In Schwenningen noch viel Stückwerk bei Radwegen / ADFC und Stadt bewerten Ergebnis unterschiedlich

Von Uwe Klausner

Villingen-Schwenningen. In Schwenningen sind viele Radwege nur Stückwerk, bemängelt der ADFC. In Villingen lässt es sich dagegen besser radeln. Beim Fahrradklima-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) landet VS auf Rang elf von zwölf teilnehmenden Städten (50 000 bis 100 000 Einwohnern) aus Baden-Württemberg.

Noten: Nur Esslingen (Note 4,18) rangiert hinter VS (4,15), an der Spitze die Uni-Stadt Tübingen (3,11), dahinter Friedrichshafen (3,23) und Offenburg (3,36).

Bewertung: ADFC in VS und die Stadt nahmen den Test für den Schwarzwälder Boten unter die Lupe. "Insgesamt sehen wir die Platzierung im Gesamtranking als nicht ganz so dramatisch an, da in ganz Baden-Württemberg die besten Städte nur eine Schulnote besser sind", meint Pressesprecher Nicolas Lutterbach.

Den ADFC- Auswertern sei aufgefallen, dass das Ergebnis für Villingen-Schwenningen sehr uneinheitlich ist. "Dies wundert uns nicht, denn die Situation in Villingen und Schwenningen ist sehr unterschiedlich", erklärt Steffen Lehr vom ADFC in VS. Dies sieht auch die Stadt so: Villingen-Schwenningen sei bedingt durch Klima, Topographie, Bevölkerungsstruktur und die weit auseinanderliegenden Stadtzentren Villingen und Schwenningen sicherlich keine klassische Fahrradstadt wie Freiburg, Münster oder Karlsruhe, erklärt Pressesprecher Nicolas Lutterbach.

Steffen Lehr geht ebenfalls darauf ein: "In VS bestehen deutliche Unterschiede in der Infrastruktur für Fahrradfahrer: Während in Villingen ein relativ gutes und ausgeschildertes Netz an Radwegen die Stadt durchzieht, kann Schwenningen nur mit dem durchgängigen Neckartalradweg bei Fahrradfahrern punkten – ansonsten sind in Schwenningen die Radwege nur Stückwerk oder in einem schlechten Zustand."

Infrastruktur: Im Vergleich zu ähnlichen Städten schneide VS deutlich schlechter ab bei der Infrastruktur für Radfahrer, zeigt Lehrer weiter auf. Diese seien: Reinigung der Radwege, Fahren auf Radwegen und -fahrstreifen, Winterdienst auf Radwegen, Oberfläche der Radwege und zügiges Fahren. Insbesondere die Frage, ob die Radwege und -fahrstreifen so angelegt sind, dass auch Alte und Junge sicher Rad fahren könnten, werde von der Hälfte der Teilnehmer mit der Note fünf oder sechs bewertet. Die Radfahrer bewerteten die Routenführung der Radwege auch nicht als zügig und direkt.

Steffen Lehr macht deutlich: "VS braucht einen Radverkehrsplan, der die Routen der Radfahrer berücksichtigt und ein Zielnetz vorgibt. Dies ist besonders für Schwenningen dringend nötig." Dieser Plan müsse sich ausrichten an die Bedürfnisse aller Radler. Zum Beispiel Alltagsradler, Schüler, Radtouristen sowie Radfahrer unterschiedlicher Altersgruppen.

Alltagsradler bevorzugten zügige Verbindungen. Die Radverkehrsinfrastruktur müsse weg vom Bürgersteigradweg mit der Beschilderung "Fußgängerweg – Radfahrer frei" hin zu einer gleichberechtigten Beteiligung der Radfahrer auf Augenhöhe mit dem motorisierten Verkehr: Radfahrstreifen, Schutzstreifen, verstärkte Ausweisung von Tempo 30 innerorts und die Freigabe von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer. "Parallel dazu brauchen wir auch ein Angebot mit abgetrennten Radanlagen für Kinder und Senioren."

Besonderheiten: Nicolas Lutterbach greift einige "Spezifika für VS" heraus:

Fahrradverleihsystem: Dieses fehlt in VS. Durch die zwei sehr eigenständigen und weit auseinanderliegenden beiden großen Stadtzentren lässt sich ein solches Verleihsystem nicht so wirtschaftlich betreiben wie zum Beispiel in Offenburg, teilt er mit.

Winterdienst: Durch die sehr langen Winter in VS (im Vergleich mit den Städten in der Rheinebene) und den damit verbundenen Winterdienst kommt es durch die Schneemengen logischerweise zu Einschränkungen für den Radverkehr, auch wenn die Radwege umfangreich geräumt werden, beispielsweise Schneewälle an den Übergängen von Straßen auf Radwege, Streusplitt gegen Eis und Schnee auf den Radwegen, zugeschüttete Markierungen, erklärt Lutterbach.

Fahrradmitnahme im Nahverkehr: VS liegt hier an einer Verbundgrenze, so dass in unterschiedliche Richtungen unterschiedliche Bestimmungen gelten. Richtung Offenburg kann man das Fahrrad kostenlos mitnehmen, Richtung Rottweil nur zu bestimmten Zeiten.

Zusammenarbeit von Stadt und ADFC: Die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung sei verbesserungswürdig. "Leider wurde jahrelang die Förderung der Fahrradinfrastruktur entsprechend der Richtlinien für Radverkehrsanlagen in VS vernachlässigt." Das Ergebnis sei auch am zuletzt gebauten Radweg entlang des Klinikums zu besichtigen. Vor dem Krankenhaus kreuze der Radweg zweimal die Ein- und Ausfahrt zum Klinikum. Die Sicht werde durch Hinweisschilder stark eingeschränkt.

Inzwischen gebe es einen Ansprechpartner für den Fahrradverkehr, mit dem der ADFC VS gut zusammen arbeiten, wenn es um künftige Projekte geht. Radverkehrsförderung braucht nicht nur die Zusammenarbeit mit einzelnen Personen der Stadtverwaltung, sondern auch eine deutliche positive Unterstützung durch die Politik, insbesondere durch die Stadträte.

Perspektiven: Und mit dieser Unterstützung könnte VS beim nächsten Test eine besser Platzierung erreichen. Und auch die Stadtverwaltung sieht die Ergebnisse des Fahrradklima-Test als Ansporn, einige Defizite in der Infrastruktur weiter aufzuarbeiten, was auch kontinuierlich geschieht.

Für 2015 stehen unter anderem folgende Projekte an: asphaltierter Ausbau der Radwegeverbindung von Marbach nach Bad Dürrheim und von Marbach nach Villingen, Ausbau des Neckarradwegs zwischen Lupfenstraße und Rottweiler Straße Radwegausbau in der Spittelstraße im Bereich Deutenberg (bereits zu Hälfte fertig), Ausbau zwischen Steinkreuzweg und Obereschacher Straße (Teil vom Landesradnetz), Fortsetzung des Projekt Stadteinfahrt West (Installation von Radfahrstreifen), neue Abstellanlagen im Stadtgebiet. Eine genaue Summe, wie viel Geld im Haushalt 2015 für die Verbesserung der Radinfrastruktur zur Verfügung steht, lässt sich nicht beziffern, da viele Maßnahmen Teil von größeren Straßenbauprojekten sind, erklärt die Stadt.