Siegfried Plocher (†). Foto: sb

Gastronomieszene verliert mit Rosengartenwirt Persönlichkeit. Kein Mann des bequemen Weges.

Schramberg - Eine Trauernachricht aus Serbien erreichte die Freunde in Schramberg: Siegfried Plocher, der Wirt des Traditionsgasthofs Rosengarten, ist dort in der Nacht auf Montag gestorben. Plocher nahm mit seiner Frau Rada in deren Heimat an einer Hochzeitsfeier teil. Ein plötzlicher Schwächeanfall führte zu seinem Tod, der für seine Familie und seine zahlreichen Freunde völlig unerwartet kam.

Die Schramberger Gastronomieszene verliert damit eine ihrer profiliertesten Persönlichkeiten. Gastronomie mit Tradition – so lautete Siegfried Plochers Motto, und nach diesem Motto verbindet der Gasthof Rosengarten am Zugang zur Schramberger Innenstadt seit nunmehr 111 Jahren bodenständige Gastlichkeit mit gastfreundschaftlicher Zuwendung.

Seit der Großvater Adolf Plocher das Anwesen an der Paradiesgasse im Januar 1906 erwarb, waren der Rosengarten und seine Gäste stets mit dem Wohl und Wehe der Heimatstadt verbunden. Dort wurden Feste gefeiert und dort wurde herzhaft gevespert, im Verein getagt, am Stammtisch disputiert, mancher Streich ausgeheckt oder fröhlich kommentiert.

Das bereits 1877 erbaute Haus erhielt 1908 einen Flachdachanbau, in dem fortan über lange Jahre hinweg eine Kegelbahn betrieben wurde. 1938 übernahmen Adolf Plocher junior und seine Frau Margarethe die Regie im elterlichen Gasthof. Nachdem unruhige Zeiten und die schlimmen Kriegs- und Nachkriegsjahre überstanden waren, erfolgte 1957 die Generalsanierung des Gebäudes.

Die Eltern Siegfried Plochers sorgten fast fünf Jahrzehnte für den guten Ruf des beliebten Gasthofs. Mit der Sanierung der Schramberger Innenstadt kam das Ende für den alten Rosengarten: Im Mai 1986 wurde das Gebäude abgerissen. Die dritte Familiengeneration mit den Brüdern Roland und Siegfried Plocher begann mit dem Neubau an gleicher Stelle. Der neue Rosengarten setzte mit Holzschnitzereien und Rosenblüten am nördlichen Eingang zur Fußgängerzone in Schramberg einen städtebaulich attraktiven Akzent. Seither führten Siegfried Plocher und seine Frau den Gasthof.

Dass seine Gäste sich bei ihm wohlfühlen, war Siegfried Plochers wichtigstes Anliegen. Man kam gern zu ihm, für Familienfeiern ebenso wie für fröhliche Freundesrunden. Die Wirtsstube war stets auch die Wohnstube – dort trafen sich die Stammtischgäste zum regen Austausch über Fußball, lokale Ereignisse und Ringerwettkämpfe. Die Kartenspieler hatten ihren festen Platz. Dass sich selbst Vortragsveranstaltungen in seinen Gasträumen organisieren ließen, bewies Plocher nachdrücklich erst vor wenigen Wochen, als sich dort zahlreiche Besucher über die Vergangenheit und Zukunft des Schramberger Lichtspielhauses informierten.

In Küche und Keller war Siegfried Plocher ein ebenso unermüdlicher Arbeiter wie in seiner Gaststube. Darüber hinaus fand er sich stets hilfsbereit auch zu außergewöhnlichen Freundschaftsdiensten bereit. Viele Vereine schätzten ihn als Förderer.

Siegfried Plocher war kein Mann des bequemen Weges. Viele seiner Ideen verfolgte er mit überzeugtem Eigensinn, der ihm nicht selten als Starrsinn ausgelegt wurde. Das focht ihn nicht an. Man kannte ihn selbst als kritischen Kommentator lokaler Geschehnisse. Mit seinem hintersinnigen Humor sorgte Sigger, wie ihn seine Freunde nannten, manches mal für Gesprächsstoff. Doch hinter der rauen Schale verbarg der Gastronom ein hohes Maß an Sensibilität. Wer mit ihm zu vorgerückter Stunde ins Gespräch kam, spürte seine herzliche Zuwendung und Empathie.

Eigentlich wollte Siegfried Plocher im Herbst das 111. Jahr seit Gründung des Rosengartens begehen, mit selbstironischem Witz und fröhlicher Gastlichkeit. Nun gilt es Abschied zu nehmen von einem Urgestein der Schramberger Gastronomie.

Das Jubiläum fällt laut Angaben der Familie aus. Seine zahlreichen Gäste und Freunde werden das bedauern. Sie alle aber werden den überzeugten Wirt und leidenschaftlichen Gastgeber Siegfried Plocher in guter Erinnerung behalten.