Wird den Elektroautos im Notfall zuerst der Stecker gezogen? (Symbolfoto) Foto: Florian Schuh/dpa

Um einen Stromengpass und damit den Blackout zu vermeiden, werden im Notfall Energieverbraucher vom Netz genommen. Was aber passiert mit den Ladestationen für Elektroautos? Wird die eigene Wallbox in der Garage ebenfalls frühzeitig von den Netzbetreibern abgeschaltet, um den drohenden Ausfall zu stoppen?

Diese Frage stellt sich, seit die Angst vor "zu wenig Strom" zunimmt - parallel aber immer mehr Elektroautos zugelassen werden. Nachgefragt bei der NetzeBW, dem größten Verteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg, gibt es jedoch Entwarnung für E-Auto-Fahrer.

Stromzapfsäulen gehen nur mit Spezialvertrag offline

Egal ob großer Schnelllader (HPC) mit bis zu 350 Kilowatt (kW) Ladeleistung oder kleine Ladestation mit 11 kW in der heimischen Garage: Wenn eine Überlastung des deutschen Energiesystems drohe, werden laut der Sprecherin des Netzbetreibers nur Anlagen "mit speziellem Vertrag" abgeschaltet. Also nur, wenn es bereits im Vorfeld so vereinbart wurde, können Stromzapfsäulen kurzfristig deaktiviert werden. Dafür wird bei Kunden, die ihre Lademöglichkeit den Kapazitäten des Stromnetzes anpassen lassen, eine sogenannte Rundsteuertechnik eingebaut, die es nur für diese speziellen Stromtarife gibt. 

Stand heute hat man "keine standardisierte Möglichkeit, um an Ladestationen aus der Ferne Leistungsreduzierungen" vornehmen zu können. Wie die Sprecherin weiter erläutert, gebe es zum einen keinen technischen Standard für die Fernsteuerung durch Netzbetreiber. Zum anderen fehle ein passendes Recht, welches die "netzdienliche Steuerung" von Ladestationen - also die Möglichkeit des Eingriffs seitens des Netzbetreibers - allgemein regelt. 

Und wie steht es um öffentliche Ladesäulen in der Region, wie zum Beispiel im Parkhaus Calwer Markt? Wie der E-Auto-Carsharer und Ladestationsbetreiber "deer" aus Calw auf Nachfrage erklärt, seien die Anlagen zwar steuerbar, "jedoch nicht vom Netzbetreiber". Damit hat der örtliche Netzbetreiber, in diesem Beispiel die Energie Calw, also keinen Zugriff und kann diese somit auch nicht abschalten.

Netzdienliche Steuerung möglich, aber "wenig attraktiv"

Zwar ermögliche der aktuelle Rechtsrahmen für Nutzer, die ihre Ladestation je nach Bedarf abregeln oder abschalten lassen, ein billigeres Netzentgelt. Doch diese freiwillige netzdienliche Steuerbarkeit sei "wenig attraktiv", wie die NetzeBW an einem Beispiel vorrechnet.

Der dafür zusätzlich notwendige Stromzähler und das Steuergerät kosten im Jahr 20 Euro. Für den Strombedarf eines Beispiel-Elektroautos rechnet die NetzeBW mit einem angenommenen Verbrauch von 18 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Damit würden bei einem Heimlader und einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern rund 2700 kWh benötigt. Unter der Annahme eines um rund zwei Cent billigeren E-Mobilitätstarifs und nach Abzug der zusätzlichen Kosten läge die Ersparnis also bei nur 34 Euro im Jahr. 

Zustand selbst erkennen dank Netzfrequenz

Anhand kleiner Änderungen der Netzfrequenz, welche im Normalfall 50 Hertz beträgt, lässt sich der Zustand des Stromnetzes erkennen. Und auch Ladestationen könnten so zukünftig auslesen, ob "zu viel" oder "zu wenig" Strom im Netz ist und entsprechend selbst auf die Auslastung reagieren. Sei es durch langsameres Laden oder einen Abbruch des Ladevorgangs.

Seitens der NetzeBW heißt es dazu aber, dass "solch ein Verhalten aktuell normativ noch nicht eingefordert" werde. Dies sei "zukünftig aber denkbar und auch schon in Diskussion".