Simon Zimmerer vom Turnvereins-Vorstand macht zu Beginn der Sitzung die Nöte aus Sicht der Turner deutlich. Foto: Otto

So voll sind die Zuschauerplätze selten im Gemeinderat: Viele Mitglieder des Turnvereins sind am Mittwochabend dabei, um für ihre Belange bei einem Ersatzneubau für die ABG-Halle einzustehen. Der Gemeinderat ringt mit sich – und beschließt letztlich einen Kompromiss.

Rottweil - Die Lage ist brisant – dies hatte der Turnverein diese Woche in einem offenen Brief an Gemeinderat, Verwaltung und die Bürger deutlich gemacht. Beim Neubau einer Zweifeldhalle, wie im Ausschuss als Empfehlung an den Gemeinderat beschlossen, seien die Belange der Turner nicht berücksichtigt. Für Training und Wettkämpfe brauche man Platz, Geräte könnten außerdem nicht jedes Mal auf uns abgebaut werden.

Jetzige Situation ist Luxus

Vorstandsmitglied Simon Zimmerer nutzte dann auch am Mittwochabend gleich die Bürgerfragestunde zum Auftakt, um nachzuhaken, wie eine Lösung als Ersatz für den Gymnastikraum in der ABG-Halle überhaupt aussehen könnte. Oberbürgermeister Ralf Broß beleuchtete daraufhin nochmal die Ausgangslage und machte dabei auch klar, dass er den Wunsch des TV verstehe. Die Geräte stehen zu lassen, das sei natürlich bequem. Aber: "Die Situation jetzt in der ABG-Halle ist Luxus", so der OB. Und die Frage in der Klausurtagung des Gemeinderats sei gewesen, ob man sich in einem Neubau diesen Luxus leisten könne.

Auf- und Abbau zumutbar

Auch in einer Zweifeldhalle könne der Turnverein trainieren und Wettkämpfe durchführen. "Der Ab- und Aufbau der Geräte ist aber zumutbar." Außerdem sei es in Absprache mit den anderen Nutzern der Halle eventuell möglich, einen Teilbereich abzutrennen, in dem zeitweise Geräte stehenbleiben können.

Die Kosten, so Broß, würden sich bei einer Dreifeldhalle nahezu verdoppeln – von sieben auf bis zu 14 Millionen Euro, ganz abgesehen vom Zeitfaktor.

Die anschließende Diskussion – der Tagesordnungspunkt wurde vorgezogen und nach dem Haushaltszwischenbericht beraten – zeigte, wie zwiegespalten auch der Gemeinderat ist. Pascal Schneider von der CDU sprach für sich und Fraktionskollege Hans-Peter Alf: Nach langer nicht öffentlicher Beratung sei man für eine Dreifeldhalle, weil die Zweifeldhalle dem Bedarf einfach nicht gerecht werde. Er beantragte deshalb eine getrennte Abstimmung für Halle und Standortprüfung.

Harald-Armin Sailer (FDP) dagegen sieht vor dem Hintergrund des Haushalts nur eine Zweifeldhalle als möglich an, die die gleiche Fläche wie die ABG-Halle biete. Wichtig sei es, ein Nutzungskonzept zu finden, das auch den Turnern entgegenkommt.

Ganz anders Ingeborg Gekle-Maier von den Grünen: Sie habe zwar im Ausschuss für die Zweifeldhalle und damit die schnelle Lösung plädiert, nach dem offenen Brief und einem Termin vor Ort im Trainingsraum der Turner habe sich ihre Ansicht aber geändert. Die großflächigen Matten und die Geräte seien nicht immer abbaubar, die Brisanz der Situation habe sich für sie in den bisherigen Beratungen nicht erschlossen. Wichtig sei die Vorlage eines Konzepts, um überhaupt zu sehen, wie die Turner im Neubau trainieren sollen.

Kompromissvorschlag: Ein möglicher Anbau

Arved Sassnick (SPD+FFR) sowie Monika Hugger (CDU) begegneten sich schließlich mit ihren Vorschlägen, die in einen neuen Antrag mündeten: Zunächst Sassnick, dann Hugger plädierten beide dafür, bei den jetzt ins Auge gefassten Standorten für den Neubau – bei der ABG-Halle und nahe des AMG – die Option eines Anbaus für die Belange des Turnsports zu prüfen. Ob dieser jetzt oder später realisiert wird, ist offen, ebenso die Finanzierung. Monika Hugger erinnerte daran, dass andere Vereine ihre Trainingsstätten zum Teil selbst finanzieren. Und auch in Villingendorf müssten die Turner ihre Geräte auf- und abbauen. Die Option des Anbaus für eine Turn- und Bewegungshalle solle man sich aber unbedingt offenhalten.

Den ersten Teil des Beschlusses, das Votum für den Bau einer Zweifeldhalle, trugen 18 Räte mit. Pascal Schneider, Hans-Peter Alf, Ralf Armleder (SPD+FFR) und Simone Effinger (FWV) stimmten dagegen. Dem zweiten Teil bezüglich der Standortprüfung inklusive Prüfung eines optionalen Anbaus für den Turnsport stimmten dann 21 Räte zu – OB Ralf Broß enthielt sich.

Er bilanzierte, dass man nun zu einer "vernünftigen Entscheidung" gekommen sei. Während Hans-Peter Alf anschließend zu Protokoll gab, dass im Vorfeld leider wohl nicht die Belange aller Vereine berücksichtigt worden seien, widersprach Broß dem energisch. Es habe auch Gespräche gegeben, bei denen Vertreter des Turnvereins dabei waren.

Mit dem Beschluss ist man nun einen Schritt weiter – die Zeit drängt. Denn das "Damoklesschwert" einer möglichen Schließung der maroden ABG-Halle – die dem Land gehört – ist laut Broß allgegenwärtig.