Der Sportwissenschaftler Klaus Bös und Gerhard Mengesdorf (stehend) referieren bei der Gesundheitswoche. Foto: Hüber Foto: Schwarzwälder-Bote

Sportwissenschaftler Klaus Bös spricht über körperliche Aktivität und Fitness / Kinder werden verweichlicht

Von Stephan Hübner

St. Georgen. Nicht allzuviel Interesse an Kindergesundheit scheinen die Bergstädter zu haben, jedenfalls wenn es nach der Beteiligung am entsprechenden Abend der Gesundheitswoche geht.

Der Sportwissenschaftler Klaus Bös sprach über körperliche Aktivität und Fitness von Kindern und Jugendlichen. Die Sicht, Kinder seien immer langsamer, dicker und psychisch instabiler halte er für Quatsch. Es gebe heute viele Bewegungsinseln, samt Fahrten mit dem Auto. So gehe viel soziales Miteinander verloren.

Vereinsmitgliedschaft könne nicht den Alltag kompensieren. Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene einstündige Bewegung täglich hätten nur ein Drittel bis ein Viertel der Grundschüler, danach nur zehn Prozent. Die Fähigkeit zum Weitsprung sei von 1976 bis 2006 um 14 Prozent gesunken, die Zahl der Übergewichtigen von unter zehn auf über 20 Prozent gestiegen. Übergewicht hänge mit dem Verhältnis von Energieaufnahme zu -verbrauch zusammen. Man müsse im Kleinen gegensteuern: "Lassen sie ihre Kinder zur Schule laufen, auch wenns regnet."

Völliger Quatsch sei die Annahme, mit ein bisschen Bewegung höhere Leistungsfähigkeit zu erreichen. "Ohne Fleiß kein Preis." Gute Effekte gebe es nur, wenn das Kind sich anstrengt.

Bös forderte für Grundschüler täglichen Sportunterricht. Das steigere Fitness um über zehn Prozent, reduziere Aggressionen und Unfälle und verbessere Motorik, Konzentration und Intelligenz. Ziel sei, Freude und Spaß an der Bewegung zu vermitteln. Weitere Ideen sind ein Bewegungsbus, also das gemeinsame zur-Schule-gehen oder attraktive Spielplätze. "Sichere Spielplätze sind langweilig." Eltern müssten Bewegungsvorbilder sein.

Gerhard Mengesdorf berichtete über das Projekt "Bewegte Kommune – Kinder“. Bisherige Aktionen waren unter anderem eine Befragung bei Kitas, Schulen und Vereinen, die Einrichtung einer Lenkungsgruppe oder ein Kinderturnfest mit 710 Teilnehmern.

In St. Georgen gebe es 14 Prozent Übergewichtige, wobei diese Zahl beim Übergang zur Grundschule deutlich zunehme. Überdurchschnittlich sei die Koordination, unterdurchschnittlich die Kraft der Kinder. Peterzell mit vier Sportstunden pro Woche steche positiv heraus. Die Qualifizierung des Personals in Kitas werde nicht in entsprechende Angebote umgesetzt.

Ein Ziel für 2015 ist, in Kindergärten Bewegungsmöglichkeiten unter die Lupe zu nehmen. Es soll Informationsmöglichkeiten für junge Eltern geben, wie sie schon mit Kindern auf dem Wickeltisch Bewegung machen können. Angedacht sind Schulungen und Lehrtage für Erzieherinnen, Übungsleiter und Trainer und die Förderung der Kooperation zwischen Schulen und Vereinen durch eine hauptamtliche Kraft.

Laut Johannes Probst ist das Problem, Bewegungsfreude in die Köpfe der Eltern zu bringen. Es sei überhaupt nicht verstanden worden, wie wichtig Bewegung sei. "Wir können in der Schule nicht wiedergutmachen, was die Eltern versauen."

Es fehle das Bewusstsein, dass Bewegung viel wichtiger sei als viele Medikamente, so Bös. In der Ganztagsschule liege eine Riesenchance, das Problem sei in bildungsfernen Schichten viel größer. Bezogen auf Bewegung sei es fünf vor zwölf.

Besucher plädierten dafür, Eltern an die Hand zu nehmen und Kinder mehr toben zu lassen. Kinder müssten ab und zu einen roten Kopf haben und sich anstrengen, bestätigte Bös.

Markus Esterle bemängelte Sicherheitsbeauftragte und die Ängstlichkeit von Erzieherinnen und, dass alles weg müsse, was in irgendeiner Art gefährlich sein könnte. Er kriege die Krise, wenn man alles ändere, was Kindern Spaß mache. Sicherheitsdenken mache viel kaputt. "Es wird immer schlimmer, weil sich keiner mehr was traut", bestätigte Bös.

Fritz Wassmer vom DRK-Ortsverein erläuterte die künstliche Beatmung bei Personen mit Atemstillstand, Herzmassage und den Umgang mit dem AED. Mittels eines Gastes führte er vor, dass das Gerät von Laien problemlos bedient werden kann, weil jeder notwendige Handgriff per Stimmanweisung beschrieben werde. AED-Geräte gibt es in den Eingansbereichen von Rathaus und Volksbank, vor der Robert-Gerwig-Schule, in der Talstraße bei der Polizei und im Eschenweg.

Zwei weitere Geräte sind schon vorhanden, aber noch nicht angebracht, weil dafür eine Stromversorgung notwendig ist. Die Geräte müssen im Winter nämlich beheizt werden. Wassmer lud zur Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs am 18. und 19. April ein.