Ein Fall von Volksverhetzung? NPD-Wahlplakat in der Tailfinger Heutalstraße. Foto: Fischer

Anwohner sehen Volksverhetzung. Stadt beruft sich auf Neutralität. Ein Fall für den Staatsanwalt?

Albstadt-Tailfingen - Anwohner der Tailfinger Heutalstraße haben bei der Stadtverwaltung gegen Wahlplakate der NPD mit dem Slogan "Geld für die Oma statt für Sinti und Roma" protestiert und ihre Entfernung verlangt. In ihren Augen liegt hier Volksverhetzung vor.

Bereits am Freitag hatte eine Anwohnerin im Rathaus angerufen und sich über das NPD-Plakat am unteren Ende der Heutalstraße beschwert. Die Stadt sagte daraufhin eine Prüfung des Vorwurfs zu; vom Ergebnis, zu dem sie gelangt ist, setzte sie gestern auf Anfrage auch den Schwarzwälder Boten in Kenntnis: Die NPD sei vom Bundeswahlleiter zur Bundestagswahl zugelassen worden und damit berechtigt, Wahlkampf zu führen. Die Stadt unterliege dem sogenannten Neutralitätsgebot; es stehe ihr nicht zu, Plakate, die ihr nicht zusagten, einfach zu entfernen. Ob die NPD-Wahlwerbung den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle, darüber habe ein Gericht zu befinden, sofern es angerufen werde. Es stehe aber jedem Anwohner der Heutalstraße – und darüber hinaus jedem Bürger – frei, Strafanzeige zu erstatten.

Die Staatsanwälte sind bereits eingeschaltet

Was in anderen Teilen Deutschlands bereits geschehen ist: Bei der Berliner Staatsanwaltschaft sind bereits mehrere Strafanzeigen wegen Volksverhetzung eingegangen; sie beziehen sich nicht nur auf das Plakat mit dem Slogan gegen Sinti und Roma, sondern auch gegen ein weiteres mit dem Schriftzug "Gute Heimreise", das Migranten auf einem fliegenden Teppich zeigt. Berlins Integrationsbeauftragte Monika Lüke hat die Staatsanwaltschaft in der vergangenen Woche um Prüfung eines NPD-Flyers ersucht; auch sie spricht von Hetze gegen Sinti und Roma.

Man muss aber nicht bis nach Berlin reisen, um rechtliche Konsequenzen der Empörung gegen die NPD-Werbung zu erleben: Der SPD-Kreisverband Freudenstadt hat ebenfalls Anzeige erstattet. In Hessen schließlich gibt es Kommunen, die bei der Beurteilung der Situation zu anderen Ergebnissen gelangt sind als die Stadt Albstadt: Die Städte Hanau und Bad Hersfeld haben auch ohne richterlichen Beschluss Plakate entfernt – wegen Volksverhetzung. Der hessische Landeswahlleiter Wilhelm Kanther erklärte dazu, dass die kommunalen Ordnungsbehörden durchaus befugt seien einzuschreiten, "wenn Plakate einen Straftatbestand erfüllen".