Barbara Hausmair leitet die Ausgrabungen auf dem ehemaligen Gelände des KZ Bisingen. Foto: Kauffmann

Ehemaliges KZ-Gelände wird archäologisch untersucht. Sechs Wochen für Arbeiten vorgesehen.

Bisingen - Die Ausgrabungen auf dem ehemaligen Gelände des KZ Bisingen haben am Montag begonnen. Wir haben Barbara Hausmair von der Landesdenkmalpflege vor Ort gefragt, welche Ergebnisse sie erwartet – und was danach mit dem Gelände passiert.

"Wenn Sie auf die Wiese schauen, sehen Sie nichts", sagt Barbara Hausmair, als sie beim Vor-Ort-Termin mit dem Finger die Richtung anzeigt. Doch schon im vergangenen Jahr sei der Boden geophysikalisch untersucht worden: Das habe sichtbar gemacht, was Betrachter mit bloßem Auge nicht erkennen. "Wir erwarten, Reste von Baracken und Fundamenten zu finden", so der Ausblick von Hausmair, die die Ausgrabungen leitet.

Das Areal sei sehr feucht: Deshalb ist nicht ausgemacht, dass die Untersuchungen ein umfassendes Bild von dem geben, was sich derzeit noch in der Erde befindet. Im Laufe der kommenden sechs Wochen wird die Wiese Stück für Stück umgegraben.

Warum aber wird gerade in Bisingen gegraben? Hausmair: "Der Lagerkomplex Natzweiler hat schätzungsweise 35 Außenlager gehabt, unter anderem in Bisingen, und viele davon kann man nicht mehr archäologisch erforschen." Die "Verlustrate der archäologischen Überlieferung der Außenlager ist sehr hoch", weil die jeweiligen Areale oftmals überbaut oder für Untersuchungen kaum zugänglich sind. Dagegen ist in Bisingen die Fläche, auf der man ausgraben kann, gut zu erreichen.

Und noch einen Vorzug biete die Kirchspielgemeinde: Die Geschichte des ehemaligen KZ sei "historisch sehr gut erforscht", viele Details seien bekannt. Orientierung bieten auch Luftaufnahmen des ehemaligen KZ-Geländes. Offizielle Baupläne des Lagers von Bisingen sind jedoch nicht bekannt. Die Ausgrabungen sind die ersten in einem ehemaligen NS-Zwangslager in Baden-Württemberg (siehe Info).

Die geophysikalischen Voruntersuchungen haben bereits einen sprichwörtlich tiefen Einblick gegeben – und damit erste Hinweise, wo es sich zu graben lohnt. Im abgesteckten Feld, das an diesem Dienstagvormittag von sechs Helfern mit dem Spaten vorsichtig ausgegraben wird, deutet die Leiterin der Ausgrabungen auf eine helle Stelle im Boden. Als Laie würde man es übersehen, Hausmair interpretiert: Es könnte die Latrine sein. Ein erstes Fundament zeigt sich.

Sie erklärt das Vorgehen: "Wir machen kleinere Flächen auf und erweitern die Ausgrabungen systematisch." Die Arbeiten sollen Rückschlüsse auf den Alltag im Lager ermöglichen. Dieses wurde zum Ende des Zweiten Weltkrieges sehr kurzfristig erbaut: "Wie viel Energie hat man da reingesteckt? Merkt man an den baulichen Einrichtungen, dass das Lager so kurzfristig genutzt wurde?" – auch darüber erwartet Hausmaier Aufschluss.

Vom Prinzip her mache die Archäologie nichts anderes als das, was der Gedenkstätten-Verein mit der Forschung in Archiven und Zeitzeugeninterviews geleistet hat: "Geschichte wird fragmentiert überliefert und ist teils abhängig von der Perspektive. Wir erforschen die materielle Überlieferung. Es ist eine zusätzliche Schicht, die das Bild von den Geschehnissen weiter verdichtet."

Und was passiert nach den Ausgrabungen? Dann wird die Wiese wieder in ihren Urzustand versetzt und die Löcher zugeschüttet, zumal das Gelände verpachtet sei. Zu sehen bleibt von den Ausgrabungen auf Dauer daher nicht viel. Außer Fundstücke: Diese könnten auf Wunsch im Bisinger KZ-Museum ausgestellt werden – falls in der Erde welche verborgen sind.

Info: Ausgrabung in Bisingen

Untersucht wird das ehemalige KZ-Gelände in Bisingen vom Landesamt für Denkmalpflege. Durch die Ausgrabungen sollen der Erhaltungszustand der archäologischen Hinterlassenschaften festgestellt und durch erwartete Funde ein Einblick in den Alltag der Häftlinge gewonnen werden. Untersucht werden weitere Lager des KZ-Komplexes Natzweiler, der Beginn dafür ist in Bisingen. In der Nähe der Wiese hat das Landesamt für Denkmalpflege eine Info-Tafel aufgestellt, die Besucher über die Ausgrabungen informiert.