Thomas Bareiß, Wolfgang Fischer, Olaf Baldauf und Roland Tralmer haben den Gästen im Stauffenbergschloss einen spannenden und genussvollen Tag der Deutschen Einheit beschert.Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Tag der Deutschen Einheit: Roland Tralmer und Thomas Bareiß erzählen von ihren Erlebnissen 1989/90

Eigengewächse, Eigenkompositionen, eigene Erlebnisse – mit einem ungewohnten, aber außergewöhnlichen Festakt hat die CDU den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit im Stauffenbergschloss in Lautlingen gefeiert.

Albstadt-Lautlingen. Dass die CDU in Albstadt und dem Zollernalbkreis keine Festredner von weit her braucht, um den Tag der Deutschen Einheit würdig – und spannend – zu gestalten, hat sie am Samstag im Stauffenbergschloss bewiesen. Dort erzählten Stadtverbands- und Fraktionschef Roland Tralmer, damals Anfang 20, und Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, damals noch Teenager, von der Wendezeit, als sie "elektrisiert" worden seien. "Die Russen waren böse und die Amis gut", so sei seine Generation aufgewachsen, sagte Tralmer. "Aber es lohnt sich immer, sein Weltbild kritisch zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern."

Mit Hammer und Meißel in Berlin dabei

Mit der Jungen Union war Tralmer wenige Tage nach dem Mauerfall in Berlin gewesen, hatte mit Hammer und Meißel mitgeholfen, "dieses Schandmal der deutschen Geschichte" zu entfernen – und veränderte "unser vormaliges Feindbild: Keine blutrünstigen Kommunisten" seien ihm da begegnet, sondern "schaffenskräftige Menschen". Tralmer und seine Parteifreunde, die eine Patenschaft für die CDU im sächsischen Freital übernommen hatten, waren "schlicht begeistert, vor Ort im Wahlkampf zur Volkskammerwahl unseren Beitrag zum Export von Demokratie zu leisten".

Bareiß erinnert sich an "Glücksmomente", als Ost und West sich in den Armen lagen, Deutschland mehr Sympathie in der Welt genossen habe als je zuvor. Ob auf dem Weg zur deutschen Einheit, die "mehr als ein Beitritt, sondern die Vollendung eines beispiellosen Prozesses" gewesen sei, Fehler gemacht wurden, fragten beide Redner.

Doch Bareiß betonte: "Der Druck auf der Straße war so groß, dass keine Zeit mehr blieb, lange darüber nachzudenken, was man von der DDR hätte retten können. Die Menschen wollten den 41. Jahrestag der DDR nicht mehr erleben." Dass heute Menschen wie Attila Hildmann, Xavier Naidoo und Alice Weidel den Satz "Wir sind das Volk" missbrauchten und bestimmen wollten, wer zum Volk gehöre, sei eine Anmaßung, so Tralmer. "Demokratie braucht keine Lethargie und keine Verschwörungstheoretiker." Wichtig sei vielmehr, "dass wir als Christdemokraten jenen widersprechen, die einen Keil zwischen die Menschen treiben wollen", betonte Bareiß.

Manche Wunden sind noch da

"Es gibt Herausforderungen, die vielleicht mehr als eine Generation brauchen", sagte er und gab zu bedenken, dass die Menschen, welche die DDR noch erlebt hätten, kritischer seien, was den Einfluss des Staates angeht. Auch dass viele keinen Bezug zur Kirche und zum Glauben gehabt hätten, sei "eine Wunde", denn "der Glaube ist ein wichtiger Anker in unserem Leben".

Ausdrücklich erinnerten beide Redner daran, dass es die Leistung der DDR-Bürger gewesen sei, die Einheit herbeizuführen, dass Bundeskanzler Helmut Kohl die Chance mutig ergriffen und mit Fortune umgesetzt habe. "Diese Zeiten haben uns gezeigt, dass wir immer auf unseren Mut und unsere Schaffenskraft vertrauen dürfen – und auf Gott", betonte der Bundestagsabgeordnete, während Tralmer daran erinnerte, dass die Verantwortung des wiedervereinigten Deutschland in Europa gewachsen sei und es sich lohne, für Freiheit, soziale Marktwirtschaft und funktionierenden Parlamentarismus zu kämpfen.

Der Entschlossenheit eines Helmut Kohl bedürfe es heute wieder – etwa im Hinblick auf Herausforderungen wie digitalen Wandel, Klimaschutz und den Widerstand gegen rechte und linke Radikale, hatte der stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende Olaf Baldauf schon eingangs betont. Die CDU habe sich ihrer eigenen Stärken besonnen und coronabedingt keinen Redner von auswärts anreisen lassen – Joachim Gauck, Wolfgang Schäuble, Klaus Kinkel und viele andere Polit-Größen waren schon da gewesen. Für die 51 Gäste im Stauffenbergschloss hatte sich das Kommen dennoch gelohnt. Nicht nur, weil sie Roland Tralmers "ersten Auftritt als Zeitzeuge" miterlebten, sondern auch der Musik wegen: Pianist Wolfgang Fischer hatte die Corona-Künstlerpause zum Komponieren genutzt und spielte durchweg Eigenkompositionen – eine schöner als die andere.