Die defizitäre Siebentäler Therme in Bad Herrenalb soll einer modernen Badelandschaft weichen. Foto: Archiv

In Bad Herrenalb soll Erlebnisbad entstehen. Initiative erreicht Bürgerentscheid. Tourismusstadt oder Wohngemeinde?

 Bad Herrenalb - Das Thema spaltet. Der Riss geht quer durch Familien. In der 7500-Einwohner-Stadt Bad Herrenalb (Kreis Calw) ist ein großes Thermal-, Wellness- und Erlebnisbadprojekt geplant. Es soll eine der modernsten Bäderlandschaften Europas entstehen. Noch bis 1. Dezember haben Gegner und Befürworter Zeit, Überzeugungsarbeit zu leisten. Dann schafft ein Bürgerentscheid Klarheit.

Der heilklimatische Luftkurort hat 16 Millionen Euro Schulden. Siebentäler Therme und Freibad verschlingen jährlich rund eine Million. Im Rathaus steht fest: So kann es nicht weitergehen. Wurden in den 70er-Jahren bis zu 800.000 Übernachtungen gezählt, sind es heute 300.000.

Bürgermeister Norbert Mai spricht von einer zukunftsweisenden Entscheidung. Es gehe darum, ob Bad Herrenalb mit einer neuen touristischen Attraktion seinen Ruf als Kur- und Tourismusstadt festigen und ausbauen kann, oder ob der Weg hin zu einer Wohngemeinde gegangen werden soll.

Seit der Bürgerinformationsveranstaltung am 22. Juli gibt es nur noch ein Thema in der Siebentälerstadt, die 30 Kilometer südlich von Karlsruhe liegt. Die am selben Abend vorgestellten Ausführungen zum Rahmenplan für die kleine Landesgartenschau 2017 sind vollkommen in den Hintergrund geraten.

Investoren wollen Millionen-Projekt selbst betreiben

Als Investoren, welche die etwa neun Hektar große Schweizer Wiese kaufen wollen, wurden die T.A.S. Vermögensverwaltung und Holding AG aus der Schweiz sowie RJS (Reinhold Josef Schneider) genannt. Die Ausführungen zum Vorhaben im dreistelligen Millionenbereich lauteten: Die mehr als 40 Jahre alte Siebentäler Therme wird abgerissen. Auf dem Areal ist ein Erlebnisbad in der Größenordnung der Bäder "zwischen Titisee-Neustadt und Erding" vorgesehen. Familienorientierter Freizeitbereich mit Rutschen, Therme sowie die Sparten Wellness und Sauna sind baulich miteinander verbunden. Nicht zu vergessen das Hotel mit circa 360 Zimmern. Ein Ärztehaus mit orthopädischer Ausrichtung und Schönheitschirurgie gehört genauso zum Projekt wie ein großes Parkhaus.

Die Investoren wollen das Millionen-Projekt selbst betreiben. Gerechnet wird täglich mit 1800 bis 2000 Besuchern. Von 500 bis 600 Festangestellten und einer noch nicht abschätzbaren Zahl von Teilzeitkräften geht man aus.

Nach der Präsentation des Entwurfs haben besorgte Bad Herrenalber schnell die Bürgerinitiative "Schweizer Wiese" ins Leben gerufen mit dem Ziel, das Vorhaben in der vorgestellten Dimension zu verhindern. Circa 1300 Unterschriften wurden gesammelt und bei der Stadtverwaltung abgegeben.

Rund 6100 Bürger dürfen Kreuzchen bei Ja oder Nein machen

Vorigen Monat stimmte der Gemeinderat geschlossen für einen Bürgerentscheid. Rund 6100 Bad Herrenalber dürfen somit bei der Frage "Soll auf der Schweizer Wiese eine großflächige Erlebnis- und Thermalbadlandschaft mit weiteren gewerblichen Bauten in der öffentlich vorgestellten Dimension errichtet werden?" ihr Kreuzchen bei Ja oder Nein machen. Bei der gut besuchten Gemeinderatssitzung nutzten einige Stadträte die Gelegenheit, sich Luft zu machen. Sie verwahrten sich gegen diskreditierende Äußerungen der Bürgerinitiative. Diese meldet sich immer wieder zu Wort.

Es gibt nicht nur die "Schweizer Wiese", sondern auch Bad Herrenalber, die sagen "Wir sind dafür!"

So will man unter anderem Angaben zur Projektgruppe, zu den rechtlichen Verhältnissen wie zum Beispiel Gesellschaftsform und -kapital oder zur geplanten Vertragsgestaltung zwischen Stadt und Investoren mit Bezug auf Sicherheitsleistungen.

Bislang gibt es nur eine mündliche Absichtserklärung zwischen der Stadt und den Investoren. Eine Hunderte Seiten dicke Machbarkeitsstudie, die unter Verschluss bleibt, liegt den Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats vor.

In ihrer bis dato einzigen Presse-Erklärung teilte die Projektgesellschaft Ende August mit: Die für das Bad Herrenalber Projekt notwendige deutsche Firmenstruktur, bestehend aus einzelnen Betriebs- und Managementgesellschaften, befinde sich im Gründungsstadium. Die T.A.S. Group sei mit der Ausführung und dem Betrieb des Objektes betraut und Miteigentümer. Die Schneider Group, als Investor mit Unternehmungen in der Schweiz sowie in England, den USA und in Hongkong stelle das Kapital für das Objekt zur Verfügung. Die Unternehmungen der Schneider Group seien in den Bereichen Handel, Produktion und Finanzwirtschaft tätig.

Die Geldgeber, die in den vergangenen zwei Jahren bereits einen siebenstelligen Betrag fürs Schweizer-Wiese-Projekt investierten, hatten nach längerem Zögern zwar einen Dialog in Form eines runden Tisches angeboten. Und ein Termin stand bereits fest. Doch da die Bürgerinitiative "Schweizer Wiese" den Bürgerentscheid in die Wege leitete, sieht die Stadtverwaltung im Benehmen mit den Investoren zunächst keinen Grund, einen runden Tisch zu moderieren.

Letztendlich könne nicht über eine Alternativplanung gesprochen werden, da am 1. Dezember nur über die bei der Informationsveranstaltung vorgestellte Dimension entschieden werden dürfe. Zum Treffen wären auch Vertreter der Initiative "Befürworter" eingeladen gewesen. Diese gründete sich im September. Will man doch signalisieren: Es gibt nicht nur die Bürgerinitiative "Schweizer Wiese", sondern auch Bad Herrenalber, die sich freuen, dass es gelungen ist, nach 10 bis 15 Jahren Suche eine aussichtsreiche Investition zu finden. Als erste Aktion wurde unter dem Motto "Wir sind dafür!" ein Banner in der Stadtmitte aufgehängt.

Bis zum Bürgerentscheid wird es noch einige Veranstaltungen geben. Detaillierte Informationen sind auch bald auf der Homepage der Stadt zu finden. Ein Online-Bürger-Forum ist geplant, genauso eine Broschüre.

Da bleibt nur noch zu hoffen, dass sich die Bad Herrenalber, wie von Bürgermeister Mai gewünscht, intensiv und sachlich informieren – fern von Stammtischparolen.