Bushaltestelle Linde) soll daher eine große Ampelkreuzung entstehen; die bisher bestehende am Adlereck dann durch einen Kreisverkehr ersetzt werden. Direktes links Abbiegen wird dann nicht mehr möglich sein; wer in die Lange Steige will, muss dann eine Runde durch den Kreisverkehr drehen und sozusagen umkehren.

Die Kosten für diese Maßnahme werden – außer jenen für die erforderlichen Gehwege – komplett vom Bund getragen.

Ein Kreisverkehr am anderen Tunnelende, also bei der Esso-Tankstelle, sei dagegen nicht möglich, hier bleibe die Ampelkreuzung bestehen. Dies sei nötig, weil es bei einem Rückstau in den Tunnel sonst keine Steuerungsmöglichkeit gebe.

Gartenweg

Ein weiteres Problem sah schließlich noch Bernhard Stopper (Neue Liste Calw). Denn wenn der Tunnel wie geplant gebaut werde, müsse die Hengstetter Steige von der Stuttgarter Straße abgeschnitten werden. Eine Anbindung der dort lebenden Menschen über den Gartenweg sei aber schwierig, da vor allem große Fahrzeuge wie Lastwagen kaum durchkommen würden. Insofern müsse hier nochmals umgeplant werden, meinte er. Dem erteilte Wrede aber eine Absage: "Da ist nichts mehr möglich", erklärte sie. Für diesen Tunnel gelte dasselbe wie für alle anderen – "irgendwo muss er anfangen und irgendwo muss er enden". Eine Alternative gebe es nicht mehr.

Stopper forderte, dann müsse aber etwas mit dem Gartenweg geschehen, was Wrede eher als kleineres Problem betrachtete. Wenn alles andere klar sei, "dann kriegen wir das auch noch in den Griff", versicherte sie zuversichtlich.

Beschluss

Am Ende folgte das Gremium einstimmig der Beschlussempfehlung, den Sachstand zur Kenntnis zu nehmen und dem Umbau der Ampelkreuzung am Adlereck zu einem Kreisverkehr zuzustimmen – auch, wenn die Stimmung angesichts der langen Zeitschiene nicht die beste war. "Jetzt hoffen wir halt mal, dass es deutlich schneller geht", versuchte Oberbürgermeister Ralf Eggert abschließend noch etwas Optimismus zu verbreiten.