Die winterliche Ruhe trügt: Der Stress ums ehemalige Kreiskrankenhaus geht in eine neue Runde, nachdem das Projekt Wellness-Oase endgültig zum Scheitern verurteilt ist. Im Hintergrund die denkmalgeschützte Burg, früher Sitz der Krankenhausverwaltung, die für irgendwelche Experimente ohnehin nicht zur Disposition steht. Foto: Reutter

Krankenhaus: Einige Sprecher raten zu Rücktritt von Vertrag mit Camedi. CDU will Rechtslage prüfen.

Schramberg - Der Einstieg des Berliner Baulöwen Helmuth Penz bei der Camedi Real Estate GmbH lässt die Kommunalpolitik in Schramberg aufhorchen. Die Fraktionssprecher im Gemeinderat sind sich einig: Sie fühlen sich getäuscht.

Offiziell getagt haben Fraktionen und Gemeinderat noch nicht. Offen ist, ob die Gremien dem Vorschlag von OB Thomas Herzog vom Freitagabend folgen: vom Vertrag über den Verkauf des ehemaligen Krankenhauses an die Camedi zurückzutreten. Eine große Flüchtlingsunterkunft in der leer stehenden Immobilie in dieser Konstellation halten sie für falsch.

Geschäftsgebaren von Peter Züllig löst viel Kritik aus

CDU-Sprecher Clemens Maurer findet es gut, dass der OB in die Offensive gegangen ist. "Es ist erst mal wichtig, dass wir jetzt Klarheit in der Öffentlichkeit haben", so Maurer. Von Peter Züllig fühle er sich "getäuscht" und ist deshalb "enttäuscht". Züllig entstamme einer großen Unternehmerfamilie, die das Zeug für ein Hotel-Projekt hätte. Aber das Vorgehen sei "kein Gebaren ehrbarer Geschäftsleute". Dass er keine Geldgeber für ein Hotel gefunden habe – na gut. Aber der "Exit über Penz" sei nicht in Ordnung.

Bevor die Stadt vom Vertrag zurücktrete, solle sie "erst mal ihre rechtliche Ansprüche" gegenüber Camedi prüfen. "Wir müssen die Sachverhalte neu bewerten. Aber für mich gibt es bislang noch keine volle Informationsbasis dafür", so Maurer. Fachleute sollten die Rechtsbasis prüfen.

Er befürchtet nicht, dass die Stadt "von heute auf morgen ein Flüchtlingsheim" bekommt. Auch sonst ist der CDU-Sprecher zuversichtlich: "Es ist ein schwieriges Thema, und wir waren bislang nicht erfolgreich, dass muss man sich eingestehen. Aber wir werden eine gute Lösung für das Krankenhaus finden."

Hans Jörg Fahrner, Noch-Sprecher der Fraktionsgemeinschaft SPD/Buntspecht, hat’s kommen sehen: Die Skepsis gegenüber Züllig habe sich bestätigt, Schramberg sich "viel zu lange von der Fassade eines ehrbaren Schweizer Kaufmanns täuschen lassen". Die Fraktion hat noch nicht getagt, aber für Fahrner ist klar, dass die Stadt zurücktreten soll vom Vertrag. Er wolle Camedi "kein zweites Mal trauen", fühlt sich durch den Einstieg des Berliner Baumoguls Helmuth Penz "getäuscht".

Penz wirke auf ihn "noch viel windiger" als Züllig. Von einem großen Asylbewerberheim im ehemaligen Krankenhaus hält er nichts. "Stadt, Landkreis und ehrenamtliche Helfer leisten bislang vorbildliche Arbeit und liegen mit ihrer dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge genau richtig", so Fahrner. Er kann sich nicht vorstellen, dass eine Großeinrichtung in der Stadt auf "Akzeptanz in der Bürgerschaft" stößt. Sonst kippe die Stimmung.

"Das wäre eine viel zu große Nummer", so Fahrner, "davon sollten wir die Finger lassen." "Die Stadt muss auf jeden Fall raus aus dem Vertrag", findet auch Udo Neudeck, Sprecher der Freien Liste. Nach allem, was er über Penz erfahren habe, werde ihm "ein bisschen Angst". 800 Flüchtlinge in einem Heim, das sei "nicht unproblematisch". Deshalb solle die Stadt von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Das sei zunächst das Wichtigste. "Was danach kommt, da habe ich keine Ahnung", so Neudeck. Der Gemeinderat habe sich "schon weiß Gott was überlegt". Aber es sei "nicht einfach, eine solche Immobilie zu vermarkten".

Bernd Richter, Sprecher der ÖDP, was für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.

Seite 2: Kommentare im Netz zur Klinik

 Sabine Wohlgemuth: "Ist das noch menschlich, wenn man mit Flüchtlingen so einen Bau finanzieren möchte? Aber meiner Meinung nach hat die Stadt auch keine Verwendung für dieses große Objekt. Es muss beheizt werden, und, und, und. Bevor das weiter zerfällt, warum keine Flüchtlinge dort unterbringen?

 Filiz Arlind Isaku: "Ein Krankenhaus muss wieder her!!! Kein Flüchtlingsheim, kein Wellness-Hotel oder sonst was. Wie soll man im Fall eines Falles bei so nem Schnee-Chaos wie Freitagabend beispielsweise bis nach RW oder VS kommen!!!! Und auch sonst ist es einfach zu weit wenn man dringend ein kh benötigt!"

 Fabian Kiem: "Besteht nicht die Möglichkeit, anstatt des Neubaus eines Ärztehauses das ganze Ding da reinzumachen? Dann wäre auf dem frei gewordenen Baugrund zum Beispiel Platz für eine Festhalle."

 Tomusic Blazanovic Michaela: "Abreißen."

 Andi Auklar: "Wer außer dem OB hat daran geglaubt???"

 Nico Uhle: "Das letzte, was die Stadt Schramberg braucht, ist ein Flüchtlingsheim."

Schramberg (vr). Das Regierungspräsidium in Freiburg hat derzeit kein Interesse an einer Flüchtlingsunterkunft in Schramberg. "Da passiert nichts", sagte Matthias Heinrich, Pressesprecher des RP, im Gespräch mit unserer Zeitung. Im Augenblick gebe es "keinen Bedarf" für das Krankenhaus Schramberg als potenzielle Erstaufnahme-Einrichtung. Die Behörde habe auch Zweifel, dass das Gebäude "überhaupt geeignet ist" für solche Zwecke. Das RP Freiburg suche derzeit Gebäude mit einer Kapazität von "tausend Plätze aufwärts", die "aufgrund der Logistik" nahe Freiburg gelegen seien. Sprich: Schramberg ist zu weit weg und die Klinik zu klein, zumindest nach derzeitiger Lage. Die Piorität sei derzeit "ganz, ganz nieder".

Land und Regierungspräsidien sind zuständig für die Erstaufnahme vom Flüchtlingen. Zur so genannten Anschluss-Unterbringung werden sie an die Landkreise verwiesen, die die Flüchtlinge dann weiter auf ihre Städte und Gemeinden verteilen.