Zwischen Ober- und Unterjettingen könnte in noch ferner Zukunft eine Stadtbahn die Oberjettinger Straße kreuzen. Foto: Priestersbach

Bereits im Kaiserreich Ende des 19. Jahrhunderts gab es Pläne für eine Schienenverbindung von Nagold über Jettingen nach Herrenberg – die aber nie verwirklicht wurden.

Jetzt werden in den Landkreisen Böblingen und Calw neue Planspiele mit mehreren Trassenvarianten diskutiert. Im Zusammenhang mit der angestrebten Mobilitätswende und mit Blick auf entsprechende Fördertöpfe von Bund und Land hat das Thema Schienenverbindung von Nagold ins Gäu wieder an Fahrt aufgenommen.

 

Dem Jettinger Gemeinderat wurden in dieser Woche die ersten Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorgestellt, in der verschiedene Verkehrssysteme sowie mehrere Trassenvarianten auf ihre verkehrlichen Potenziale hin verglichen wurden. Nach den Sommerferien legen die Landkreise Böblingen und Calw zusammen mit dem Verkehrsministerium in Stuttgart fest, welche Varianten vertieft untersucht werden.

„Wir stehen da ganz am Anfang“

„Wir stehen da ganz am Anfang“, machte Bürgermeister Hans Michael Burkhardt deutlich, dass es zudem noch offen sei, ob die Schienenverbindung überhaupt realisiert werde. Wenn ja, wäre es nach Ansicht des Jettinger Rathauschefs ein „Jahrhundert-Infrastruktur-Projekt“ – verbunden mit Chancen für die nächste Generation, aber auch mit entsprechenden Eingriffen. Wie Burkhardt in Erinnerung rief, hatte man sich vor rund 20 Jahren im Flächennutzungsplan bereits auf eine mögliche Trassenführung auf Jettinger Markung verständigt.

Untersucht wurde auch eine Magnetschwebebahn

Untersucht wurden vom Verkehrswissenschaftlichen Institut (VWI) aus Stuttgart elf mögliche Varianten - unter anderem der Neubau einer Direktverbindung über Jettingen als Stadtbahn, S-Bahn oder einer speziell für den Nahverkehr weiterentwickelten Magnetschwebebahn. Daneben wurden in der Machbarkeitsstudie noch Metropolexpressvarianten sowie Verbesserungen des Busangebots beleuchtet. Die drei erfolgversprechendsten Varianten sollen nun in einer zweiten Stufe auf ihre bauliche Machbarkeit und das Nutzen-Kosten-Verhältnis untersucht werden.

Wie Patrick Wernhardt vom VWI dem Jettinger Gemeinderat erläuterte, werde unter den vier denkbaren Stadtbahnvarianten die schnellere Streckenführung über Haslach (UV1) auch mit Blick auf die Kosten als aussichtsreichste Variante eingestuft. Die S-Bahn- Variante habe zwar die höchsten verkehrlichen Wirkungen, aber mit Blick auf die notwendige Tunnelstrecke zwischen Nagold und Jettingen auch die mit Abstand höchsten Kosten. Dennoch soll diese Variante weiter untersucht werden.

Sicher in einem dreistelligen Millionenbereich

In Sinne der Technologieoffenheit und der ebenfalls hohen verkehrlichen Wirkungen wird daneben die Magnetschwebebahn nach dem Transportsystem Bögl für den nächsten Schritt empfohlen. Unterm Strich liege jedes dieser drei Schienenprojekte von den Baukosten her sicher in einem dreistelligen Millionenbereich, so Wernhardt.

In der anschließenden Diskussion gab es neben verschiedenen Sachfragen auch grundsätzliche Statements. So sprach CDU-Rat Hans-Martin Ott von einem vergeblichen Vorhaben und zeigte sich verwundert, „mit welcher Großzügigkeit auf Jettinger Markung geplant wird“. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass der Gemeinderat die Variante UV1 als Maximum festgelegt hatte. In seinen Augen ist die Planung „in Sachen Flächenverbrauch der Wahnsinn und verantwortungslos“. Wie Jürgen Scheef von den Grünen erwiderte, sei es schon ein Unterschied, ob Flächen für ein weiteres Baugebiet oder für ein innovatives Fortbewegungsmittel verbraucht würden. „Ich wünsche mir, dass es früher oder später kommt“, so Scheef.

„Das ist die Königs-Variante“

„Wir müssen schauen, dass wir der nächsten Generationen Chancen bieten und nicht verbauen“, stellte Bürgermeister Burkhardt fest. In seinen Augen ist die auch im Flächennutzungsplan reservierte Stadtbahn-Trasse UV1 „ohnehin die einzige Variante, mit Aussicht auf Erfolg – denn das ist die Königs-Variante“.