Drumherum stehen vor allem Einfamilienhäuser: Das Forum Bauen wirbt allerdings bereits jetzt für Eigentumswohnungen, die auf dem Grundstück in der Flözlinger Straße 5 entstehen sollen. Foto: Parage

Christoph Weichler legt Voranfrage für Mehrfamilien-Haus in Flözlinger Straße vor - und zieht sie zurück.

Zimmern ob Rottweil - Sigrun Reiser und Dietmar Rosenberger verstehen die Welt nicht mehr. Neben ihren Einfamilienhäusern in der Flözlinger Straße ist ein Komplex mit 14 Einheiten geplant. Oder doch nicht? Und darf das Forum Bauen in Zimmern eigentlich machen, was es will?

Dietmar Rosenbergers Elternhaus in der Flözlinger Straße 5 ist Geschichte. Vom Neffen verkauft und inzwischen abgerissen, um Platz für Neues zu schaffen. Doch Rosenbergers Problem ist nicht der Verlust. Probleme hat er vielmehr mit dem, was dort entstehen könnte. Neuer Besitzer des Anwesens ist nämlich Christoph Weichler, Geschäftsführer des "Forum Bauen" mit Sitz in Zimmern. Der ist nicht gerade für den Bau von Einfamilienhäusern bekannt. Frühere Projekte seines Unternehmens sind etwa das Dienstleistungszentrum in der Zimmerner Mitte oder das Mehrfamilienhaus auf dem Gelände der Galvanotechnik von Au in der Rottweiler Straße.

Anwohner sammeln Unterschriften

Als Sigrun Reiser, die in der Flözlinger Straße 3 wohnt, Weichler auf dem Nachbargrundstück stehen sieht, schwant ihr Böses. Kurz vor Abrissbeginn spricht sie Weichler deshalb an. Damals habe er ihr gesagt, er wisse noch nicht genau, was er bauen wolle. Zudem habe Sigrun Reiser ohnehin kein Mitspracherecht, weil sie kein direkter Anlieger ist. Ihr Haus und das Grundstück Nummer fünf trennt ein Gemeindeweg. Die Aussage kommt ihr auch deshalb so befremdlich vor, weil sie dasselbe zu hören bekommen hatte, als sie sich im Rathaus erkundigen wollte, was in ihrer Nachbarschaft passiert.

Ihr Mann habe daraufhin eine E-Mail an Christoph Weichler geschrieben. In dessen Antwort sei dann von einem Acht- bis Zwölf-Familienhaus die Rede gewesen. In einem Brief der Gemeinde an die Anlieger vom 12. April erfährt Dietmar Rosenberger, dass Weichler noch mehr vorhat: Er hat laut Verwaltung eine Bauvoranfrage für ein 14-Familien-Haus eingereicht. "Ab dann hab ich nicht mehr schlafen können", sagt Sigrun Reiser.  Das Vorhaben Das geplante Gebäude soll zum einen eine Tiefgarage, zum andern drei Vollgeschosse haben und eine Penthouse-Etage obendrauf. Für das Gebiet gibt es allerdings einen Bebauungsplan, der zwei Geschosse vorschreibt und Satteldächer mit einer Neigung von 30 bis 35 Grad. Dazu passt das Forum-Bauen-Projekt nicht: Befreiungen wären erforderlich – auch Baulinie und Baufenster würden massiv überschritten. Das wollen sich die Anwohner in der Flözlinger Straße nicht gefallen lassen, sie sammeln Unterschriften gegen das Vorhaben. Dabei hören sie immer mehr Gerüchte über den Investor.   Die Vorwürfe Unter anderem heißt es, dass Weichler die Penthouse-Wohnung bereits verkauft habe und sich rühme, er könnte in Zimmern bauen, was er wolle. Manchmal sei er selbst erstaunt, was in Verwaltung und Gemeinderat alles durchgehe. "Das ist eine bösartige Unterstellung", sagt Christoph Weichler. Die Behauptung sei eine Frechheit, er habe das nie so gesagt. Auch Bürgermeister Emil Maser erklärt: "Das ist natürlich nicht richtig." Der Unternehmer könne nicht tun, was er wolle.

Manche Zimmerner haben allerdings das Gefühl, es geht in der Verwaltung und im Gemeinderat nicht immer mit rechten Dingen zu. Komme der Investor mit einem Projekt, "müssen nur ein paar im Gemeinderat sagen: Jawohl, das machen wir", sagt Reiser. Gültige Vorschriften, an die sie sich beim Bau des Eigenheims hätten halten müssen, seien dann wie weggewischt. "Bei dem geht’s, bei dem nicht", urteilt sie. Und angesichts der immer neuen Mehrfamilienhäuser gehe Angst um in Zimmern – ist trotz bestehender Bebauungspläne überall alles möglich?

Zum einen hätte der Unternehmer nicht alle neuen Mehrfamilienhäuser im Ort gebaut, entgegnet Emil Maser. Zum andern hätten etwa fürs Dienstleistungszentrum in der neuen Mitte vier Architekten die Möglichkeit gehabt, Vorschläge einzureichen. Bei Gespräche mit den Planern, mit Interessenten für Wohnungen oder Arztpraxen hätten sich die Interessenten für das Forum Bauen entschieden. Maser: "Das ist ganz sauber gelaufen."

Und im Fall der Galvanotechnik von Au seien der Investor und die Procon Dr. Eisele GmbH, die den verunreinigten Boden austauschte, die einzigen gewesen, die die Neubebauung anpackten.

Werbung für Neubau gibt es längst

Christoph Weichler vermutet, dass die Anwohner der Flözlinger Straße Stimmung gegen ihn machen wollen. Sigrun Reiser wirft er vor, deren Familie habe einst selbst ein Grundstück an einen Bauträger verkauft. Heute stehe dort ein Mehrfamilienhaus – für das ebenfalls Befreiungen vom Bebauungsplan nötig waren. Befreiungen? Reiser widerspricht. Und zu den 14 Wohneinheiten sagt er, es seien unter Umständen gar nicht so viele – vielmehr hänge die Zahl von der Größe der späteren Wohnungen ab.  Zeitliche Abfolge Tatsächlich wirft auch die Reihenfolge der Ereignisse Fragen auf. In der Gemeinderatssitzung am 5. April hatte Bauamtsleiter Otto Haller berichtet, dass das Forum Bauen das Haus in der Flözlinger Straße 5 abreißen werde. Ob und was dort neu geplant sei, könne er nicht sagen, erklärte Haller damals. Allerdings hatte Weichler zu dieser Zeit bereits ein Banner an dem Altbau aufgehängt. Inhalt: "Hier entstehen in Kürze 2,5 – 3,5 – 4,5 Zimmer Eigentumswohnungen." Darüber hinaus schrieb die Gemeinde eine Woche später, am 12. April, einen Brief an Dietmar Rosenberger als Anlieger. Betreff: "Nachbarbeteiligung im Baugenehmigungsverfahren" zur Bauvoranfrage von Forum Bauen, dem Neubau eines Hauses mit 14 Wohneinheiten in der Flözlinger Straße 5. Unterschrieben von Haller. Darüber hinaus hat der Gemeinderat am 26. April nicht öffentlich über das Vorhaben gesprochen.

Der Bauamtsleiter bekräftigt auf Nachfrage: "Ich hab damals (am 5. April) noch keine Planung gehabt." Weichlers Bauvoranfrage sei erst am 11. April eingegangen. Zudem sei es in der Sitzung am 26. April vordergründig um die Klärung von Grundstücksfragen gegangen – nicht um die Bauvoranfrage, die aber in diesem Kontext Thema war. Gestern Abend sollte diese dann auf der öffentlichen Tagesordnung stehen.   Der Rückzug Sollte. Denn Christoph Weichler hat seine Bauvoranfrage Anfang Mai zurückgezogen.

Dubios ist, dass in der gedruckten Ausgabe eines Rottweiler Online-Mediums am 30. April eine Pressemitteilung zum Projekt erschienen ist. Darin heißt es unter anderem: "In Zimmern wird weiter fleißig gebaut. In der Flözlingerstraße, Ecke Lachengrund, entsteht ein neues Mehrfamilienhaus...". Und weiter: Geplant sei, den neuen Komplex bis Ende des Jahres fertig zu stellen. Dazu erklärt der Investor: "Ich hab mit Sicherheit keine Pressemitteilung herausgegeben."   Ausblick Wie es jetzt weitergeht? "Es wird eine andere Planung geben", sagt Christoph Weichler. Und die Anwohner der Flözlinger Straße sammeln weiter Unterschriften.

Längst geht es ihnen nicht mehr nur um das Grundsstück Nummer fünf. Viele fragen sich, wie Zimmern in Zukunft aussehen wird, wenn weiter in dem Tempo große Mehrfamilienhäuser entstehen. Ihre Listen werden mit jedem Tag länger.

Kommentar: Offen sprechen

Von Verena Parage

Der Bau von Mehrfamilienhäusern bleibt ein heißes Thema in Zimmmern. Während die einen für die Innenentwicklung und Neubauten plädieren, hätten die anderen neben ihrem Eigenheim am liebsten nur andere Einfamilienhäuser stehen. Doch die Anwohner der Flözlinger Straße gehen nicht nur deshalb auf die Barrikaden, weil neben ihnen ein "Klotz" mit vielleicht 14 Wohnungen entstehen sollte. Sie haben auch den Eindruck, dass das Forum Bauen in Zimmern machen kann, was es will, und dass Gemeinderat und Verwaltung willkürlich entscheiden, wer wo und wie bauen darf. Brisant daran ist, dass sie nicht allein sind mit dieser Meinung: Das zeigt ihre erfolgreiche Unterschriftenaktion. Die Stimmung im Ort ist aufgeheizt, Gerüchte kursieren. Warum sprechen Rathaus und Räte das Thema nicht endlich offen an? Etwa in einer Bürgerversammlung über Zimmerns Zukunft .