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Verbraucherzentralen warnen Bankkunden, in der Beratung Protokolle zu unterschreiben.

Stuttgart - Verbraucherzentralen warnen Bankkunden, die Protokolle zu unterschreiben, die seit Jahresanfang in der Anlageberatung vorgeschrieben sind. Im Falle einer Falschberatung schützen die Protokolle die Banken und nicht den Verbraucher.

Das Urteil des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (VZBV) ist vernichtend. "Mehr Sorgfalt in der Finanzvermittlung wird es nur geben, wenn die Anbieter fürchten müssen, für Falschberatungen auch belangt zu werden", sagt VZBV-Vorstand Gerd Billen. Nach einer Untersuchung der Verbraucherzentralen erfüllen die Beratungsprotokolle derzeit nicht das Ziel, Verbrauchern damit ein Beweismittel an die Hand zu geben, um bei Bedarf Schadenersatzansprüche durchzusetzen. Klarheit über den Inhalt des Beratungsgesprächs werde nicht geschaffen.

Der VZBV sieht die Bundesregierung am Zug. Sie müsse dafür sorgen, dass die Protokolle Verbraucher effektiv schützen, fordert Billen. Für die Beratungsdokumentation müsse ein "klarer, einheitlicher und verbindlicher Standard" gelten. Eine Sprecherin der zuständigen Verbraucherschutzministerin Ilsa Aigner sieht allerdings keinen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Vielmehr müssten die Banken nachbessern und ihre Mitarbeiter schulen. Und die Finanzaufsicht Bafin "muss stärker kontrollieren, dass Banken die gesetzlichen Vorgaben einhalten".

Banken minimieren ihr Haftungsrisiko

Die Verbraucherzentralen haben 61 Beratungsprotokolle analysiert aus dem letzten Bankentest der Stiftung Warentest. In diesem im August veröffentlichten Test, wurde in 126 Gesprächen zu Wertpapieren beraten, jedoch nur in den genannten 61 Fällen ein Beratungsprotokoll ausgehändigt. Die Protokolle wurden daraufhin untersucht, ob die gesetzlichen Vorgaben richtig umgesetzt wurden, ob die wichtigsten Aussagen und Kundenanliegen wiedergegeben wurden und ob es Passagen im Protokoll gab, die das Kreditinstitut vor Gericht gegen den Verbraucher verwenden kann.

Die Untersuchung zeigte nach Angaben des VZBV deutlich, dass die Banken die Protokolle einsetzen, um ihr Haftungsrisiko zu minimieren. Obwohl es keine gesetzliche Pflicht zur Unterzeichnung des Protokolls durch den Verbraucher gibt, ist die Unterschrift in vielen Fällen vorgesehen. Damit sollen Verbraucher die Richtigkeit aller Protokollinhalte bestätigen. Im Falle einer Falschberatung und Durchsetzung von Ansprüchen kann jedoch die Unterschrift zum Bumerang für den Verbraucher werden.

Die Beratungsprotokolle spiegeln wider, dass es bei den Gesprächen zwischen Berater und Kunden weniger um Beratung als vielmehr um Verkaufen geht, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Deshalb ist der Berater immer geneigt, auch im Protokoll die Vorteile eines Produkts herauszustellen", so Nauhauser.

Vielfach dokumentieren die Protokolle gar nicht, was der Kunde gesagt hat. In 59 von 61 Fällen wurde etwa das Anlageziel nicht vollständig dokumentiert, in keinem Fall die finanziellen Verhältnisse des Anlegers vollständig erfasst. In keinem Fall wurden die Provisionen, welche die Bank für die Vermittlung erhält, aussagekräftig offengelegt, listet der Bundesverband der Verbraucherzentralen auf.

Verbraucherschützer fordern Konsequenzen

Häufig haben die Protokolle Ankreuzfelder vorgegeben, die nur ganz ungenau die Ziele oder die eigene Risikoeinschätzung des Kunden wiedergeben. So hatte der Testkunde etwa den Wunsch, sein Kapital für zehn Jahre anzulegen, danach sollte es mindestens vollständig erhalten sein. In der Mehrzahl der Fälle war die Anlagedauer deshalb nicht korrekt erfasst, weil es nur ein Feld zum Ankreuzen mit der Laufzeit "über 5 Jahre" gab.

Die Verbraucherschützer fordern Konsequenzen. Um den Spielraum der Banken zu begrenzen, solle das Bundesfinanzministerium eine konkretisierende Verordnung erlassen. So sollen die Beratungsprotokolle einem einheitlichen und aussagekräftigen Standard entsprechen. Die Verbraucherzentralen werden den Umgang von Banken und Sparkassen mit den Protokollen weiter beobachten und Erfahrungen von Kunden zu diesem Thema sammeln.