Die Jungfrau von Orleans wacht über die Kapelle der Seligen des Hauses Savoyen. Foto: Eyrich

Eine Nachbildung des Turiner Leichentuchs war nur eine der Attraktionen, die Teilnehmer des kulinarischen Wochenendes in Albstadts französischer Partnerstadt zu sehen bekommen haben.

Chambéry - Die Albstädter und ihre Gastgeber besichtigten die Kathedrale mit ihrer eindrucksvollen Trompe-l-œil-Architektur aus dem 19. Jahrhundert und auch die Ausstellung über das Leichentuch von Turin, die derzeit im Chorumgang gezeigt wird.

72 Jahre lang lag das Original in Chambéry

Chambéry hat ein spezielles Verhältnis zu diesem Leichentuch, das angeblich die Konturen des Körpers und der Physiognomie Jesu Christi bewahrt hat, denn von 1506 an wurde es 72 Jahre lang in der Kapelle des herzoglichen Schlosses aufbewahrt – allerdings offenbar nicht ganz mit der gebotenen Sorgfalt, denn bei einem Brand im Jahre 1532 wurde es in Mitleidenschaft gezogen.

Wie es nach Chambéry gelangt war? Bis 1204 wurde es in Konstantinopel verwahrt; bei der Eroberung der christlichen Stadt durch gleichfalls christliche Kreuzfahrer fiel es in deren Hände und befand sich ein Jahrhundert später im Besitz des französischen Ritters Geoffroy de Charny. Dessen letzte Nachfahrin überließ es 1453 einem Herzog von Savoyen; 1578 zog es mit dem savoyardischen Hof in die neue Hauptstadt Turin um und befindet sich seither dort.

Neue Untersuchungen sind "unabdingbar"

Der Ausstellung zufolge haben Untersuchungen der Blutspuren im Stoff ergeben, dass das Blut teilweise vor, teilweise nach Eintreten des Todes ins Gewebe eintrat – und dass die Blutgruppe AB war. Auch der Stoff selbst ist mit der C14-Methode auf sein Alter untersucht worden; misslicherweise kam dabei heraus, dass das Leichentuch zwischen 1260 und 1390 entstanden sein müsse, also viel zu spät, um das von Jesus zu sein. Die Ausstellungsmacher verweisen jedoch auf der Stellwand darauf, dass Kontaminationen und Verunreinigungen nicht auszuschließen seien und eine neuerliche Untersuchung deshalb "unabdingbar" sei.

Europas größte Illusionsmalerei

Die andere Besonderheit in der 78 Meter langen, 34 Meter breiten und 23 Meter hohen Kathedrale "Heiliger Franz von Sales" ist die Illusionsmalerei – mit 6000 Quadratmetern Fläche die größte in Europa.

Das Bauwerk ruht auf 30 000 Lärchenholzpfählen und stammt aus dem 15. Jahrhundert, wie Stéphane Bousquet, Diakon der katholischen Kirchengemeinde Chambéry, zu berichten wusste. 1488 als Kirche des benachbarten Franziskanerklosters geweiht, wurde sie 1779 zur Kathedrale und nach 1801 unter die Schirmherrschaft des Heiligen Franz von Sales gestellt.

Ein Taufbecken groß wie ein Planschbecken

Bousquet führte die Albstädter und ihre Gastgeber auch zu den 14 Kapellen im Kirchenschiff, von der Taufkapelle mit einem Taufbecken in der Größe eines Kinderplanschbeckens auf der linken Seite bis zur "Kapelle der Seligen des Hauses Savoyen" mit der Statue der Heiligen Johanna von Orleans, auch bekannt als Jeanne d’Arc.

Selbst in die prächtig ausgestattete Sakristei – für Kirchenbesucher sonst nicht zugänglich – führte der Diakon die Gruppe um Hans-Joachim Hofmann, Vorsitzender des Arbeitskreises Chambéry in Albstadt, und seine Frau Birgit Trasser-Hofmann, Vorsitzende der Association Chambéry-Albstadt, die mit dem Übersetzen gar nicht so schnell hinterher kam, wie Bousquet erzählte.

In Chambéry: Sumpf – In Albstadt: Erdbeben

Was Chambéry und Albstadt gemeinsam haben: Erdbewegungen. Dadurch war das Gotteshaus gefährdet gewesen, so dass nachträglich noch Seitenflügel angebaut worden waren, um den Mittelteil zu stützen. Einzig der Grund für die Erdbewegungen in den Partnerstädten divergiert: In Chambéry ist es sumpfiger Boden, auf dem das Gebäude gründet – in Albstadt sind es immer wieder Erdbeben. Ein solches hatte 1911 die Lautlinger Pfarrkirche St. Johannes Baptista so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden musste. An ihrer Stelle steht seit 1913 ein erdbebensicheres Gotteshaus – der erste sakrale Eisenbetonbau der Diözese Rottenburg-Stuttgart.