Auf dem früheren Güterbahnhofgelände in Bad Cannstatt ist neben Gewerbe, rund 460 Wohnungen und öffentlichen Einrichtungen auch so ein Stadtpark vorgesehen Foto:  

Planer halten im Kerngebiet des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt 414 bis 460 Wohnungen für möglich – in einem Mix mit Läden, Büros und Kleingewerbe. Die Chancen stehen gut. Der Widerstand gegen Wohnungsbau bröckelt immer mehr.

Stuttgart - Die bauliche Entwicklung des Neckarparks ist ein zähes Thema – jetzt aber bewegt sich was. Der Widerstand gegen Wohnungsbau im Gemeinderat bröckelt. Am Dienstag wurde die neue Machbarkeitsstudie für Wohnen und Arbeiten diskutiert – und davor hatten sich einige Akteure neu orientiert. Die FDP, die bisher wie die CDU und die Freien Wähler dem Wohnungsbau wegen des Lärms von der nahen Bahnstrecke und vom Festgelände Cannstatter Wasen kritisch gegenübergestanden war und nur Gewerbe wollte, hat den Kurs gewechselt. „Wenn wir bezahlbare Wohnungen in Stuttgart brauchen, dann muss man sie irgendwo bauen“, sagt Bernd Klingler (FDP). Was jetzt für ein Mischgebiet auf dem Tisch liege, sei daher recht vernünftig – auch wenn man kein Spitzenwohngebiet erhalte. Beim Blick auf den Facebook-Auftritt des CDU-Kollegen Alexander Kotz habe er auch Erstaunliches entdeckt. Dort heiße es, die CDU sei mitten in einer Diskussion mit offenem Ergebnis. Allerdings fand CDU-Stadtrat Philipp Hill am Dienstag, als der Technik-Ausschuss nicht öffentlich diskutierte, noch viele Haare in der Suppe. Rose von Stein (Freie Wähler) sagte unserer Zeitung, die Verantwortlichen müssten sich mehr Gedanken über die Qualität der Wohnungen machen – mit dem Wohnungsgedanken gehen jetzt aber auch die Freien Wähler um. Die Fraktionen von Grünen, SPD und SÖS/Linke, die eine Mehrheit im Rathaus haben. wollen schon lange Wohnungsbau, am liebsten bis zu 600 Einheiten. Am ganzen Thema mache man schon seit 2004 herum, kritisiert Peter Pätzold (Grüne).

Der Baustart sei frühestens 2016 substanziell möglich, sagte Bürgermeister Matthias Hahn (SPD) im Städtebauausschuss, einem beratenden Gremium mit Planungsexperten. 2016 komme die Stadt erst an das letzte der benötigten Grundstücke ran. Danach beginne man mit dem Bau der Straße, die künftig das Rückgrat des Gebiets sein soll. Arbeitstitel: „Planstraße“. Im ersten Quartal 2015 will Hahn die öffentliche Auslegung des Bebauungsplan-Entwurfs beschließen lassen. Bis dahin ist noch viel zu tun. Unter anderem die Umsiedlung der vielen geschützten Mauereidechsen im Gebiet. Die Machbarkeitsstudie vom Architekturbüro Schüler sei ein Testentwurf, um zu klären, wie viele Wohnungen möglich seien, sagte Hahn. Die Antwort: 460 Wohnungen zu je 90 Quadratmeter oder 414 Wohnungen zu je 100 Quadratmetern.

Die Kerngedanken: Im Norden zu den Gleisen hin entstehen lärmdämpfende Riegelbauten, in denen Bäder und Küchen zur Bahn hin platziert werden, Schlaf- und Wohnzimmer nach Süden. Die Ost-West-Gebäudeflucht wird durch lärmdämmende Glaselemente aufgelockert. Nach Süden hin entwickeln sich von den Riegelbauten bis zur „Planstraße“ Wohnbaufelder mit Mehrfamilienhäusern, die sich um einen Innenhof mit Tiefgarage gruppieren. Zwischen den Wohnbaufeldern, in denen private Baugemeinschaften 45 Prozent aller Wohnungen des Gebietes erstellen sollen dürfen, würde es Wohnwege geben – autofrei, weil die Fahrzeuge von der „Planstraße“ rasch in die Tiefgarage abtauchen. Der Abschluss zur „Planstraße“ hin wären Gebäude, für die ein Ankerinvestor und Tiefgaragen-Bauherr gesucht wird. Im Erdgeschoss sind Läden und Kleingewerbe vorgesehen, nur darüber Wohnungen. Den Quartiersplatz, der im Osten des Gebiets entstehen soll, stellte sich das Büro Schüler weiter nördlich und näher an der Bahntrasse vor, als bisher erwogen wurde. Ein Quartiershaus könnte als Solitär Sozialeinrichtungen oder auch Wohnungen beherbergen. Seitlich ist ein Lebensmittelmarkt Wand an Wand zur Parkgarage für das Gewerbe im Quartier angedacht.

An dem Konzept gab es allerdings Kritik. Der Neckarpark müsse besser mit den Nachbargebieten vernetzt werden. Läden zur Nahversorgung würden am wichtigsten Quartiersplatz beim Stadtarchiv gebraucht, meinten die Grünen und auch einige Architekten. Dieser zentrale Ort solle nicht geschwächt werden. Das Quartiershaus wäre zu sehr dem Bahnlärm ausgesetzt. Wenn man die Baugemeinschaften an der „Planstraße“ tätig werden ließe, könnte man eher auf einen zeitgemäßeren Mix aus Läden, Kleingewerbe und Wohnungen im Erdgeschoss hoffen. Überhaupt, meinten manche, sei das Konzept „nicht zukunftsweisend“.