Die Vorfälle nach dem Abpfiff bei der SG Herzogsweiler/Durweiler wurden auf einem Video festgehalten. Foto: Geideck

Mit Ayhan Keser vom TSV Neuhengstett wird wieder ein Schiedsrichter nach Abpfiff bedrängt und verfolgt. Immerhin: Die Szenen in Herzogsweiler werden diesmal auf Video festgehalten. Der betroffene Verein entschuldigt sich, will aber auch rechtliche Schritte gegen den Filmer einleiten.

„Völlig krank“, sagt Benjamin Haug, Obmann der Schiedsrichtergruppe Calw, über das, was seinem Referee Ayhan Keser am Sonntag beim Kreisliga-A-Derby im Fußballbezirk Nördlicher Schwarzwald zwischen der SG Herzogsweiler/Durweiler und der SG Dornstetten passiert war. Nachdem die Gäste in der Nachspielzeit das 1:1 erzielten, brannte bei den Hausherren manch eine Sicherung durch. Keser wurde nach Abpfiff verfolgt und bedrängt – alles zu sehen auf einem Video, das unserer Redaktion vorliegt. Auch einen Faustschlag soll es gegeben haben. Inzwischen wurde bei der Polizei in Althengstett eine Strafanzeige wegen Körperverletzung und Beleidigung gestellt.

Anruf in Schweden

Haug befand sich am Sonntag beruflich in Schweden und erhielt dort einen Anruf von Keser. „Er sagte mir, dass er in der Kabine sitzt und auf die Polizei wartet“, fasst der Obmann das Telefonat zusammen. Er ist wütend: „Wenn ich das Video sehe, hört es bei mir echt auf. Da muss ich mich fragen: Auf welchem Planeten leben wir eigentlich? “

Nur zufällig gefilmt

Reiner Zufall, dass all das überhaupt auf einem Video zu sehen ist. Denn allein aus Gründen der Spielanalyse wurde die Partie gefilmt. Mit Abpfiff sollte das Video eigentlich enden – doch als sich eine Menschentraube formt und aufgebracht auf den Schiedsrichter zubewegt, schwenkt die Kamera doch noch einmal in Richtung Mittellinie. „Ich finde es gut, dass das alles gefilmt wurde“, meint Haug und merkt an: „Die SG Herzogsweiler/Durweiler unternimmt gerade alles, um die Verbreitung des Videos zu verhindern, und faselt etwas von Persönlichkeitsrechten.“

Alles gelogen?

Auf Nachfrage unserer Redaktion sagt Johannes Leibold, Vorsitzender der SG Herzogsweiler/Durweiler: „Der Schiedsrichter wurde weder geschlagen noch gejagt. Dies entspricht nicht den Tatsachen.“ Aber auch: „Wir werden die betroffenen Personen massiv sanktionieren und haben uns auch unabhängig davon beim Schiedsrichter entschuldigt.“ Man sei als Verein entschieden gegen verbale und körperliche Gewalt. Zum Video schreibt Leibold: „Das Video wurde ohne Zustimmung der Spieler und Zuschauer erstellt und verbreitet. Eine Verwendung und Bezugnahme ist rechtlich nicht zulässig und wir werden auch rechtlich dagegen vorgehen.“ Außerdem betont Leibold, dass man als Verein mit Keser schon mehrfach Probleme gehabt habe, weshalb man im Vorfeld des Derbys gegen die SG Dornstetten bei der Schiedsrichtergruppe Calw angefragt haben soll, einen anderen Referee zu schicken.

Schiedsrichter will aufhören

Klar macht Haug, dass Keser, der für den TSV Neuhengstett pfeift, ein erfahrener Schiedsrichter ist, der schon in der Landesliga eingesetzt wurde und in der Oberliga Assistent war. Aktuell leite er etwa 40 Spiele im Jahr. Ob das künftig auch noch so sein wird, weiß der Obmann nicht. „Am Sonntag meinte er zu mir, dass er jetzt am liebsten aufhören möchte. Aber das ist sein Hobby, das will er sich nicht kaputt machen lassen“, sagt Haug und unterstreicht: „Er hat zu Hause eine Frau und zwei Kindern. Der möchte sich nicht vor dem Spiel verabschieden und nicht wissen, ob er abends wieder zurückkommt. Diese Dimensionen müssen wir schnell wieder verlassen. Sonst haben wir irgendwann keine Schiedsrichter mehr.“

Sportgericht ermittelt

Neben der Staatsanwaltschaft beschäftigt sich nun auch das Sportgericht mit den Vorkommnissen und wird wohl eine Sperre aussprechen. Auch dort hat man sich bereits das Video angeschaut.