Bildung: Die Orgel steht Patin für eine außergewöhnliche dreitägige Veranstaltungsreihe – für wirklich alle
"Kultur ist alles, was der Mensch tut, ohne es unmittelbar nötig zu haben", hat Hellmuth Karasek gesagt. Doch sie scheint auf dem Rückzug vor der Hektik der Zeit – höchste Eisenbahn, sie mitten ins Leben zurückzuholen, finden die Macher eines einzigartigen Projekts.
Albstadt-Ebingen. Mit der Orgel allein hat die dreitätige Veranstaltung ab dem morgigen Freitag in der Martinskirche Ebingen nichts zu tun, obwohl sie so heißt: "organ@school2017" – Erfinder Steffen Markt Schwarz übersetzt es mit "Orgel macht Schule" – soll Menschen aller Altersgruppen, Schichten und Bildungshintergründe zusammenbringen. Dir Orgel ist dabei nur Mittel zum Zweck: als Tür- und als Systeme-Öffner.
Immer noch zu abstrakt? Dann eben konkret: Unter dem Motto "Wissen in Resonanz" präsentieren Schüler am Freitag, 7. Juli, ab 18 Uhr Projekte, die sie über einen längeren Zeitraum an der Schlossbergrealschule und dem Gymnasium Ebingen sowie an der Realschule Meßstetten erarbeitet haben. Die einen, Schüler von Ute Leins, nehmen sich Luther vor und übersetzen das, was ihn bewegt hat, in die heutige Zeit, die anderen arbeiten mit verschiedenen Darstellungsformen und lesen unter anderem aus einem Original von Luthers "Tischreden" aus dem Jahr 1576, was "sehr humoristisch" zu werden verspreche, wie Musiklehrer Christoph John verrät.
Ausgehend von der Übersetzung der Bibel beschäftigen sich die Kursstufen-Schüler von Stefanie Doldinger damit, dass jede Form der Kommunikation schon "Übersetzung" sei, während die Zehnklässler eine Wandzeitung gestaltet haben, auf der sie Bibelübersetzungen gegenüberstellen und deren Unterschiede herausarbeiten.
Um den "Mehrwert von Wissen und Herzensbildung" geht es am Samstag, 8. Juli, ab 19 Uhr in einer illustren Gesprächsrunde unter dem Motto "Systeme öffnen" – ein Thema, das wirklich jeden betrifft, wie Martinskantor und Organisator Steffen Mark Schwarz deutlich macht. Er hat neben der bekannten Schauspielerin Ursula Cantieni auch Ingeborg Mühldorfer, Rektorin der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, Karin Dengler vom Evangelischen Jugendwerk Balingen, den Stuttgarter Studienrat Oliver Dermann, Hanno Dönneweg – vierfacher Vater und Musiker des SWR Symphonieorchesters – sowie Landeskirchenmusikdirektor Matthias Hanke und Marcus Syring von der Ludwig-Maximilians-Universität München eingeladen.
Sie diskutieren darüber, welchen Mehrwert Musik und Kultur in jedes Leben bringen, warum sich nicht alles an Effektivität ausrichten und nicht jeder Erfolg in Zahlen messen lässt. Die Orgel als "Ur-Synthesizer" und Königin der Instrumente, die in ihren Anfängen zu Gladiatorenkämpfen erklang, steht dabei sinnbildlich für die Möglichkeiten, die entstehen, wenn ein Mensch alle Register der Bildung und Herzensbildung zieht und nicht nur mit einem Fuß auf dem Pedal herumtritt.
Eine der schönsten der Region und mehrere Männer
Spannend wird es danach, wenn die Rensch-Orgel, eines der schönsten Instrumente der Region, erklingt, gespielt von Schwarz und seinen Organisten-Kollegen Lennart Faustmann und Jens Wollenschläger. Außerdem mit dabei sind Fagottist Hanno Dönneweg, Studierende des Leopold-Mozart-Zentrums der Universität Augsburg sowie Raimund Förnzler und Florian Kontny von der Hochschule der Medien Stuttgart. Gemeinsam zaubern sie einen "Cultural Flow" aus Musik und Licht zu den Farben Blau von 20.30 bis 21.15 Uhr, Rot von 21.30 bis 22.15 Uhr und Magenta von 22.30 bis 23 Uhr.
Das Wochenlied "Komm’ in uns’re stolze Welt" steht am Sonntag, 9. Juli, Pate beim Abschlussgottesdienst, den Pfarrerin Marlies Haist ab 9.30 Uhr zelebriert.
Die weit gereiste und kulturell gebildete Pfarrerin wird einiges dazu zu sagen haben, warum es Luthers Anliegen war, den Menschen Bildung zugänglich zu machen und sie zu öffnen. Damit auch wirklich allen sämtliche Programmpunkte von "organ@school2017" zugänglich sind, ist der Eintritt zu allen Veranstaltungen frei, Spenden aber willkommen.