Vorerst bleibt alles beim Alten – der Parkplatz neben dem Backsteinbau wird erst mal nicht bebaut. Foto: Danner

Gemeinderat beschließt in nichtöffentlicher Sitzung, keinen städtebaulichen Vertrag einzugehen.

Sulz - "Es ist ein bisschen wie bei meiner Scheidung 1974. Man hat sich gütlich getrennt. Aber glücklich war man danach trotzdem nicht." So beschreibt SPD-Fraktionssprecher die aktuelle Gemütslage der Stadträte. Dabei waren die Stadt Sulz und die Projektgruppe "Profimed-Zentrum" noch gar keine dauerhafte Verbindung eingegangen. Die ist nun an den Verhandlungen des Ehevertrags gescheitert, um in der Metapher zu bleiben. Ein Gesundheits- und Dienstleistungszentrum in den Neckarwiesen wird es nicht geben – jedenfalls nicht in der vorgestellten Form.

Entsprechend nachdenklich sind die Gesichter der Stadträte, die gestern morgen gemeinsam mit der Stadtverwaltung zum Pressegespräch gebeten haben. Alle vier Fraktionen sind vertreten, bekundeten unisono, man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. In nichtöffentlicher Sitzung war am Montagabend mehrheitlich abgelehnt worden, einen städtebaulichen Vertrag mit den Projektentwicklern abzuschließen. Über das Verhältnis von Ja- und Nein-Stimmen möchte sich Bürgermeister Gerd Hieber nicht äußern, betont aber auf Nachfrage, es sei zuvor "intensivst diskutiert worden." Dass er selbst gerne noch weitere Gespräche geführt hätte, daraus macht er keinen Hehl. Die Mehrheit im Gemeinderat sah es aber wohl anders.

Über wichtige Eckpunkte haben sich Verwaltung, Gemeinderat und Projektgruppe nicht einigen können, berichtet Hieber. Die Fraktionsvertreter bestätigen, dass es unter anderem um die Anzahl der Fachärzte aber auch um die Parkplatzsituation gegangen sei. Für die Kommunalpolitiker entscheidende Faktoren.

"Schließlich hätten wir hier ein Sahnestückchen verkauft", sagt Stadtrat Eberhard Stiehle (FWV). Schlussendlich habe jeder nach seinem eigenen Bauchgefühl entschieden, ohne Fraktionszwang.

Robert Trautwein (CDU) erklärt, niemand habe mit "Feuer und Flamme" dafür oder dagegen gestimmt. Man habe von den Projektentwicklern klare Aussagen eingefordert: "Ihr müsst uns klipp und klar sagen, was kriegt ihr hin, und was kriegt ihr nicht hin." Und das sei nicht geliefert worden.

Noch vor kurzen berichtete unsere Zeitung darüber, dass die Projektentwickler bereits Miet- und Kaufinteressenten vorweisen können. Das ist nun obsolet. Der Parkplatz neben dem Backsteinbau wird vorerst nicht bebaut.

Fair und ohne Schuldzuweisungen sei diskutiert worden, wirft Heidi Kuhring (GAL) ein. Zu viele ungeklärte Fragen hätten schließlich zum ablehnenden Beschluss geführt. "Das war alles zu dürftig." Besser jetzt eine Entscheidung treffen, als das Ganze hinauszögern und noch mehr Arbeitsstunden von allen Seiten investieren, ist ihre Überzeugung.

Zu viele Eckpunkte bleiben ungeklärt

Bei solcherlei Projekten werde ohnehin auf vielen Feldern gespielt, antwortet Klaus Schätzle auf die Frage, ob das Gesundheits- und Dienstleistungszentrum nun womöglich in einer anderen Stadt realisiert werde. Mit der Ablehnung des Daimler-Großprojekts vor etlichen Jahren will er diese Situation nicht vergleichen. Damals hätten alle Seiten genau dargelegt, was sie wollen und was nicht. Hier allerdings seien die Aussagen der Projektentwickler einfach zu unklar. Dabei beeinflusse natürlich auch die Kassenärztliche Vereinigung, ob und welche Fachärzte sich in Sulz niederlassen dürfen, gibt er zu bedenken.

Die Ideen allerdings, die bei diesem Prozess entstanden seien, die will man weiter spinnen, sagt der Bürgermeister. Da wurde etwa ein Parkplatzkonzept erstellt, das Stellplätze entlang der Bahnhofsstraße vorsieht, sollte der Platz neben dem Backsteinbau tatsächlich einmal bebaut werden. Schließlich will man für die Bahnreisenden aber auch für Besucher der Veranstaltungen im Backsteinbau attraktiv bleiben. Ein Defizit an Fachärzten sei da. Nun müsse man weiter sehen.

Jetzt stehen erst einmal die Ferien an. Die Kommunalpolitiker aber auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die bereits einiges an Arbeit investiert haben, können sich ihre Wunden lecken und den Trennungsschmerz verarbeiten. "In der Sommerpause sind wir recht gut besetzt", sagt Hauptamtsleiter Hartmut Walter. Die Bemühungen, interessierten Firmen Räumlichkeiten anbieten zu können, damit sie in Sulz blieben, liefen also weiter. Die Balz geht weiter – nur nicht nachlassen.

Seite 2: Entscheidung fällt noch dieses Jahr

Aus der Traum – Frank Schlupp von der Firma Keytech Süd GmbH hatte schon auf den Spatenstich zum "Profimed-Zentrum" gewartet. Die Räumlichkeiten im Bahnhofsgebäude, in denen seine Software-Firma derzeit beheimatet ist, werden zu klein. Mit Aussicht auf einen Neubau gleich gegenüber habe er seine Bemühungen nach einer neuen Unterkunft eingestellt. Nun allerdings müsse er seine Netzwerke wieder aktivieren. Und er werde seinen Radius vergrößern. In Rottweil, Balingen und Vöhringen sieht er sich Räumlichkeiten an, die er kommendes Jahr mieten kann, wenn seine Mitarbeiterzahl steigt.

Dabei bliebe er gerne in der Neckarstadt. "Meine Mitarbeiter und ich fühlen uns hier wohl." Er schätzt die Nähe zur Bahn, aber auch zur Autobahn. Mit Bürgermeister Gerd Hieber und Hauptamtsleiter Hartmut Walter sei er weiterhin in Verbindung, fordere von der Stadt auch ein, dass diese sich nach möglichen Investoren umsehen und wiederum ihre Netzwerke nutze. Doch wenn es keine Räume für ihn gebe, dann gebe es die eben nicht, sagt er. Da könnten Hieber und Walter auch nichts machen. Sie seien ja nur die Vermittler. Bis zum Herbst/Winter will er auf jeden Fall eine Entscheidung getroffen haben.