Die 8000 Jugendlichen in der Region erhalten in den „Arbeitswelten“ Einblick in Firmen und können gleich Kontakte knüpfen.
Einmal virtuell ein Sparschein zerdeppern, auf den Testturm hochfahren oder mit dem Handy kleine Schubladen öffnen, die eigentlich Magnetbänder, hier aber Süßigkeiten enthalten – das alles und noch vieles mehr kann man in den „Arbeitswelten“ im Rottweiler Neckartal machen.
Einmaliges Projekt
Zwei Jahre hat das Team vom Campus Schule Wirtschaft um Christine Schellhorn unzählige Planungs- und Arbeitsstunden investiert, am Freitag war die feierliche Eröffnung im großen Raum direkt über den „Experimentierwelten“.
Hier können Schüler, Studenten und alle anderen Interessierten real und virtuell die teilnehmenden Firmen besuchen und schauen, was hier so gemacht wird. Ein ganz einmaliges Projekt, gemeinsam mit den Experten von VRtual X aus Hamburg entwickelt, mit dem Ziel, dem Fachkräftemangel in der Region entgegen zu wirken.
Zahlreiche Hindernisse
„Es war nicht immer einfach“, so Christine Schellhorn, zahlreiche Hindernisse galt es zu überwinden, „aber wir waren immer zuversichtlich.“ Und auch nicht zimperlich im Austausch miteinander: Die Vertreter von Firmen, Schulen und Hochschulen hatten oft unterschiedliche Blickwinkel, doch im gegenseitigen Respekt, wie Schellhorn betonte, kam am Ende Gutes dabei heraus.
Und es geht weiter, schon gibt es zwei weitere Zusagen, die Halle füllt sich. Auch wird sie sich immer weiter verändern, „in zwei Jahren wird es hier schon wieder ganz anders aussehen.“
Niedrige Hemmschwelle
In die Firmen eintauchen, das können die Jugendlichen hier mit niedriger Hemmschwelle und spielerisch, und wem es in einem Betrieb gefällt, der kann auch mit jemandem dort virtuell in Kontakt treten und sich per Papierflieger vom Turm für eine Stelle bewerben.
„Der Mensch hat das Bedürfnis, über die eigene Welt hinaus und in die Fantasie hinein zu gehen“, schlug Campus-Vorstandmitglied und Schulleiter des Schramberger Gymnasiums, Oliver Porsch den Bogen in die Romantik auch mit einem Zitat des aus Rottweil stammenden Rüdiger Safranski: „Romantik heißt, mehr aus der Wirklichkeit zu machen, als sie unmittelbar bietet.“
Der Wertebaum
In der Mitte des Raumes und den Ständen, an denen sich die Firmen präsentieren, steht der Wertebaum. „Das ist unsere Seele“, wie Christine Schellhorn betonte. „Wir verstehen uns als Wertegemeinschaft.“ So sollen sich hier auch die jungen Besucher damit auseinandersetzen und bei Interesse ihre Gedanken hinterlassen.
Auch für Bernd Villhauer, dem Direktor des Weltethos Instituts in Tübingen, stehen die Werte im Mittelpunkt. Geld, dessen Fließen man nicht sehe, das aufbaue und vernichte, befreien und versklaven könne, dessen Wert aber nur dadurch entstehe, wenn die Menschen daran glauben und das auch Steine, Stoffe, Muscheln sein können oder Zigaretten, wie im Nachkriegsdeutschland. Die Ethik sei dabei, so Villhauer, der Innovationstreiber.
Wahrhaftigkeit, Friedfertigkeit, Gerechtigkeit, „das sind die Wege für morgen.“ Und solche Projekte wie die Arbeitswelten, „die brauchen wir, die braucht unser Land“, nicht die „German Angst“. Klar seien die fetten Jahre vorbei, so Villhauer, „aber wir haben es in der Geschichte immer wieder geschafft.“ Der erste Schritt müsse sein, Lösungen zu suchen. Eben wie hier unten im Neckartal.
Fördergelder für das Projekt
Schließlich überreichte Josef Rack als Vertreter der Leader-Aktionsgruppe Oberer Neckar an Christine Schellhorn und ihre Mitstreiter den Bescheid für die Fördergelder, die in die „Arbeitswelten“ fließen. 300 000 Euro Zuschuss gibt’s, weitere 200 000 Euro haben die Macher selbst zusammenbekommen.
Der Abend klang aus mit zahlreichen Gesprächen und neugierigen Blicken in die virtuellen Firmen-Welten, die musikalische Umrahmung hatten Volker und Nico Bucher mit Horn-Stücken übernommen.