Einfache Masken (Symbolbild) hat das Land an Lehrkräfte verteilen lassen – nicht aber geprüfte FFP2-Masken. Foto: Gollnow

Gesamtelternbeirat schreibt offenen Brief. Kritik: Schlecht vorbereitet auf zweite Welle.

In einem offenen Brief wendet sich der Gesamtelternbeirat der Schulen in Albstadt mit zehn weiteren Elternvertretungen in Südwestdeutschland an die Landesregierung Baden-Württemberg: Es geht um Lösungen in der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie.

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Albstadt - Nicht nur, aber auch die Forderung der baden-württembergischen Kultusministerin Susanne Eisenmann Ende Dezember nach Öffnung von Schulen und Kitas, unabhängig von Infektionszahlen, war Anlass für den offenen Brief, den Vorsitzender Jürgen Langenkämper für den Gesamtelternbeirat Albstadt unterzeichnet hat.

Darin stellen die Gesamtelternbeiräte Albstadt, Stuttgart, Freiburg, Ludwigsburg, Mannheim, Karlsruhe, Lahr, Ettlingen, Weinsberg und Heilbronn sowie die Mannheimer Elterninitiative "Jetzt an unsere Kinder denken" nicht nur Forderungen auf – sie liefern vor allem konkrete Verbesserungsvorschläge und führen wissenschaftliche Studien an, die den Einfluss von Kindern auf die Verbreitung des Coronavirus zeigten.

Forderung: "Mit einer Stimme sprechen"

"Aus eigenen Erfahrungen" berichten die Eltern, "dass symptomlose oder symptomarme Kinder seit langem nicht mehr umfänglich getestet werden, wenn ein Infektionsfall in der Schule auftritt". Im Idealfall werde die ganze Klasse in Quarantäne geschickt, üblicherweise aber nur einige Kinder. Der "Testwille" bei Kinderärzten sei "teilweise sehr zurückhaltend ausgeprägt", so die Eltern: "Wir sind erschüttert, wie Warnungen und Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) scheinbar ungehört verhallen – und das nicht erst jetzt."

Deshalb fordern die Unterzeichner die Politik auf, mit einer Stimme zu sprechen und zu agieren – in Bund und Ländern – und alle Informationen zum richtigen Verhalten sowie im Infektionsfall in leicht verständlicher Sprache und anderen Muttersprachen zur Verfügung zu stellen: "Die Eindämmung der Pandemie hängt sehr vom Verstehen aller ab."

Sie fordern zur vorausschauender Planung und frühzeitiger Kommunikation auf, in die alle am Schulleben Beteiligten eingebunden werden müssten. Unterricht sei örtlichen Inzidenzen anzupassen, mit regelmäßigen Test zu begleiten und die Wissenschaft, vor allem das RKI, ernst zu nehmen. Weil Alltagsmasken nicht dem Eigen- sondern nur dem Fremdschutz nutzten, müssten Anweisungen angepasst und für Lehrer FFP2-Masken verteilt werden. Auch kontinuierliche Qualitätskontrollen sämtlicher Schutzmasken, wie von Eisenmann gefordert, seien nötig, ebenso wie Maskenpflicht im Unterricht bei entsprechender Inzidenz und "konsequente Kohortierung": "Klassen, die vormittags getrennt sind, dürfen nachmittags nicht neu gemischt werden."

Schlecht vorbereitet auf die zweite Welle

Deutlich kritisieren die Eltern schlechte Vorbereitung auf die zweite Welle im Hinblick auf technische Unterstützung. Dass die in Baden-Württemberg verwendete Lernplattform "Moodle" im Frühjahr plötzlich überlastet gewesen sei, nennt Langenkämper im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten als Beispiel. "Doch mit den Erfahrungen aus dem ersten Lockdown hätte man für den zweiten die Kapazitäten ausweiten müssen."

Angesichts der Kosten der Pandemie seien Kommunen und damit Schulträger überfordert. An Eisenmann appellieren die Eltern daher, "sich gemeinsam mit dem Ministerium für Finanzen im Landtag für eine bessere, höhere und unbürokratischere Förderung der Kommunen für die Bildungseinrichtungen einzusetzen", so dass Schülern ohne digitale Infrastruktur zu Hause mobile Endgeräte und Datenpakete zur Verfügung gestellt werden könnten: "Da die Schere der Bildungsgerechtigkeit immer weiter auseinander geht, ist hier dringender Handlungsbedarf." Für digitale Endgeräte müsse Lernmittelfreiheit gelten, um Chancengleichheit zu gewährleisten.

Ausdrücklich bedauern die Eltern, dass die in Schulen erarbeiteten Konzepte für Fern-, Wechsel- und hybriden Unterricht angesichts der frühen Schließung vor Weihnachten nicht erprobt und die Mängel beseitigt werden konnten. Städte mit Hochschulen – laut Langenkämper kam der Vorschlag aus Stuttgart, Freiburg und Mannheim – könnten dort leerstehende Räume nutzen, um Präsenzunterricht zu entzerren.

Deutlich betonen die Unterzeichner: "Sollten die Gegebenheiten der Pandemie irgendwelche Öffnungen ermöglichen, erwarten wir selbstverständlich, dass prioritär über Kindergärten und Schulen diskutiert wird und andere Bereiche erst im Nachgang geöffnet werden."

Nicht zuletzt fordern sie eine Überarbeitung des aktuellen Bildungsplans, langfristig ein neues Bildungskonzept und das Überdenken der Notenpflicht, wobei sie in der aktuellen Situation ein besonderes Augenmerk auf Abschlussklassen und Grundschulempfehlungen werfen.

"Bildung bedarf höchster Priorität auf allen Ebenen", so die Eltern. "Wir bitten Sie inständig um schnelle, wissenschaftsbasierte und zukunftsorientierte Lösungen! Lassen Sie uns diese, uns alle betreffende Krise als Chance nutzen, unsere Schulen im Land endlich zukunftsfähig und innovativ zu gestalten."