Tobias Kammerer stellte in Hausen sein neues Buch vor. Foto: Marcel

Tobias Kammerer ist Künstler aus Leidenschaft. Eines seiner Werke nahm zwölf Jahre in Anspruch. In Hausen stellte er sein neues Buch vor und gab Einblicke in sein Schaffen. Dabei gibt es auch immer wieder Hindernisse zu überwinden.

Von historischen Denkfehlern und diebischen Zöllnern. Künstler Tobias Kammerer stellte in Hausen sein neues Buch „... von der Poesie der Farben“ vor.

Die Kunst war in das kleine Café „Fritz&Fridda“ in Hausen eingekehrt. Inhaber und Vorsitzender des Vereins „Prima Hausen“, Dominik Jauch, freute sich über die zahlreichen Gäste. Sie wurden von Rita Efinger-Keller und Ralf Trouillet mit Flöte, Gitarre und Gesang unterhalten.

Entwürfe von Kammerers Kirchenausmalungen hingen schon eine Weile an den Café-Wänden. Dieses mal gab es viele spannende Hintergrundgeschichten dazu.

Aus künstlerischer Familie

Kammerer erzählte zunächst von seinem Vater. Er hätte Rottweil in den 50er-Jahren ziemlich grau erlebt. Damals durfte er recht frei, viele Häuser bemalen. Das Denkmalamt mischte sich erst später ein. Der junge Kunststudent wurde sei von seinen Lehrmeistern Arik Brauer, Friedensreich Hundertwasser und Josef Mikl in Wien, inspiriert. Allesamt hatten sie die Leidenschaft, Farbe in die Architektur zu bringen.

Steingraue Gebäude als Reminiszenz an die Antike sind, laut Kammerer, ein historischer Denkfehler. Man wäre angesichts von farbloser Akropolis und Co. davon ausgegangen, dass diese seither so waren. Hingegen seien sie so bunt gewesen, wie es die damalige, auf Kalk, Mineralien und Quark basierender Farbpalette, hergab.

Kammerer erläuterte, bunt bemalte Kirchen mit kunstvollen Ornamenten seien erst später „verweißlicht“ worden.

„Weiße“ Gotteshäuser

Die Notwendigkeit, in Zeiten der Industrialisierung, schnell viel Wohnraum zu schaffen, sei ein Grund gewesen. Zum anderen das Bauhaus mit seinen klaren Strukturen. Eine Luftaufnahme eines Neubaugebiets zeigte eine neue Version der klassischen Moderne. Gänzlich in grau und weiß.

Dann gab es noch die Nationalsozialisten mit ihrer monumentalen Verehrung der Antike, die die Künstler und Architekten der Nachkriegszeit ablehnten. Schlichtheit hätte Einzug in die Gotteshäuser genommen. Kammerer und sein Team hätten oft unter der weißen Farbe bunte Bemalungen herausgekratzt.

Diebische Zöllner

Er selbst brachte neue Farben in unzählige Kirchen. Für die längste Arbeit half der Künstler zwölf Jahre in Odessa, die zerstörte St. Pauls-Kirche wieder aufzubauen und farbig zu gestalten. Dafür kamen extra barocke Heiligenfiguren, geschmückt mit Gold, aus der Diözese Regensburg. Der ukrainische Zoll jedoch habe das Gold, konfisziert. Die Figuren, nun einiges schlichter, bekamen ihren Platz in Odessa.

Tobias Kammerer erzählte auch von der schwierigen Aufgabe, riesige Gemälde in hohe Gewölbe zu malen. Die Arbeit funktioniere meist nur mit künstlichem Licht, deshalb fehle der Überblick.

Es sei kein Problem, die kleinen Entwürfe in die passende Größe zu übertragen. Sie aber in den genauen Farben und Schattierungen aufzutragen schon. Es gelang Kammerer immer wieder, barockes Himmelsgefühl in zuvor weiß angestrichene Gewölbe zu zaubern.

Kammerer liebe das Gesamtkunstwerk, wenn er neben den Ausmalungen auch Altäre, Ambo und anderes gestalten dürfe.

Ringen um den Engel

Eine weitere Geschichte durfte nicht fehlen: die von der Rottweiler Friedhofskapelle. Trotz eines gefundenen Sponsors, hätte Kammerer vier Jahre lang auf die Genehmigung warten müssen. Der Sponsor hätte inzwischen sein Geschäft aufgegeben. Der Professor, der die Fenster der Kapelle gestaltete, war gestorben. Tobias Kammerer saß nach seinem schweren Sturz im Rollstuhl. Dennoch nahm er das Projekt in Angriff, das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Dass es dann sogar noch mit dem Engel auf dem Vorplatz klappte, freue den Künstler heute noch. Für den Engel sei zunächst eine weniger prominente Stelle vorgesehen gewesen. „Glücklicherweise“ sei das Aufstellen von höchster Stelle verboten worden. Heute steht er prominent gleich am Friedhofseingang. Manchmal geschehen Wunder.

Das Buch „...von der Poesie der Farben“ ist im Schnell + Steiner Verlag erschienen Es kostet 59 Euro und ist in der Buchhandlung Klein in Rottweil erhältlich. Eine weitere Buchvorstellung gibt es am 15. Juli um 17 Uhr am Oberrotenstein bei Hausen.