Jede Menge Akten: Die Unterlagen zu den mutmaßlichen Betrugsfällen im Kreissozialamt sind in mehreren Ordnern zusammengefasst. Eine frühere Mitarbeiterin des Landkreises ist nun am Landgericht Hechingen erneut angeklagt, sich Gelder im großen Stil erschwindelt zu haben. Foto: Maier

Früheren Angestellten des Landkreises droht in Berufungsverhandlung am Hechinger Landgericht härtere Strafe.

Zollernalbkreis - Kein Betrug, keine Urkundenfälschungen – höchstens vereinzelt Nachlässigkeiten aufgrund von Stress: Die 66-jährige frühere Mitarbeiterin des Kreissozialamts hat zu Beginn der Berufungsverhandlung am Hechinger Landgericht erneut alle gegen sie erhobenen Vorwürfe bestritten.

Die Balingerin war im Dezember 2016 vom Amtsgericht Balingen wegen der nach Meinung der Richterin erwiesenen Vorwürfe zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren ohne Bewährung verurteilt worden. Gegen das Urteil ist die 66-Jährige in Berufung gegangen – ebenso die Staatsanwaltschaft, was zur Folge hat, dass Richter Volker Schwarz am Ende der neuerlichen Verhandlung auch eine schwerere Strafe aussprechen könnte.

Das machte Schwarz der Angeklagten zu Beginn der Verhandlung unmissverständlich deutlich. Dies sei ihre "letzte Chance", sich vor Gericht Gehör zu verschaffen und die Sache "zum Positiven zu wenden." Gegen ein weiteres gegen sie gerichtetes Urteil sei nur noch Revision möglich – dabei komme sie nicht mehr selbst zu Wort, dabei würde nur noch das Urteil auf Rechtsfehler überprüft.

Die Angeklagte will es gleichwohl wie in der Verhandlung vor dem Amtsgericht halten: Sie bestreitet die Taten. Das macht nun eine erneut umfangreiche Beweisaufnahme samt Anhörung zahlreicher Zeugen, unterstützt von Dolmetschern, notwendig.

Im Kern geht es in der Anklage um massive Ungereimtheiten in den Jahren 2013 und 2014 bei der sogenannten Rückkehrhilfe für Asylbewerber, für die die 66-Jährige bis zum Auslaufen des Programms im Spätherbst 2014 im Kreissozialamt zuständig war. Sie soll laut Anklage in Dutzenden Fällen Unterschriften des Amtsleiters auf Auszahlungsanordnungen gefälscht und nachträglich falsch datiert und zudem fiktive Aktenvorgänge erstellt haben – für angeblich Rückkehrwillige, die indes in der Verhandlung vor dem Balinger Amtsgericht ausgesagt hatten, dass sie niemals einen solchen Antrag gestellt hätten. Der Verdacht der Staatsanwaltschaft ist, dass die 66-Jährige dadurch die Kreiskasse um rund 61 000 Euro geschädigt hat. Ein Großteil des Geldes ließ sie angeblich in ihre eigenen Taschen fließen.

Die Frau bestritt am Dienstag in der neuerlichen Befragung durch Landgerichts-Richter Schwarz vehement und wortreich, betrogen, gefälscht und sich dadurch Geld erschwindelt zu haben. Vielmehr habe es vonseiten der Antragsteller immer wieder Missbräuche gegeben. Die falschen Angaben auf den mutmaßlich fiktiven Antragsvorgängen, etwa zu Religion und Berufsausbildung der Asylbewerber, erklärte sie damit, dass sie bei deren Befragung auf deren Darstellung sowie die Hilfe derer Dolmetscher vertraut habe. Im übrigen seien diese Angaben für den Antrag auch nicht relevant gewesen.

Dass eine Auszahlungsanordnung angeblich am Feiertag, 3. Oktober 2014, erging, sei schlicht ein "Fehler" mit dem Datumsstempel gewesen, der im Stress passiert sei, sagte die 66-Jährige: Angesichts der Flüchtlingssituation sei es im Kreissozialamt, wo sie neben der Rückkehrhilfe auch für Asylsachen zuständig war, spätestens im Jahr 2014 "wie im Irrenhaus" zugegangen.

Eine interessante Version lieferte sie auch für die mutmaßlichen Unterschriftsfälschungen: Sie selbst habe nichts manipuliert, möglicherweise aber gehe die sachverständige Grafologin deshalb von Fälschungen aus, weil der frühere Amtsleiter immer mit einem Tintenfüller unterschrieben habe: Oft habe er mehrmals ansetzen müssen, ehe die Tinte floss. Richter Schwarz merkte dazu an, dass die Grafologin eindeutig festgestellt habe, dass die Unterschriften mit Bleistift vorgezeichnet worden seien.

Weitere vier Verhandlungstermine sind angesetzt; der nächste am Freitag, 7. Juli (9 Uhr). Anfang August soll das Urteil fallen.