Rainer Schäfer mit einem Parasolpilz Fotos: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Ortschaftsrat: Förster Rainer Schäfer macht den Waldbegang zu einer Erlebnisreise

Wald und Flur mal mit anderen Augen zu sehen – dazu wollte Revierleiter Rainer Schäfer vom Forstamt Albstadt die Mitglieder des Ortschaftsrates Lautlingen um Ortsvorsteherin Juliane Gärtner beim Waldbegang ermutigen – es ist ihm gelungen.

Albstadt-Lautlingen. "Nicht nur Interesse wecken, sondern auch Verständnis", wollte Rainer Schäfer, als er die Ortschaftsräte nördlich von Lautlingen zum Wald geführt hat, um ihnen zu zeigen, "dass das, was um uns herum ist, nicht nur gottgegeben ist." Ob einer der Räte bei einem Spaziergang wohl die Esche wahrgenommen hätte, die stark vom Eschentriebsterben betroffen ist?

Die dichte Hecke zu Füßen der Esche müsse ausgelichtet werden, kündigte Schäfer an und weiß wohl schon, was ihm dann wieder bevorsteht: Beschwerden. Um die Vielfalt zu erhalten und einigen Hecken und Gräsern wieder Licht zu verschaffen, sei es freilich nötig, betonte der Förster. "Wir haben gier trockene und nasse Gräser, offene und dichte Bereiche und eine große Bandbreite was Feuchtigkeit, Temperatur und Belichtung angeht."

Würde der Mensch nicht eingreifen, "wäre in Deutschland seit der Eiszeit nur Wald", sagte Schäfer zum Erstaunen der Räte. "Wenn wir den Artenreichtum erhalten wollen, müssen wir pflegen und offenhalten."

Das Insektensterben machte Schäfer ebenfalls zum Thema: 80 Prozent der Biomasse an Insekten seien verschwunden. Umwelteinflüsse, steinerne Gärten, nicht standortgerechte Pflanzen – viele Ursachen gibt es dafür. "Stellen Sie einfach mal ein Insektenhotel auf", rief Schäfer den Räten zu. "Und pflanzen Sie wieder mal ein paar Blumen."

Im vierten Jahr des Forsteinrichtungszeitraums, so erfuhr das Gremium, steht das Revier Lautlingen derzeit. Für die nächsten der jeweils zehn Jahre haben Schäfer und seine Kollegen sich vorgenommen, am Trauf stärker durchzulichten, um anderen Baumarten eine Chance zu geben. Denn die Fichte sei zu stark vertreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei "ökologisch wertvolles Land mit Fichten zugepflastert" worden, weil sie schnell wachsen und damit schnelles Baumaterial und schnelle Einnahmen versprachen, erklärte der Fachmann. Nun sei es wieder Zeit für mehr andere Arten.

Früher Obstgürtel – heute Supermarkt

Dass es längst nicht mehr so viele Obstbäume gibt wie damals, bedauert Schäfer: "Obstgürtel gab es früher um jede Ortschaft herum – da konnte man nicht schnell zum Supermarkt gehen und welches kaufen." Das riesige Hornissennest in einem der Obstbaumstämme sorgte freilich für Staunen – und Zurückhaltung – bei den Teilnehmern. "Einfach in Ruhe lassen, dann tun die auch nichts", mahnte Schäfer. Beim Parasolpilz dürfe man aber zugreifen: "Die stehen derzeit überall, und wenn Sie den Schirm panieren, schmeckt er wie Kalbsschnitzel: Zwei bis drei davon, und Sie sind satt", verriet der Familienvater.

Auch über die Nutzen von Ameisen klärte Schäfer die Ortschaftsräte auf: "Sie sammeln Ungeziefer von den Bäumen und sind am nächsten mit den Bienen verwandt", betonte Schäfer, während er in staunende Gesichter blickte. "Eine Königin kann 30 bis 50 Jahre alt werden, und wenn sie stirbt, ist ihr ganzes Volk am Ende." Beschleunigen könne den Tod die Pharao-Ameise, die eine Ameise eines fremden Staates tot beiße, sich damit einreibe, den Duft annehme und dann unbehelligt von den Wächtern in einen Staat eindringe und die Königin töte, um ihren Platz einzunehmen. Raue Sitten in der Insektenwelt – sogar im idyllischen Lautlingen.