600 000 Euro hat der Gemeinderat für den Erhalt der Steillagen genehmigt. Foto: Petsch

Die Stuttgarter Stadtverwaltung hat ein Programm für den Erhalt der Mauern in den Terrassen der Steillagen erarbeitet. Doch die Wengerter fühlen sich mit ihren Vorschlägen übergangen.

Die Stuttgarter Stadtverwaltung hat ein Programm für den Erhalt der Mauern in den Terrassen der Steillagen erarbeitet. Doch die Wengerter fühlen sich mit ihren Vorschlägen übergangen.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat auf Antrag der Grünen und der SPD für den Erhalt der Steillagen an Stuttgarts Hängen 600 000 Euro genehmigt. Damit will man das Fördergeld für die Reparatur der Weinbergmauern erhöhen. Zudem wird Geld in den Erhalt der Wandel und Wege auf der Wangener Höhe fließen und in den Erhalt eines Weinbergs in Rohracker.

Das ist das Resultat eines Runden Tisches, bei dem Verwaltung, Stadträte und Weingärtner zusammensaßen. Bis zum Sommer soll dies nun in eine Vorlage einfließen, die dem Gemeinderat vorgelegt wird. Viele Weingärtner sind mit dem Ergebnis unzufrieden, sie fühlen ihre Belange nicht genügend berücksichtigt.

Verein für Erhaltung kommt wohl nicht zustande

Der Vorschlag der Wengerter lautete, einen Verein zu gründen, der den Erhalt der Terrassen zum Ziel hat. Dieser Verein sollte das Geld der Stadt bekommen, eine Bauhütte gründen und betreiben. Dort solle ein Trupp aus Feldmaurern und Steinmetzen angestellt sein, die allen Wengertern zur Verfügung stehen. Weingärtner Fritz Raith aus Mühlhausen: „Wir wollen nicht auf Staatskosten leben, mit dem Geld sollen nur die Mauern gerichtet werden.“

Die Stadt allerdings verfolgt ein anderes Konzept. Sie orientiert sich an einem Konzept aus Hessigheim und will die Förderung der Mauern von 150 Euro je Quadratmeter auf 250 Euro je Quadratmeter erhöhen. Raith sagt dazu: „Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein und macht in manchen Lagen gerade mal die Hälfte der Reparaturkosten aus, die oft mehr als 500 Euro je Quadratmeter betragen.“ Zudem sei das Antrags- und Auszahlungsverfahren äußerst kompliziert, „da musst du extra noch einen Anwalt bezahlen, um das richtig zu machen“. Deshalb sei ja auch in der Vergangenheit nicht alles Geld abgerufen worden.

Es fehlen Experten für die Mauer-Renovierung

Mit das größte Problem sei aber, dass es gar nicht mehr genug Experten gebe, um die Mauern reparieren zu können. Einen einzigen solchen Spezialisten hat es noch in Stuttgart. Bei einer Erhebung haben die Wengerter festgestellt, dass 1500 Quadratmeter mauern dringend saniert werden müssen, sonst drohen die Hänge abzurutschen. Raith: „Wir Fachleute haben unser Konzept vorgestellt, aber wir werden nicht gehört. Das ist frustrierend !“

Sein Kollege Rolf Berner vom Collegium Wirtemberg sagt: „Da treffen Recht- und Verwaltungslaien wie wir auf Recht- und Verwaltungsprofis.“ Und dementsprechend sehe das Ergebnis aus. Er hoffe allerdings, dass im weiteren Prozess doch noch die Ideen der Wengerter Eingang finden, denn „so ist diese Lösung nicht praxisgerecht und für uns nicht machbar“. Er hat sogar angeboten, seine Mauern dem Finanzbürgermeister Michael Föll zu schenken. Föll wollte allerdings das Geschenk nicht annehmen.

Föll sagt: „Wir haben uns an das Programm aus Hessigheim angelehnt, weil es von der Europäischen Union genehmigt wurde.“ Und es bestehe eben die Gefahr, dass die EU andere Vorschläge nicht akzeptiere oder zumindest ewig prüfen würde. Auch sei es nicht möglich, dass die Stadt eine Bauhütte betreibe, „wir können und dürfen gar nicht als Konkurrenz für am Markt vorhandene Betriebe auftreten“. Doch man werde selbstverständlich die Diskussion fortsetzen, „das Förderprogramm ist nicht in Stein gemeißelt und durchaus veränderbar“.

Stuttgart ist mit 450 Hektar Anbaufläche die deutsche Großstadt mit den meisten Rebflächen. Knapp ein Fünftel davon, etwa 75 Hektar, sind Steillagen. Dort wachsen die Reben auf einem Hang, der mehr als 30 Prozent Steigung aufweist. Ein großer Teil davon sind terrassierte Steillagen. Das heißt, Trockenmauern teilen den Berg in Terrassen. Auf diesen schmalen ebenen Flächen werden die Rebstöcke gepflanzt. Für die Pflege der Rebstöcke auf den Terrassen fallen 1500 Arbeitsstunden an, in flachen Lagen braucht man 500 Stunden. Weil sich das viele Wengerter nicht mehr zumuten wollen, versteppen viele Weinberge.