Mit Eva Herzigova arbeitet Philipp Haug besonders gerne zusammen. Sie ist ihm schon zu Schulzeiten aufgefallen. Foto: Getty Images Foto: Schwarzwälder Bote

Preisverleihung: Philipp Haug aus Albstadt lässt die Elite im Mekka der Friseure hinter sich

Der beste Friseur Londons ist ein Albstädter: Philipp Haug hat den renommierten British Hairdressing Award 2018 in der Hauptstadt-Kategorie gewonnen – den Oscar seiner Branche.

Albstadt/London. "Ich bin 34 Jahre alt und seit 34 Jahren Friseur", sagt Philipp Haug und meint das ganz ernst: Bei Opa und Oma im Bisinger Salon und bei seinen Eltern Bettina und Freddy Haug hat er seit dem Babyalter studiert. Mit dem Gewinn des British Hairdressing Award 2018 in der Kategorie "Londoner Friseur des Jahres" gehört der sympathische Enthusiast nun auch offiziell zu den Besten seiner Zunft, für welche die britische Metropole als Mekka auf der Weltkarte gilt.

Es ist kein Zufall, hat Haug doch schon sein erstes Praktikum mit 14 Jahren in Berlin und seine Ausbildung nach der Realschule in Stuttgart bei "Toni & Guy" absolviert, deren Londoner Akademie – das Flaggschiff des Global Players mit 450 Salons weltweit, davon alleine 50 in London – er inzwischen leitet. Dort ist er internationaler Art Director, also der kreative Kopf, und mitverantwortlich für den Bereich, der "Toni & Guy" heraushebt unter all den anderen, wie Haug sagt: "Die Qualität der Ausbildung und Weiterbildung ist unser Alleinstellungsmerkmal. ›Toni & Guy‹ war der erste Friseur, der das Franchise-System eingeführt hat, und egal wie lange jemand Friseur ist: Wenn er bei uns anfängt, durchläuft er eine Ausbildung mit einer Prüfung am Ende, bei der unsere hausspezifischen 16 Haarschnitte geprüft werden."

Zur Akademie – eine von 20 weltweit – gehört ein Fotostudio, in dem Haug mit Top-Fotografen zusammenarbeitet. Das hat ihm auch bei der Bewerbung um den renommierten Preis geholfen, denn als solche musste er Fotos einschicken – erst vier, dann als einer von sechs Finalisten weitere vier. Darauf: alltagstaugliche Frisuren – aber mit einer vorausschauenden Idee.

"Ich bin ein überzeugter Dienstleister"

Trends sind im Alltag des Philipp Haug freilich nicht das Wichtigste, wenn er mehrfach pro Woche noch selbst im Laden am Sloane Square steht, vor dem sich samstags regelmäßig Kundenschlangen bilden. "Ich bin überzeugter Dienstleister, fasziniert von gutem Service, und will, dass die Leute gut gelaunt aus dem Salon gehen", sagt Haug. Deshalb zählt für ihn der typgerechte Haarschnitt, die typgerechte Farbe – und Individualität.

Am liebsten schneidet Haug kurze Haare, weil man mit wenig Wegschneiden viel erreichen, die Proportionen des Gesichts am besten zur Geltung bringen respektive kaschieren könne. "Wir sind alle übersättigt von der totalen Perfektion", sagt Haug, der für seine Bewerbung deshalb auf Purismus, auf "das Echte" gesetzt hat, wie er sagt. Dass am Abend der Preisverleihung etliche Kollegen, zu denen er selbst aufschaut, gesagt haben, dass sie seine Kreationen "ganz toll" fänden, macht ihn glücklich – und ein bisschen sprachlos, immer noch.

Wenn er nicht im Salon steht – für ihn das Wichtigste, "weil man als Ausbilder wissen muss, wovon man redet" – reist Philipp Haug mehrfach im Monat zu Franchise-Partnern weltweit, kümmert sich um Verträge, Ausbildung, Qualitätsprüfung. Letztere ist auch bei den ganz großen Modeschauen der Fashion Weeks in London und anderen Modemetropolen seine Aufgabe, wenn ein Team von bis zu 80 Friseuren Hand anlegt. Aber auch dann lässt Haug es sich nicht nehmen, selbst zu frisieren: mal die Zehn-Minuten-Frisur mit Pferdeschwanz, mal die extremste Hochsteckfrisur – je nach Wunsch des Modedesigners.

Die Auffahrunfälle hatten sich gehäuft

Ein ausgemachter Promi-Friseur ist Haug nicht, doch bekannte Models hat er schon viele verschönert. Die besten Erinnerungen hat er dabei an Eva Herzigova, die ihm schon als junger Tailfinger Schüler aufgefallen war: "Sie war die erste, die für Wonderbras geworben hat", berichtet Haug und fügt lachend hinzu: "Am Times Square in New York City und am Picadilly Circus in London mussten sie das Plakat jedoch wieder abnehmen, weil es zu viele Auffahrunfälle gab."

Nun lebt er selbst in London, kam vor zehn Jahren mit Schulenglisch in die Stadt und spricht heute perfektes Englisch mit Londoner Akzent, wie seine Video-Clips im Internet beweisen. "Es gibt keine bessere Möglichkeit, eine Landessprache zu lernen, denn als Friseur, weil man sehr viel mit den Kunden spricht", betont er.

Darf er dort bleiben, wenn es zum Brexit kommt? "Ich denke doch", sagt Haug und lacht. Immerhin werde er im Juli heiraten, habe einen einjährigen Sohn und ein kleines Haus. "Und außerdem: Wenn alle Kontinentaleuropäer gehen müssten, würde das ganze System zusammenbrechen."

Außerdem will er sich schließlich auch 2019 um einen British Hairdressing Award bewerben – diesmal ohne Druck, da er ihn ja bereits hat: "Ich habe den Preis bei der Party zwölf Stunden nicht mehr losgelassen", berichtet er lachend, "und an dem Schild an der Tür der Akademie gehe ich jeden Morgen gut gelaunt und schon ein bisschen stolz vorbei."

Drei Sekunden zaubern Glücksgefühle

Nur eins verursacht dem Friseur Philipp Haug noch schönere Glücksgefühle: "Die drei Sekunden nach dem Ende meiner Arbeit, wenn der Kunde in den Spiegel schaut und sich über das Ergebnis freut." Auch erfreute Minen kennt er von Kindesbeinen an und von zu Hause, wo sein Bruder Eric – ebenfalls bei "Toni & Guy" ausgebildet – und seine Mutter Bettina gemeinsam den Salon "Haare in Bestform" führen. Denn zu seiner Mutter schaut der beste Friseur Londons auf: "Meine Mama ist und bleibt die beste Friseurin der Welt", sagt Philipp Haug. In diesem Punkt duldet er keinen Widerspruch.