Auf dem Latschariplatz in Villingen bauen die Aktivisten bei ihrer letzten Aktion eine Mauer aus Kartons, die symbolisch für die verschärfte Asylpolitik der EU steht und diese kritisiert. Foto: Seebrücke

Die AfD möchte, dass die Villingen-Schwenningen aus der Initiative Seebrücke austritt. Die Ortsgruppe zeigt sich bestürzt von dem Antrag, über den der Gemeinderat entscheiden soll.

Mit Bestürzung hat die Seebrücke-Ortsgruppe Villingen-Schwenningen Kenntnis vom jüngsten Antrag der AfD-Gemeinderatsfraktion genommen, welcher den Austritt aus der Initiative „Seebrücke – Schafft Sichere Häfen“ vorsieht. Das erklärt sie in einer Pressemitteilung.

Der Antrag werde vordergründig mit der Auslastung der kommunalen Kapazitäten und der Behauptung, der Beschluss zum Sicheren Hafen „fördere das Geschäft krimineller Schlepperbanden“ begründet.

Argumentation basiere auf falschen Tatsachen

„Dieser Antrag ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich für Solidarität und Menschlichkeit einsetzen. Die Behauptungen sind nicht nur haltlos, sondern auch gefährlich. Sie diskreditieren die Arbeit von zahlreichen Freiwilligen, die unter Einsatz ihres Lebens Menschen vor dem Ertrinken retten!“, wird Jonathan Kühner, Aktivist bei der Seebrücke-Ortsgruppe VS, in der Mitteilung zitiert.

Die Argumentation des Antrags basiere auf einer falschen und irreführenden Darstellung der Tatsachen. „Seenotrettung ist eine rechtliche und moralische Pflicht. Das Mittelmeer darf kein Grab für schutzsuchende Menschen sein. Jedes gerettete Leben ist ein Triumph der Menschlichkeit über die Gleichgültigkeit“, so Johannes Hauser, Mitglied der Seebrücke-Ortsgruppe VS.

Gemeinderat soll sich von Antrag distanzieren

Die Seebrücke-Ortsgruppe erkenne an, dass die Wohnraumsituation angespannt sei und es in manchen Bereichen, wie der Kinderbetreuung, gewiss nicht einfach sei, betont aber, dass dies unter keinen Umständen als Vorwand genutzt werden dürfe, um sich von der humanitären Verantwortung abzuwenden.

„Wir fordern alle Mitglieder des Gemeinderats dazu auf, sich von diesem Antrag zu distanzieren und stattdessen konstruktive Lösungen zu suchen, um die Kapazitäten unserer Kommune im Sinne der Solidarität und Menschlichkeit zu erweitern“, so Josefien Schalkers, ebenfalls aktiv bei der Seebrücke VS. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Politik der Angst und Abschottung über die Grundwerte unserer Gesellschaft siegt. Wir stehen für ein offenes und solidarisches VS, das seine Verantwortung ernst nimmt und nicht vor ihr flieht.“

Alles eine Frage der Priorität?

Ferner führen die Aktivisten an, dass die Kapazitäten einer Kommune eine Frage der Prioritätensetzung sind und dass es zahlreiche Beispiele von Gemeinden gibt, die beweisen, dass eine erfolgreiche Integration und die Aufnahme von schutzsuchenden Menschen auch unter anspruchsvollen Bedingungen möglich sind.

Es gehe nicht darum, wie viele Menschen aufgenommen werden, sondern vielmehr darum, wie die Aufnahme gestaltet werde. „Menschen setzen nicht leichtsinnig ihr Leben aufs Spiel, in dem Wissen, dass unzählige Menschen vor ihnen, ihr Leben auf der Flucht verloren haben. Diese Menschen fliehen vor einer Realität, die sie diese Lebensgefahr in Kauf nehmen lässt, weil ein Bleiben eine höhere Lebensgefahr bedeuten würde“, so Jonathan Kühner weiter.

Die Ortsgruppe in Villingen-Schwenningen hat sich im Jahr 2020 gegründet anlässlich des Gemeinderatsbeschlusses im Oktober 2019, der Initiative beizutreten.