Künstlerhaus: Über dem Berg-Café hat Eva Wedel ein Museum für ihre außergewöhnliche Familie eröffnet

"A bisserle aufg’regt" war Eva Wedel am Freitagabend – zu Recht: Nach buchstäblich jahrelanger Arbeit hat sie das Museum ihre Künstlerfamilie eröffnet – und eine noch größere Freundesfamilie war dabei.

Albstadt-Burgfelden. "Nimm’ Tempo raus, du bewegst dich zu schnell": Die Botschaft des "Simon & Garfunkel"-Songs "Feelin’ Groovy" hatte das Ensemble "TOnFUsion" gut platziert am Freitagabend im "Berg-Café" Burgfelden, das ab sofort auch Museums-Café ist. Denn der Rundgang durch das Künstlerhaus nach einem entspannten kleinen Festakt mit herrlicher A-Cappella-Musik war eine Zeitreise: raus, aus der Hektik des 21. Jahrhunderts, rein in die musische Welt des Künstlerpaares Edith Wedel-Kükenthal und Friedrich Wedel sowie ihres Sohnes Hans-Dieter Wedel.

Dessen Tochter Eva, die 2002 das Haus übernommen und erst das "Berg-Café" eröffnet hatte, war dennoch "a bisserl aufg’regt", wie sie vor vollem Haus bekannte: Viele Freunde der Künstlerfamilie waren gekommen, um sehen, was Eva Wedel mit Hilfe ihrer Schwester Ursula Roller und deren Lebensgefährten Rüdiger Kunz – sein Verdienst ist das ausgeklügelte Beleuchtungskonzept – sowie mit Hilfe ihres eigenen Lebensgefährten Markus Ullrich geschaffen hat: Die Räume, in denen Fritz Wedel und Edith Wedel-Kükenthal einst lebten, sind wieder so, wie diese sie verlassen haben.

Im Abstand von nur 14 Tagen: Am 15. Juni 1968 war Fritz Wedel, am 29. Juni seine Frau gestorben: "Sie waren so eng verbunden, wie ein Paar es nur sein kann", schwärmt ihre Enkelin.

Tatsächlich sehen die Räume aus, als sei all das eben erst passiert. Sogar die Farbe auf der Malerpalette ihrer Großmutter sei noch weich, verriet Eva Wedel bei der Führung. "Trotzdem: Bitte nicht anfassen!"

Etliche kleinere und größere Gemälde, Zeichnungen und Vorarbeiten ihrer Großeltern haben den Weg in ihr Zuhause gefunden. Als Heidrun Bucher-Schlichtenberger in den 1980er-Jahren als junge Kunststudentin zum ersten Mal nach Burgfelden gekommen war – der Künstler Bernd Zimmermann hatte sie auf die Idee gebracht, ihre Magisterarbeit über Edith Wedel-Kükenthal zu schreiben – "war nichts mehr da", wie sie in ihrer würdigenden Einführung verriet.

Also hatte sich Heidrun Bucher-Schlichtenberger aufgemacht, nach Werken zu suchen. "Gar nicht leicht, denn die Mauer stand noch – und Edith Wedel-Kükenthal, geboren 1893 in Jena, hatte in Breslau und Berlin studiert, ihre erste Einzelausstellung mit mehr als 200 Werken 1918 in Breslau gezeigt. Dass Edith Wedel-Kükenthal wie ihre früh verstorbene Mutter ein Lungenleiden hatte und deshalb mit Fritz Wedel – seit 1919 waren sie verheiratet – nach Burgfelden gezogen war, hat sich für den malerischen Ort als segensreich erwiesen und eine "Künstler-Exklave" daraus gemacht, kommentierte Eva Wedel.

Dort draußen am Böllat war Fritz Wedel, der eigentlich die Bildhauerei erlernt hatte, zeichnend, malend, schreibend zum "Böllat-Philosophen" geworden, sagte Heidrun Bucher-Schlichtenberger lachend.

Seine Frau war dort dem Himmel und damit wichtigen Motiven ihrer Werke – die Mutterschaft Mariens und das Philosophische und Religiöse, von dem sie ein sehr weites Verständnis gehabt habe – ein Stückchen näher.

Auch ihr Sohn Hans-Dieter Wedel – die Zwillinge Margarete und Evi waren nur ein Jahr vor ihm geboren – war nach der Schulzeit im Internat Salem, dem Kriegseinsatz und der Kriegsgefangenschaft in Algerien in die künstlerischen Fußstapfen seiner Eltern getreten, war zudem als Kunsterzieher am Gymnasium Ebingen und am Progymnasium Tailfingen tätig. Auch ihn, ihren Vater, hat Eva Wedel in dem kleinen, sehr feinen Museum verewigt.

Der Freigeist weht durch sämtliche Räume

Dort wehte am Freitagabend der Freigeist – auch dank der ausgefallenen Liebes- und Trinklieder aus mehreren Jahrhunderten und unterschiedlichen Kulturkreisen, mit denen "TOnFUsion" den Abend veredelte. Und Eva Wedel, deren "Berg-Café" seit der Wiedereröffnung Spielstätte origineller Musiker und Ausstellungsort fantasievoller Künstler ist, freut sich schon jetzt auf die Begegnungen an diesem inspirierenden Ort. "Ich habe den Namen, ich habe das Haus und ich habe die Verpflichtung", sagte sie mit Blick auf die Herkulesaufgabe, die hinter ihr und ihren Helfern liegt. Und dann fügte sie schmunzelnd hinzu: "Aber die habe ich sehr gerne angenommen!"

 Am heutigen Tag der offenen Tür, Samstag, 23. Juni, von 14 bis 18 Uhr haben alle Interessierten Gelegenheit, Führungen durch das Privatmuseum und Künstlerhaus zu erleben. Weitere Besichtigungstermine für die Zeit von Mittwoch bis Samstag sind unter der Telefonnummer 07435/365 sowie unter E-Mail info@bergcafé-burgfelden.de zu vereinbaren.