Auf dem Podium saßen (von links) Tim Fluhrer und Laura Schwarz vom MGG Horb, Jonas Schaible vom OHG Nagold, Moderator Carsten Knop von der FAZ, Claudia Rugart, Schulpräsidentin, Stephanie Kneißler, Ausbildungsleiterin fischerwerke, und Andreas Müller, Institut Beatenberg. Foto: fischer Foto: Schwarzwälder-Bote

fischerAbiturientenforum diskutiert über Entwicklungen im Schulsystem: Mehr Individualisierung gefordert

Waldachtal. Das fünfte fischerAbiturientenforum widmete sich in diesem Jahr dem kontrovers diskutierten Thema "Was muss, soll, kann Schule heute leisten?"

Seit mehreren Monaten hatten sich die angehenden Abiturienten in Sitzungen und verschiedenen Arbeitsgruppen in das Thema eingearbeitet. Marc-Sven Mengis, Geschäftsführer für den Bereich Personal bei fischer, hieß die knapp 200 Teilnehmer und Gäste willkommen.

Für das Unternehmen, so Mengis, habe der Bereich Bildung und Ausbildung höchste Priorität. "Menschen sind das größte Kapital, nicht Anlagen und Maschinen." Eingestimmt in die Diskussion wurden die Teilnehmer durch einen Video-Clip, den eine AG des Gymnasiums Dornstetten realisiert hatte.

Als Höhepunkt und Abschluss des Projektes wurden renommierte Fachleute als Referenten eingeladen. Aus der Schweiz war Andreas Müller vom Institut Beatenberg angereist, der als Schulleiter und Publizist Pionierarbeit mit seiner eigenen Schule leistet. Für ihn steht fest: "Vielfalt ist dort ein Problem, wo Einfalt herrscht." Seitens der staatlichen Schulverwaltung wurde Claudia Rugart, Schulpräsidentin im Regierungsbezirk Stuttgart, eingeladen. Für sie ist die Schule ein kleines Abbild der Gesellschaft. "Die Welt wird immer bunter, globaler, diverser, wir müssen uns fragen, für welche Welt wir ausbilden.", meinte sie.

Aus Sicht der Berufsausbildung kommt es für Stephanie Kneißler, Leiterin des Bereichs Ausbildung bei fischer, auf Eigenverantwortung, Begeisterungsfähigkeit und persönliches Engagement an, neben den schulischen und fachlichen Leistungen. Als Gesprächspartner auf dem Podium nahmen von Schülerseite Laura Schwarz und Tim Fluhrer vom Martin-Gerbert-Gymnasium Horb sowie Jonas Schaible vom Otto-Hahn-Gymnasium Nagold teil. Die Leitung der Diskussion hatte der leitende Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Carsten Knop, übernommen. Auf seine Frage nach den prägenden schulischen Erfahrungen wies Tim Fluhrer auf das Fehlen einer systematischen individuellen Förderung im aktuellen Schulsystem hin.

Nach Auffassung der Schüler auf dem Podium sollten mehr die Stärken des Einzelnen betont werden, anstatt durch Noten die Defizite zu markieren. Im Voting-Verfahren fand die Aussage Zustimmung, dass das derzeitige System nicht genügend individuell fördert.

Hier will, so Schulpräsidentin Rugart, die Gemeinschaftsschule ansetzen, die neue individuelle Lernformen und Coachingverfahren einführt. Diese individuelle Herangehensweise bestimmt auch das Lernen am Institut Beatenberg. "Wir müssen nicht das Lehren sondern das Lernen organisieren", so Andreas Müller.

Aus dem Publikum kam der Vorschlag, das gemeinsame Lernen in der Grundschule auf sechs Jahre zu verlängern, um mit zunehmendem Alter die Einsicht in die Notwendigkeit und den Wert von Bildung zu entwickeln. Dieser Vorschlag bekam beim Karten-Voting hohe Zustimmung.

Aus einem ganz anderen Blickwinkel berichtete der an der Heinrich-Schickhart-Schule Freudenstadt unterrichtende Lehrer für Mathematik und Technik, Mohammed Abuhamad, über seine Erfahrungen. Er wies als gebürtiger Palästinenser auf den hohen Wert einer kostenlosen guten Bildung hin, wie sie in Deutschland geboten wird. Für ihn ist es wichtig, dass trotz individueller Rücksichtnahme auch die Studierfähigkeit nicht aus den Augen verloren werden dürfe. Es bestehe durchaus das Risiko, dass die Begabten nicht ausreichend gefördert würden und das Gesamtniveau sinke.

Die spannende und ausführliche Diskussion machte deutlich, dass die in der aktuellen Politik vorhandenen unterschiedlichen Positionen sich auch unter den Teilnehmern widerspiegelten. In einem Punkt herrschte aber Einvernehmen: Wichtig ist, dass alle schulischen Wege Anschlussfähigkeit gewährleisten und auf das Leben und den Beruf vorbereiten müssen.

Seit 2011 beteiligen sich das Gymnasium Dornstetten, das Kepler Gymnasium, die Eduard-Spranger-Schule, die Heinrich-Schickhardt-Schule aus Freudenstadt, das Martin-Gerbert-Gymnasium Horb und das Otto-Hahn-Gymnasium Nagold am Forum bei der Unternehmensgruppe fischer.

Gemeinsam wird mit den Schülern, die im Folgejahr Abitur machen, ein Thema ausgewählt und dann in Arbeitsgruppen vorbereitet. Abschluss ist dann jeweils das Forum mit den Teilnehmern und Gästen. Dieser Artikel mit Bildern wurde von der AG Presse mit den Schülern Bastian Finkbeiner und Mike Lutz von der HSS-Freudenstadt und den fischer DH-Studierenden Maxim Birk und Annika Bauer erarbeitet.