Erwin Jäckle ist mit 85 Jahren das älteste aktive Mitglied der Stadtmusik. Foto: Kauffmann Foto: Schwarzwälder-Bote

"Wir machen Musik": Erwin Jäckle ist das älteste Mitglied in der Stadtmusik / Begeisterte Saxofon-Spieler

Erwin Jäckle ist das älteste Mitglied in der Stadtmusik St. Georgen. Im Nachkriegsdeutschland beginnt er mit einem verbeulten Horn, heute spielt er Saxofon. Er weiß so manche Geschichte zu erzählen – etwa über seine Begegnung mit Walter Scheel.

St. Georgen. 1946 wird er Mitglied in der Stadtmusik St. Georgen: "Das war ein altes, verbeultes Instrument", erinnert sich Erwin Jäckle (85). Französische Besatzungstruppen aus Marokko haben das Instrument mutwillig beschädigt. Untergebracht sind die Besatzer in der Robert-Gerwig-Schule, in einem Raum "ganz oben", erinnert sich Jäckle. Später richtet er zusammen mit weiteren Vereinsmitgliedern das erste Probelokal der Stadtmusik in einer Baracke im Hof der Schule ein – bis Mitte der 1950er-Jahre sollte er dort auf seinem Horn üben.

Es gibt keinen richtigen Lehrer

Doch lange bleibt er bei diesem Instrument nicht. "Ich hab schon immer in eine andere Richtung gewollt", erinnert er sich. Er will ein Instrument, mit dem er Lieder und Melodien besser umsetzen kann, mit Höhen, Tiefen und wechselnden Tempi. Schon bald steigt er deshalb aufs Saxofon um, das er bis heute schon bei vielen Konzerten der Stadtmusik gespielt hat.

Doch es gibt einen Auftritt aus den 1970ern-, der ihm besonders in Erinnerung bleibt: "Wir waren in Trossingen eingeladen", erzählt er. "Da hat auch Walter Scheel mitgesungen." Und das bei einem Lied, das der FDP-Politiker wohl besonders gerne gehört hat: "Hoch auf dem gelben Wagen". "Scheel war schon abgeschirmt. Unterhalten habe ich mich mit ihm nicht können. Aber das war trotzdem schon ein Erlebnis", sagt Jäckle.

Bis er so gut war, dass er für Scheel Saxofon spielen kann, hat er viel üben müssen. "Wir haben damals keinen richtigen Lehrer gehabt", erzählt Jäckle. "Wir haben uns die Sachen gegenseitig beigebracht." Da habe es sogar von Hand geschriebene Noten gegeben. Heute ist die Ausbildung viel besser, "was auch richtig ist", betont er.

Dennoch: Ohne Übung und Disziplin könne niemand lernen, wie man auf einem Instrument richtig spiele. "In meiner Freizeit hat es nur die Musik gegeben. Alles andere habe ich hinten angestellt, anders ist’s aber auch nicht gegangen", erzählt er. Die Musik halte den 85-Jährigen ziemlich fit: Das Hobby sei geistig nämlich fordernd.

Fordernd sind auch heutige Musikstücke

Fordernd seien aber auch die heutigen Musikstücke, die das Orchester intoniert. "Der jetzige Musikstil ist anspruchsvoller, weil die Stücke vielseitiger sind", sagt er. Doch gleichzeitig sei das Ausbildungsniveau deutlich höher als früher: "Es ist erstaunlich, wie gut die jungen Leute heute Noten lesen können."

Vielleicht ist das ja ein Vorteil der "Bergstadtmusikanten": "Da haben wir öfter ohne Noten gespielt", erzählt er schmunzelnd. Bis in die 1980er Jahre machte die Band mit Tanzmusik Stimmung.

Heute spielt Jäckle übrigens in einem Seniorenorchester mit weiteren älteren Musikern aus dem Landkreis. Besonders gefallen ihm Medleys von Udo Jürgens mit "Aber bitte mit Sahne" und "Mit 66 Jahren". "Solange die Luft mitmacht, bin ich dabei", sagt er lachend.