Das Publikum ließ sich mitreißen und applaudierte stehend. Foto: Schwarzwälder Bote

Benefizkonzert: "Crossover" vor restlos ausverkaufter Martinskirche wird zum Riesenerfolg für alle Akteure

Noch nie waren die Widrigkeiten so groß vor einem "Crossover" – und dennoch war das vierte das beste der Benefizkonzertreihe in der Martinskirche: Die Tüchtigen hatten am Sonntagabend das Glück auf ihrer Seite.

Albstadt-Ebingen. Dass die Grippewelle die Akteure des vierten "Crossover" in der vergangenen Woche hart getroffen hat, war nur Christian Baumgärtners Stimme anzuhören: Mit einem Reibeisen begrüßte der Moderator des Abends, Schlagzeuger und Mitbegründer von "Südlich von Stuttgart" die erwartungsvollen Zuhörer in der restlos ausverkauften Martinskirche zum Benefizkonzert, das – wie Pfarrer Walter Schwaiger sagte – ein perfektes Beispiel dafür sei, "dass man Unterschiedliches verbinden kann", nämliche klassische und moderne Musik mit Akteuren, die beides in Reinkultur beherrschen.

Da ist zum Beispiel Uwe Köller, der mit seiner Trompete mal "Let The Bright Seraphim", mal das Concerto in d-Moll von Alessandro Marcello im Zusammenspiel mit Steffen Mark Schwarz an der Rensch-Orgel in einer Art veredelte, dass es – obwohl klassisch – richtig rockte und die Kirche wie die Herzen ganz erfüllte. Der zweite Professor des Abends war Klaus Wagenleiter am Piano, Arrangeur fast aller Stücke und mehr als ein 15. Nothelfer am Mikrofon: "Another Day In Paradise" sollte den Zuhörern sagen, in welchem Paradies sie doch hierzulande leben – und Wagenleiter unterstrich die Botschaft mit gefühlvoller Stimme.

Weit mehr als ein Ersatz für den erkrankten Reto Rosin, hatte Tenor Ruben Mora erst am Samstag zugesagt – und war nicht nur bestens vorbereitet, sondern perfekt für die Duette mit "Südlich"-Sängerin Annette Kienzle bei "Quizas" und "Besame Mucho", bei dem die kräftig-warme Stimme des mexikanischen Muttersprachlers sanft in die samtweiche Kienzles floss. Sie lieferte den ergriffen lauschenden Zuhörern Gänsehautmomente mit "Braucht es ein Wort" und Stings "Shape Of My Heart", bei dem Köller als Jazz-Trompeter glänzte.

Apropos Gänsehaut: "Südlich"-Mitbegründer Ralf Gugel zauberte sie nicht nur mit fantastischen Gitarren-Soli, sondern auch mit dem sehr persönlichen Eric-Clapton-Song "My Fathers Eyes", dem Gugel auch gesanglich ein Sahnehäubchen aufsetzte. Großartige Soli streuten außerdem Johannes Killinger am E- und am Jazz-Bass sowie Alex Wolpert am Keyboard und vor allem am Saxofon ein – schon gleich zu Beginn, als Annette Kienzle Whitney Houstons "Saving All My Love For You" so herrlich interpretierte, dass niemand das Original vermisste.

Der preisgekrönte Percussionist Herbert Wachter, der mit ungewöhnlichen Klängen den außergewöhnlichen Abend eröffnete, rundete all die Hits mit dezent-tragenden, mal rhythmischen und mal rieselnden Klängen ab.

Mitte der Woche noch völlig sprachlos

Dass Sopranistin Carla Thullner noch vor wenigen Tagen stimmlos das Bett gehütet hatte und am Sonntag ihre bisher beste Vorstellung bei einem "Crossover" gab, war das Wunder des Abends: Klassisch glänzte sie mit Schwarz und Köller ebenso, wie bei Jazz, Swing und schwarzer Musik: Ihr "Summertime" war ein Höhepunkt, "Amazing Grace" brachte die Gospel-Farbe ihrer Stimme zum leuchten, und mit Soul und Funk steckte die Albstädterin einfach an: Gemeinsam mit Annette Kienzle trieb sie das Tempo voran bei den mitreißenden Schlussliedern "Snakes" und "Uptown Funk" am Ende der beiden Konzertteile.

Dass es die Zuhörer da nicht mehr auf den Sitzen hielt – kein Wunder: Stehend applaudierten sie, bis der Abend in einer Zugabe mündete, die zum Geist des Konzertes passte. Für "All You Need Is Love" versammelte sich eine Gruppe von Künstlern auf der Bühne, wie Albstadt sie wohl lange nicht erleben durfte.

Der Applaus galt außerdem Matthias Raible und seinem Team von "Sound, Light and More", die das Gotteshaus in herrliches Licht tauchten, das Optimum aus der Musik holten und Bilder von der Orgelempore auf den – Premiere! – schwarzen Hintergrund warfen. Was in der Grippewelle unterzugehen gedroht hatte, war eine Offenbarung für Fans jeder Art von Musik. Chapeau!