Das heutige Werk 1 war das erste Gebäude des Familienunternehmens. Foto: Schwarzwälder Bote

Umzug: Firma Carl Rehfuss in Tailfingen zieht vom Buchtal ins Industriegebiet Lichtenbol und erweitert

Erweitern? Das war die Idee seit 2015. Doch die Firma Carl Rehfuss zieht stattdessen ins Industriegebiet Lichtenbol um – und sucht nun einen Mieter für ihren bisherigen Standort.

Albstadt-Tailfingen. "Erfolg basierend auf Qualität und Zuverlässigkeit" – so lautet, auf englisch, das Motto der Firma Carl Rehfuss GmbH + Co. KG. Qualität und Zuverlässigkeit des Tailfinger Familienbetriebes müssen demnach groß sein, denn der Erfolg wächst und wächst, wie die Geschäftsführer Michael und Tobias Pfister erklären: Marktanteile, Kunden, Mitarbeiter, Arbeit – beim Produzenten von Antriebstechnik für Maschinen- und Anlagenbau läuft es rund. 40 000 Antriebe hat die Firma 2018 produziert, einen Umsatz von 10,2 Millionen Euro erwirtschaftet und dabei 14 Prozent Wachstum verzeichnet. Vor Jahresfrist waren es zwölf Prozent gewesen.

Nun aber stoßen die Brüder und ihre 65 Mitarbeiter an ihre Grenzen. Das Werk eins, mit dem Carl Rehfuss 1951 als Hersteller von Textilmaschinen angefangen hatte, ist längst zu klein. Auch mit dem 1990 errichteten Werk zwei und mit Werk drei, das als Lagerhalle genutzt wird, ist das Unternehmen im Buchtal an den Grenzen gekommen.

An den Plänen für eine Erweiterung am Standort im Tailfinger Norden schmieden die Brüder – Michael Pfister ist für Vertrieb und Marketing, Tobias Pfister für Einkauf, Produktion und Montage zuständig – bereits seit vier Jahren und hatten praktisch alles eingetütet, einen Antrag auf Förderung aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum schon bewilligt bekommen, als eine Nachricht an ihre Ohren drang: Die Firma Alber auf Lichtenbol zieht aus ihrem jetzigen Gebäude um in einen Neubau gegenüber. Somit wird eine Halle mit 1500 Quadratmetern Verwaltungs- und Nutzfläche sowie 5000 Quadratmetern Produktionsfläche frei – mehr Platz, als die Firma im Buchtalsteigle generiert hätten.

Der Umzug bietet gleichzeitig die Chance für einen Innovationsschub: "Wir bauen keine Werkbank hier ab und oben genau so auf", betonen die Geschäftsführer, "denn wir mochten auf Lichtenbol noch einen draufsetzen und noch besser werden."

Das gelingt der Firma seit Jahren auf sämtlichen Geschäftsfeldern, die von Antrieben von der Stange bis hin zu Spezialanfertigungen speziell nach Kundenwunsch reichen. Ob es die "Waschmaschine" für Ackersalat ist, Antriebe für Treppenlifte und Radaranlagen auf Schiffen, für Automatisierungstechnik, Motoren mit druckfesten Kapseln für explosionsgeschützte Bereiche oder Poliermaschinen für Rolex-Uhren – Rehfuss ist in extrem vielen Branchen aktiv und daher nicht von Booms in einer speziellen abhängig. Das Unternehmen produziert Antriebe für automatische Massage-Bürsten für Kühe ebenso wie die Getriebe für die Maschinen, mit denen Amazon seine Waren verpackt. Tobias Pfister schmunzelt: "Deshalb sind die Päckchen so schnell beim Kunden."

Besonders stark ist Rehfuss bei Antriebstechnik für die Lebensmittelindustrie – weil sie früher als andere damit angefangen haben, zählen namhafte Firmen wie Heinz Ketchup, Bonduelle und Bürger-Maultaschen zu den Kunden – sowie in der Medizintechnik: Ob Bestrahlungsmaschinen zur Krebsbehandlung, Mischgeräte für Medikamente oder Operationstische: Mit einem Rehfuss-Antrieb leisten diese Maschinen die dort besonders gefragte höchste Präzisionsarbeit.

Die Expertise des Familienbetriebs liegt dabei nicht nur auf den technischen Geräten selbst, sondern reicht bis hin zum passenden Speziallack. Fünf Mitarbeiter in der Entwicklungsabteilung sorgen dafür, dass jeder Kunde nach einer Bestellung bei Rehfuss die optimale Lösung für seine Aufgaben bekommt.

Seinen Erfolg verdankt das Unternehmen – da dulden Michael und Tobias Pfister keinen Widerspruch – vor allem den Mitarbeitern und ihrer Treue: Eine durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von rund 20 Jahren können nicht viele Firmen aufweisen. Deshalb freut es die Brüder besonders, den Mitarbeitern auf Lichtenbol auch attraktivere Arbeitsplätze schaffen zu können: mehr Parkplätze, ein modernes Gebäude, alles auf einer Ebene. Erweiterungsmöglichkeiten und eine leichtere Zufahrt für Lastwagen, vor allem im Winter, sind weitere Pluspunkte des neuen Standorts, an den Rehfuss zwischen Mai und August 2020 umziehen will.

Werk eins am alten Standort hat die Familie inzwischen verkauft, was selbst Seniorchef Gerd Pfister pragmatisch sieht. Für Werk zwei und drei – 1600 Quadratmeter Produktions- und 600 Quadratmeter Lagerfläche – suchen die Brüder derzeit einen Mieter.

Grünes Licht haben sie bereits, dass der ELR-Zuschuss – trotz der veränderten Pläne – fließen wird, denn an der Tatsache, dass das Regierungspräsidium Tübingen Rehfuss die Technologieführerschaft als einem von acht Unternehmen in Baden-Württemberg zugeschrieben hat, hat sich schließlich nichts geändert. Damit, dass Carl Rehfuss zu den "Hidden Champions" der Wirtschaftsregion gehört, wird ab Sommer 2020 allerdings Schluss sein: "Versteckte Sieger" – an prominenter Stelle ganz oben auf Lichtenbol ist das nicht mehr drin.