Das Landgericht Rottweil residiert in einem Jugendstilgebäude aus dem Jahr 1910. Foto: Elin Kienzl Hinteregger

Berufungsprozess im Falle eines brutalen Angriffs auf einen Mitbewohner in einem Asylwohnheim in Dunningen geht in die zweite Runde. Die Verteidigung pocht auf einen Freispruch, dabei scheint eine abgeänderte Aussage des Opers eine wichtige Rolle zu spielen.

In dem Berufungsprozess von Seiten zweier Angeklagter wegen gefährlicher Körperverletzung, kam am zweiten Prozesstag ein erster Zeuge zu Wort. Der Vorfall liegt bereits fast vier Jahre zurück, im Oktober 2019 soll es zu dem brutalen Angriff in einer Wohneinheit in einer Asylunterkunft in Dunningen gekommen sein. Das Opfer, das behauptet, von den beiden Tätern zehn Minuten lang festgehalten und dabei geschlagen und getreten worden zu sein, hatte eine ärztlich nachgewiesene Nasenfraktur erlitten.

Nach der Verurteilung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung hatten die beiden mutmaßlichen Täter Berufung eingelegt. Am zweiten Tag des Berufungsprozesses wurde klar, welches Ziel die Verteidigung verfolgt: „Wir wollen einen Freispruch“.

Völlig verschieden

Die beiden Angeklagten unterschieden sich nicht nur in ihren Deutsch-Kenntnissen. Während der eine Angeklagte (A) der Verhandlung ohne Probleme folgen konnte, war Angeklagter (B) auf eine Dolmetscherin angewiesen. Angeklagter A betrat den Saal mit gesenktem Kopf und einem zu Boden gerichteten Blick. Er wirkte ängstlich. Laut Verteidiger war er am ersten Prozesstag bereits vom Stuhl gekippt. Angeklagter B hingegen betrat den Saal selbstbewusst.

Der erste Zeuge

Von den zwei geladenen Zeugen war nur einer anwesend: der 48-jährige Chef des Angeklagten B. Am Arbeitsplatz sei es zu einem Gespräch gekommen, in dem der Angeklagte ihm von einer „Schlägerei“ berichtet hatte, sagte der Zeuge aus.

Er habe seinen Mitarbeiter daraufhin wiederholt gefragt, ob diese Auseinandersetzung denn nötig gewesen sei. Als „Ausländer“ – der 48-Jährige betitelte sich selbst so – wisse er, dass man sich das in Deutschland nicht leisten könne. Über die Tat an sich konnte der Chef nichts sagen, er stellte lediglich zum Angeklagten B fest: „Er ist eine ruhige Person, macht seine Arbeit und geht nach Hause. Ich kann über ihn nicht schlecht sprechen.“

Kommt es zum Freispruch?

Nachdem der Zeuge den Saal verlassen hatte, herrschte Unklarheit darüber, wie es nun weitergehen sollte. „Wir wollen einen Freispruch“, ruft einer der beiden Verteidiger in Richtung Staatsanwalt. Daraufhin fügte er hinzu, dass es da wohl eine abgeänderte Aussage von Seiten des Opfers gäbe, nachdem die Verteidigung ihn mit Ungereimtheiten konfrontiert hatte.

Nach einer ersten Aussage sei das Opfer zehn Minuten lang festgehalten und geschlagen worden. Die Verteidiger machten ihn darauf aufmerksam, dass die Nasenverletzung dafür aber sehr geringfügig sei, plötzlich sprach er von fünf Minuten.

Ob diese abgeänderte Aussage für einen Freispruch ausreicht, bleibt abzuwarten. Der Richter beschloss nach der Befragung kurzerhand, einen neuen Termin festzulegen, denn es müssten noch zwei weitere Zeugen angehört werden. Es bestehe für Anklage und Verteidigung aber jederzeit die Möglichkeit, sich zu einigen, erinnerte der Richter.

Fortgesetzt wird der Berufungsprozess am Freitag, 21. Juli, ab 9 Uhr.