Jürgen Strohm bei seinem Traumberuf Töpfern, den er in Gengenbach erlernt hat. Foto: Kauffmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Altes Handwerk: Jürgen Strohm suchte lange nach einer Lehrstelle / Beruf wird zur Berufung

Jürgen Strohm hat seine Nische gefunden: Mit der "Töpferei ob dem Brückle" hat er sich vor Jahrzehnten selbstständig gemacht. Er stellt alles her, was möglich ist. Doch es gibt einen besonderen Auftrag, den er wohl nie vergessen wird.

VS-Schwenningen. Jürgen Strohm sitzt am Drehtisch in der Töpferwerkstatt, während ihm eine Besuchergruppe still und gespannt über die Schultern schaut. Plötzlich tönt es: "Gell, das ist schöner als Arbeiten!" Strohm lacht – nicht nur damals, sondern auch heute, wenn er Bekannten diese Anekdote erzählt. Gehört hat er den Spruch in der Schweiz, vor mehr als drei Jahrzehnten – und dennoch: Von ihrem Charme hat diese Erinnerung nichts verloren, zeigt sie doch so humorvoll, dass der gelernte Töpfer seine Berufung zum Beruf gemacht hat. Strohm ist ein Töpfer mit Leidenschaft und das drückt er so aus: "Man muss schon angefressen sein, man muss es wollen."

Ausbildung im badischen Gengenbach

"Es ist wie ein Sechser im Lotto, wenn man eine Lehrstelle bekommen hat." Der Andrang auf den Beruf des Töpfers ist noch Anfang der 1980er-Jahre so groß, dass Strohm zahlreiche Bewerbungen schreibt und Werkstätten in ganz Deutschland bereist. Doch geblieben ist der gebürtige Schwenninger schließlich im badischen Gengenbach im Kinzigtal. Später verbringt er seine Gesellenzeit in Südfrankreich, danach in der Schweiz, legt seine Meisterprüfung ab, kauft ein altes Haus in Schwenningen, wo er bis heute erfolgreich seine Werkstatt betreibt.

"Was wir machen, ist Luxus", sagt Strohm. Man brauche schon Sinn für so etwas, um Geld dafür auszugeben. Aber Strohm betont: Nachdem Ende der 1990er-Jahre Tonwaren in immer kleineren Mengen gekauft worden waren, werden die handgefertigten Produkte heute immer beliebter: "Viele Jüngere legen heute wieder mehr Wert auf Individualität" – und bevorzugten das handgemachte Unikat vom Töpfer. "Auf Märkten kann ich das immer wieder beobachten", freut er sich.

Dort bietet er oft Vasen, Teller und Tassen an. Zuweilen erhält er auch ganz außergewöhnliche Aufträge. "Was möglich ist, machen wir", sagt Strohm. Darunter ist etwa der BMW-Oldtimer aus den 60ern. Zwei Wochen und mehr als 20 Kilo Ton habe er für den originalgetreuen Nachbau gebraucht – selbst für den erfahrenen Töpfer ein Novum.

Viel näher an der Normalität, aber nicht weniger kunstvoll sind etwa seine Firstfiguren: zum Beispiel Katzen und Hexen, die wetterfest hoch auf dem Dach thronen.

Jeden Tag erschafft Strohm am Drehtisch solche Unikate. "Ich sehe abends, was ich den Tag über gearbeitet habe", erklärt er den Reiz seiner Arbeit. Dass er sich als Schwenninger langfristig in seiner Heimat niederlässt, war übrigens nicht von Anfang an vorgezeichnet: "Eigentlich wollte ich gar nicht mehr zurückkommen." Aber daheim ist es doch am schönsten: "Als ich auf Reisen war, bin ich immer wieder zurückgekommen, und wenn mich jemand in einem Laden mit Namen grüßte, da wusste ich: Das ist Heimat." Hier hat er sich selbstständig gemacht. In einem alten Haus in der Straße "Ob dem Brückle" hat er sich niedergelassen. "Schon während meiner Schulzeit war das Gebiet Ob dem Brückle etwas ganz Besonderes für mich, es war wie ein Dorf im Dornröschenschlaf."

Er ist in seine Heimat Schwenningen zurückgekehrt, in ein altes, romantisches Gemäuer, in dem er eine Töpferwerkstatt eingerichtet hat. Aussterben werde sein Beruf nie. Man bediene zwar eine Nische, aber die wird es auch künftig geben. Der Beweis: Immer wieder trudeln Bewerbungen bei ihm ein – und er erinnert sich an eine Zeit, in der nie vermutet hätte, dass er sich einmal wieder in seiner schwäbischen Heimat niederlässt.