Mit großem Ernst und einem vernehmbaren Bekenntnis zur Mountainbike-Spitzenveranstaltung auf Albstädter Boden haben die Gemeinderäte am Donnerstag in der Festhalle debattiert: räumlich auf Distanz, inhaltlich nur in Details auseinander. Foto: Eyrich

Mountainbike: Albstädter Gemeinderat diskutiert munter – auch über den richtigen Zeitpunkt für den Beschluss. 

Albstadt - Der Tenor im Gemeinderat war deutlich: Albstadt steht hinter den UCI-Mountainbike-Weltcups im "Bullentäle" und hinter den Bewerbungen für 2021 und 2022. Einen Beschluss gefasst haben die Räte aber noch nicht, und das hatte Gründe.

In Rekordtempo hat der Gemeinderat am Donnerstag in der Festhalle sein Programm abgearbeitet – die Stadträte wussten, die Diskussion um die Frage, ob Albstadt Ausrichter weiterer UCI-Mountainbike-Weltcups sein oder nicht sein möchte, würde dauern.

Oberbürgermeister Klaus Konzelmann, der das Gremium zuvor über seine Eilentscheidung informiert hatte, die Bewerbung um die Weltcups 2021 und 2022 abzugeben, eröffnete die Debatte mit einem klaren Bekenntnis zu den Großveranstaltungen. Der Weltcup sei aktiv verzahnt mit der Bikezone und dem Tourismus. Steige Albstadt aus, "wird eine andere Stadt diese Rolle einnehmen, und wir werden nie wieder in die Position kommen, die wir uns in mehr als zehn Jahren erarbeitet haben". Für Vereine und Gastronomen sei der Weltcup wichtig, zum Termin alle Betten in der Region ausgebucht und Albstadt bundes- und weltweit im Fernsehen.

Dass Albstadt coronabedingt dennoch die für Juni geplante Weltmeisterschaft abgesagt habe, tue ihm "unendlich leid", sagte Konzelmann. Sie werde im österreichischen Leogang "vermutlich als Geister-WM stattfinden", doch dort stehe ein finanzkräftiger Tourismusverband dahinter – Albstadt hätte sich das Fehlen von Zuschauern nicht leisten können.

Das grundsätzliche "Ja" kam aus allen Fraktionen

Aus allen Fraktionen kam danach das grundsätzliche Bekenntnis zu den Weltcup-Bewerbungen. CDU-Fraktionschef Roland Tralmer warnte unter dem Aspekt Stadtmarketing davor, "den Ast, auf dem wir sitzen, jetzt abzuschneiden". Trotz schwieriger gewordener Finanzlage sei der Abmangel – Konzelmann bezifferte ihn auf bisher stets zwischen 90 000 und 120 000 Euro – eine gute Investition. Und "Wirtschaftsförderung" für Gastronomie und Vereine, die unter der Corona-Krise am meisten litten. Allerdings wünscht er sich bessere Verzahnung mit Stadtmarketing, Kultur und Tourismus.

Grünen-Fraktionschefin Susanne Feil stimmte zu, forderte aber Zahlen als Basis einer Entscheidung, gebe es doch "viele Bevölkerungsgruppen, vor denen wir das rechtfertigen müssen". WSA-Fraktionschef Martin Braun knüpfte ebenfalls Bedingungen an ein "Ja" zur Austragung, sollte Albstadt den Zuschlag erhalten: Es müsse künftig "Chefsache" sein, sich um Sponsoring zu kümmern: "Da muss der persönliche Kontakt her und man muss dem Sponsor etwas anbieten." Er selbst bot an, das Organisationsteam zu unterstützen: Im Verein "Wir sind Albstadt" hätten viele Erfahrung mit Veranstaltungsorganisation.

Manuela Heider, Vorsitzende der Fraktion Freie Wähler, hält es für wichtig, lokale Unternehmen noch mehr einzubinden und das Radsportkonzept weiter zu entwickeln, wollte aber ebenfalls erst mehr Informationen zu Kosten. SPD-Fraktionschefin Marianne Roth stellte den Antrag, schon in dieser Sitzung einen Beschluss zu fassen angesichts des einhelligen Meinungsbildes und des von allen Seiten signalisierten Wunsches, den Gastronomen zu helfen. Sie brauchten auch Planungssicherheit. Matthias Strähler (CDU) warf allerdings ein, dass die Bewerbung bereits abgegeben sei und eine erneute Abstimmung über denselben Punkt daher nicht möglich. Worauf Konzelmann entgegnete, einen Beschlussvorschlag habe die Verwaltung ja noch gar nicht vorgelegt. Die Sitzungsvorlage zur Eilentscheidung beinhalte "reine Information".

Kiefer: Erst die Pflicht, dann die Kür

Jürgen Kiefer (Grüne), grundsätzlich für die Weltcups, fühlte sich unter Druck gesetzt: Zuerst müsse man wissen, wie viel Geld künftig für das Pflichtprogramm zur Verfügung stehe, ehe man über Kürläufe entscheiden könne. Das Hilfspaket des Bundes für Kommunen – komme es, bedeute Corona keinen wesentlichen Einschnitt für Albstadt, so Konzelmann – sei aber noch nicht beschlossen. Und wie stark die Gewerbesteuereinnahmen einbrechen werden, noch nicht abzusehen.

Martin Frohme (SPD) betonte: "Wenn wir jetzt nicht entscheiden, werden viele enttäuscht sein, dass wir uns wegducken. Ich glaube nicht, dass wir im Juni schlauer sein werden, und wir reduzieren das dann auf eine Entscheidung auf monetärer Basis." Dabei gehe es doch um mehr, was Konzelmann bestätigte: "Wir sind derzeit die führende Mountainbike-Destination in Deutschland." Einen Marathonlauf breche man ja auch nicht bei Kilometer 41 ab, wie ein Gastronom es formuliert habe.

Der Preis ist fix – verhandeln kaum drin

Für Matthias Strähler ging der Druck vom Antrag der SPD aus, "und das würde das Vergabeverfahren umdrehen", betonte er. Ein "Ja" zu den beiden Weltcups wäre dann bindend – und eine Verhandlung über Kosten mit dem Radsport-Weltverband UCI nicht mehr möglich.

Hier schaltete sich Jo Triller ein, der als Leiter des Amtes für Familien, Bildung, Sport und Soziales Kopf des Organisationsteams für die WM war: "Die Ausschreibung läuft zum Festpreis. Da kann man nachträglich schwer verhandeln, und der Preis ist in den vergangenen drei Jahren konstant geblieben." Die Frage, ob – auch ohne einen der Verwaltung – ein Beschlussvorschlag auch aus dem Gremium kommen dürfe, beantwortete Hauptamtsleiter Josef Klaiber: mit eindeutigem "Ja".

Unter dieser Voraussetzung war Uli Metzger (Freie Wähler) "dafür, dass die SPD ihren Antrag stellt". Die Mehrheit für die Weltcups sei deutlich geworden – trotz der "Kröten", die man schlucken müsse. Jetzt zu entscheiden, "wäre ein sehr gutes Signal nach außen".

Die Zahlen, was die WM samt Absage die Stadt kosten werde, bekomme das Gremium, sobald sie ermittelt seien, betonte der Oberbürgermeister, stellte aber auch klar, dass sie unabhängig seien von denen für den Weltcup. Was auch Siegfried Schott (Freie Wähler) so sah: "Verhandlungen wird es nicht mehr geben", sagte er. "Ich sehe keinen Grund, heute nicht abzustimmen." Jürgen Kiefer hielt noch mal dagegen, zumal "uns nichts anbrennt, wenn wir noch vier Wochen warten", bis die Finanzlage klarer sei. Darauf Konzelmann: "Die 100 000 Euro sind eine Anschubfinanzierung für unsere Gastronomie, unsere Vereine und die Wirtschaft", sagte er mit Blick auf den relativ konstanten Abmangel bei Weltcups. Kiefer holte zum Return aus: "Die Bürger erwarten von ihrem Gemeinderat eine Entscheidung auf solider Basis", keine Schüsse aus der Hüfte.

Tralmer: Druck muss man auch mal aushalten

Roland Tralmer versuchte sich an einer Zwischenbilanz der Debatte: "Was nimmt die Bevölkerung mit? Wir alle sind mit überwiegender Mehrheit dafür, dass die Stadt die Veranstaltungen bekommt." Die Bewerbung sei wirksam abgegeben, die Konditionen fix. Und Druck von unterschiedlichen Interessensgruppen müsse das Gremium aushalten. Der Antrag der SPD sei zwar verständlich, aber nicht zielführend.

Marianne Roth stellte klar, dass die SPD sich nicht unter Druck sehe: Das Schreiben der Radsportgemeinschaft Zollern-Alb ’82 pro Weltcups "sehe ich als Information". Ihr gehe es um Planungssicherheit für Vereine und Gastronomie, "und was ist in vier Wochen anders?", fragte sie.

OB: Wir haben stets eine Abrechnung vorgelegt

"Wir brauchen heute keine Abstimmung, sondern ein Signal", hielt FDP-Fraktionschef Philipp Kalenbach dagegen. Aufgabe sei es, der Veranstaltung ein finanziell positives Ergebnis zu verschaffen, und die FDP fordere im übrigen seit Jahren "eine umfassende Kalkulation dieses Rennens". Das wollte Klaus Konzelmann dann doch nicht auf sich sitzen lassen: "Wir haben immer eine genaue Abrechnung vorgelegt", und zudem sei die Verwaltung "nicht auf der Brotsuppe dahergeschwommen. Sponsoring war schon immer Chefsache!"

Lambert Maute wies noch einmal darauf hin, wie wichtig der Mountainbike-Aspekt als Standbein für den Tourismus in Albstadt sei, "und die Kosten für den Weltcup werden nächstes Jahr nicht anders sein". Ob das Gremium jetzt oder im Juni abstimme, spiele keine Rolle. Worauf Matthias Strähler erklärte, dass es im SPD-Antrag ja zunächst nur darum gehe, ob jetzt abgestimmt werden solle – nicht wie.

Martin Braun kam noch einmal mit seiner Forderung – "ich habe mich eingearbeitet und Grund dazu" – in Sachen Sponsoring: "Das sind Einnahmen, die wir vorher haben" – und die machten unabhängiger von Besucherzahlen. Auch Uli Metzger verdeutlichte sein Statement nochmals: "Ich habe nicht von Nachverhandlungen mit der UCI gesprochen, sondern von Kulanz", sagte er mit Blick auf die Kosten für die WM-Absage.

Und Marianne Roth? Zog am Ende ihren Antrag zurück. Schließlich sei die SPD lernfähig. Die Entscheidung, ob Albstadt im Fall eines Zuschlags durch die UCI die Weltcups 2021 und 2022 im Cross Country austragen wird, fällt also im Juni. Die Botschaft des Abends war allerdings schon klar: Alles sieht danach aus.